Super-Journalisten legen flotte Sohle aufs Bühnenparkett

Charlotte Morache fordert die User auf, Quellen zu checken und zu verstehen, wie es funktioniert. Foto: David Baltzer

Zuerst die gute Nachricht: Es macht Spaß und lohnt, das gleichnamige Stück am Staatsschauspiel zu besuchen. Die Krisenschau der Bürgerbühne mit Vertretern aus Presse, Online, Funk und Fernsehen unter der Regie von Jessica Glause erlebte zum Faschingsauftakt am 11.11. ihre Uraufführung und geriet zu einem bunt kostümierten Spektakelchen. Die neun auftretenden Journalisten können überraschend gut musizieren, tanzen und spielen sowie erwartungsgemäß gut reden.
Und da ist sie schon, die schlechte Nachricht: Die wortreiche Nabelschau malt ein düsteres Bild vom Ausverkauf des Qualitätsjournalismus. Wie berechtigt ist der Lügenpressevorwurf, warum wollen Verbraucher alles gratis, wie bestechlich ist ein „doppelt ausgebeuteter Lohnschreiberling“ unter prekären Arbeitsbedingungen und Zeitdruck?

Eulenspiegeleien

Im Rampenlicht agiert die bunt zusammengewürfelte Crew jedoch mit viel Selbstironie, Humor und optimistischen Visionen im Experimentierfeld des Kleinen Hauses. Nebenbei hält sie dem Durchschnittskonsumenten den Eulenspiegel vor: Wenn Nutzer sich in virtuellen Welten ablenken und dort vor allem sich selbst und gegenseitig bestätigen, verlieren sie Orientierung und die Fähigkeit, Realität und Schein auseinanderzuhalten. Bis am Ende alles eine Frage des Glaubens ist, ob man Tatsachen, die ins eigene Weltbild nicht hineinpassen, anerkennt. Doch statt den Niedergang ihres Handwerks zu beklagen, entwickeln die Bühnenbürger ein flottes utopistisches Tänzchen, dessen Premiere, verfolgt von ZDF und MDR, langen Beifall kassierte. Fazit: kurzweiliger, sehens- und hörenswerter Blick hinter die Kulissen der überschätzten vierten Gewalt.

Zuerst die gute Nachricht
26.11.; 1., 8. und 14.12.2016,
jeweils ab 20 Uhr,
Karten ab 10 Euro im Vorverkauf erhältlich unter Tel. 0351 4913555.
www.staatsschauspiel-dresden.de

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