Besser lernen mit Musik?

Der ganze proppevolle Hörsaal stand am Ende und sang "Der Mond ist aufgegangen" und "Die Gedanken sind frei". Foto: Una Giesecke
Der ganze proppevolle Hörsaal stand am Ende und sang "Der Mond ist aufgegangen" und "Die Gedanken sind frei". Foto: Una Giesecke

Dresdner Musikfestspiele schlagen Brücke zwischen Musik und Gehirn

So voll habe er den Hörsaal noch nie gesehen, sagt Gerd Kempermann, Professor am Zentrum für Regenerative Therapien (CRTD). In der Reihe „Sound & Science“ der Musikfestspiele widmete sich der Hirnforscher am 7. Juni auf unterhaltsame Weise der Wechselbeziehung zwischen Musik und Gehirn. Was ist dran am „Mozarteffekt“? Lernt man mit Musik besser? Macht Musik schlau? Das findet das Dresdner Festspielpublikum spannend und vergnüglich – die Veranstaltung war nach Sophie Mutter und Max Raabe am schnellsten ausverkauft.

Gemeinsam mit Christoph Reuter am Steinway-Flügel und dem launig plaudernden Neurologie-Professor Jürg Kesselring baute das Trio eine Brücke zwischen Musik und Wissenschaft und demonstrierte einmal mehr, wie eng Hirn, Herz und Hand verbunden sind. Denn das uralte Phänomen tranceähnlicher Zustände, wie sie das Stammestrommeln in Afrika hervorruft und die sich im Lernlabor als Frequenzen, Rhythmen im Hirn messen lassen, ist ebenso erwiesen wie Effekte, die das Träumen, bestimmte Rhythmen von Lachsalven oder Stille auf das Lernen haben.

Musik kann Gefühle direkt transportieren, und sie bilden die Basis, damit sich der Kopf etwas merken kann. Wer aktiv musiziert, egal, ob als Profi oder Laie, lernt nicht nur Selbstdisziplin, Konzentration und Geduld, sondern fördert durch das Üben auch bestimmte Hirnareale. So sei bei Profis zu beobachten, dass beispielsweise der „Verbindungsbalken“ zwischen den Hirnhälften stärker entwickelt ist. Unter Musikern gibt es übrigens mehr (zwölf Prozent) Linkshänder als im Bevölkerungsdurchschnitt (acht).

Zum Lernen wie zum Arbeiten braucht es Freunde und Lehrer, so Jürg Kesselring, die einen liebevoll in den jeweiligen „Kanal“ lenken, wo sich individuelle Fähigkeiten im „Flow“ entfalten, statt von Angst über- oder Langeweile unterfordert zu sein. Den Weg dahin könne man sich zeitlebens organisieren. „Was Hänschen nicht lernt …“ – diesen Spruch bezeichnete Kesselring als Ausrede. „Der Mensch kann bis zum Tod lernen“, ist der Freizeit-Cellist überzeugt. Vorausgesetzt, „dass es Freude macht“. Das laufe am besten mit Drucknehmen, Mutmachen und Begleiten.

Denn das Denken hat sich entwickelt, um Bewegung zu ermöglichen. Und umgekehrt empfiehlt Gerd Kempermann Aktivität als beste Medizin zur Vorbeugung gegen Demenz: Tanzen, Kreuzworträtsel und Musik – sowohl Hören als auch Selbermachen. Und deshalb sangen am Ende alle stehend und mit Inbrunst gemeinsam „Die Gedanken sind frei“.

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