Witwe hält Wache am Grab in Dresden-Cotta

Carola Meyer auf dem Friedhof Dresden-Cotta Foto: Holm Helis

Nachtwache auf dem Friedhof – was nach Märchen oder Gruselgeschichte klingt, geschah gestern in Dresden. Die Witwe Carola Meyer saß, unterstützt von ihren Kindern, stundenlang auf dem Cottaer Friedhof am Grab ihres Mannes Werner Karl-Heinz Vocke. Obwohl sie von ihm getrennt gelebt hatte, fühlte sie sich verpflichtet zu verhindern, dass dessen Totenruhe gestört wird. Dies aber hatte ein Schreiben für den Mittwoch um 8 Uhr morgens angekündigt: Dann wollte die Friedhofsverwaltung der Ev.-Luth. Heilandskirche den unpassenden neuen Stein auf der Familiengrabstätte entfernen lassen. Der Grund: zu asymmetrisch, Politur und Steinstärke stimmen nicht.
Ausgesucht hatten den Grabstein für 1500 Euro die gemeinsamen Kinder. „Er sieht aus wie eine Träne vom Himmel, hat uns an Papa erinnert“, sagt der 15-jährige Kevin. Die Mutter argumentiert: „Über spezielle Anforderungen wurde ich beim Kauf der Grabstätte nicht informiert. Eine Friedhofsordnung wurde nicht ausgehändigt.“ Das steinerne Andenken hat sie selbst eingesetzt. „Ich wollte endlich
abschließen.“ Doch genau das Gegenteil ist eingetreten.
Die Verwaltung hatte angeboten, die Grabstätte auf Kosten der Kirche zu verlegen, dies aber lehnte die Witwe ab. „Für uns war schon die Beisetzung schlimm. Es geht nicht um einen Gegenstand.“ Also ging sie am Montag zum Verwaltungsgericht.
Den Räumungstermin ließ die Kirche daher zunächst verstreichen, um den Entscheid im Eilantrag abzuwarten. Die Antwort kam umgehend: abgelehnt. Für Jörg am Rhein vom Regionalkirchenamt Dresden war das abzusehen. „Es geht hier um reines Verwaltungsrecht. Sie hat sämtliche Fristen verstreichen lassen, hätte klagen können.“ Stattdessen habe Carola Meyer den Grabstein unerlaubt eigenhändig eingesetzt und jetzt die Gerichte bemüht. „Sie hat die Waffen gewählt.“
Man bleibt jedoch pietätvoll milde. „Ich erneuere unseren Kompromissvorschlag, die Grabstätte auf unsere Kosten umzusetzen.“ An anderen Stellen auf dem Friedhof wäre der asymmetrische Stein durchaus erlaubt. Doch die Witwe will nicht einlenken. „Es geht hier nicht um eine Pflanze, die man einfach umbetten kann. Ich lege Beschwerde gegen den Entscheid des Gerichts ein. Und werde täglich nach dem Grabstein sehen.“

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