Schlammschlacht im sanierten Großen Haus in Dresden

Simon Käser muss als Rodrigo, ein junger Herr aus Venedig, im Eröffnungsstück „Othello“ laut Regieanweisung im Adamskostüm Sand schippen. Foto: Krafft Angerer

Die alten Zeiten sind zurück. Ob sie gut waren oder sind, mag der Zuschauer entscheiden.
Wie vor der Ära des Intendanten Schulz spritzen wieder Körperflüssigkeiten über die Bühne, suhlt man sich laut Regieanweisung im Schlamm, zieht sich aus.
Dass Letzteres durchaus ästhetisch sowie dramaturgisch sinn- und wirkungsvoll sein kann, weiß man von Ahmad Mesgarha aus seiner Titelrolle als „Parasit“, der schließlich die Hosen runterlässt und aus dem Saal gejagt wird.
Nach Sinn und Ästhetik muss man allerdings in der Othello-Inszenierung des Isländers Thorleifur Örn Arnarsson lange – knapp drei Stunden – zwischen Obszönitäten, Klamauk und Effekthascherei suchen.
Vom klassischen Erziehungsanpruch des Theaters ganz zu schweigen, sodass sich manche Eltern im Premierenpublikum besorgt fragen, in welches Stück sie den Nachwuchs überhaupt noch schicken können. Was lernen Heranwachsende, wenn nackte Schauspieler pullern? Was lernen Jugendliche aus einer überdehnten Szene mit dekadentem Gehampel auf dem Tisch zu lautem Gewummer? Was lernen sie, wenn der süffisante Ränkeschmied Jago (überzeugend gespielt von Daniel Sträßer) das letzte Wort hat und nicht wie bei Shakespeare überführt wird und vor Cassios Gericht steht, sondern mit Aussageverweigerung davonkommt?
Man könnte den gnädigen Mantel des Schweigens über diese unausgegorene Regieleistung breiten, wäre nicht Ahmad Mesgarha aus der Titelrolle getreten. Seit 29 Jahren steht der Dresdner auf Dresdner Bühnen. Als Halbiraner in der DDR geboren, war er Jungpionier, in FDJ und NVA, erzählt er, und „habe den Iran nie gesehen. Nun bekomme ich keine Maske.“ Dabei ist die Othello-Figur traditionell auf der Bühne als schwarzhäutiger Mohr dargestellt. Sein Name sei Maske genug, hat man entschieden. Der Muttersprachler Mesgarha fühlt sich erinnert an jenen Theaterkritiker, der einst über ihn schrieb, er spreche sehr gut deutsch. „Plötzlich fühle ich mich fremd. Umso mehr klammere ich mich an die Sprache, die mir in die Wiege gelegt wurde.“ Una Giesecke

9., 18., 25.11., 19.30 Uhr, Karten ab 10 Euro: 0351 4913555

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