Philip Morris schafft 500 Jobs in Dresden

Es hat gefunkt, bleibt aber ohne Rauch: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Stacey Kennedy, Chefin der Philip Morris GmbH, mit Iqos und Heets. Foto: Ronald Bonß
Es hat gefunkt, bleibt aber ohne Rauch: Sachsens Ministerpräsident Stanislaw Tillich und Stacey Kennedy, Chefin der Philip Morris GmbH, mit Iqos und Heets. Foto: Ronald Bonß

Neueste wissenschaftliche Erkenntnisse haben ergeben, dass Rauchen doch nicht gesundheitsschädlich ist – gezeichnet Dr. Marlboro.“ Wer erinnert sich nicht an Otto Waalkes’ legendären Schenkelklopfer aus den 1980ern? Kein Witz ist die Ankündigung von Dr. Marlboro, alias Philip Morris, in Dresden für umgerechnet 286 Millionen Euro eine neue Fabrik bauen zu wollen. Und für den Wirtschaftsstandort Sachsen sind die angekündigten 500 neuen Jobs alles andere als gesundheitsschädlich.
Zudem entsagt der Tabakriese Philip Morris International (PMI) mit dem Hightech-Werk für Tabak zum Erhitzen dem herkömmlichen Rauchen – und er bemüht tatsächlich wissenschaftliche Studien, wonach die gesundheitsschädlichen Inhaltsstoffe „im Verhältnis zum Rauch einer Zigarette signifikant reduziert“ seien. Daher sei ein Wechsel zu Iqos „voraussichtlich weniger schädlich, als weiter Zigaretten zu rauchen“. Philip Morris spricht von einem „Meilenstein auf dem Weg in eine rauchfreie Zukunft“. Gleichwohl sei Iqos, so der Name des Verdampfers, „nicht unschädlich oder ohne Risiko“, heißt es. Die Nachfrage nach dem noch jungen Produkt liege weit über den Erwartungen.

Herstellung von Heets in Dresden

In Dresden sollen die nötigen Tabaksticks, sogenannte Heets, hergestellt werden. So entsteht die Produktionsstätte im Dresdner Airportpark, unweit des Flughafens und in Nachbarschaft zum Stunden zuvor verkündeten neuen Chipwerk von Bosch. „Das ist ein fantastischer Tag für Sachsen und ein noch fantastischerer Tag für Dresden“, jubelt Ministerpräsident Stanislaw Tillich (CDU) am Montag beim Festakt in der f6 Cigarettenfabrik. Philip Morris will im Herbst mit dem Bau der 80 000 Quadratmeter großen Anlage – das entspricht einer Fläche von etwa 13 Fußballfeldern – beginnen, Anfang 2019 soll sie fertig sein. Mit der Investition bestärke PMI sein Bekenntnis zu Deutschland mit seiner langen Tradition bei der Herstellung von Tabakprodukten, sagt Stacey Kennedy, Vorsitzende der Geschäftsführung der Philip Morris GmbH. Seit einem Jahr sind Iqos und die Heets auch in Deutschland erhältlich, seit einer Woche auch in Dresdens Altmarktgalerie. Noch kommen jene Sticks aus Bologna in Italien und Neuchâtel in der Schweiz. „Künftig können in Deutschland verkaufte Heets ‚Made in Germany‘ sein“, sagt Kennedy. Und das ohne jegliche Fördergelder, versichert sie. Stolz? Unwissen? Nein. „Aufgrund der hier tief verwurzelten Hightech-Produktion sowie der hoch qualifizierten Fachkräfte haben wir entschieden, unser neuestes und innovativstes Tabakprodukt in Sachsen zu fertigen.“DPhilip Morris, dessen Aktien an den Börsen in New York und Paris notiert sind, hatte das Dresdner Werk 1990 übernommen. Die dort produzierte DDR-Kultzigarette f6 hat im Osten noch einen Marktanteil von 18 Prozent und schafft es deutschlandweit mit gut drei Prozent auf Platz acht. Das Werk produziert heute mehr Dreh- und Stopftabak, sogenannten Feinschnitt. Von 850 Mitarbeitern sind noch rund 300 übrig. Ein Großteil von ihnen klatscht bei der Verkündung des neuen Werks Beifall. Laut Gewerkschaft NGG gibt es ein „gutes Miteinander“, auch wenn die Dresdner pro Woche bei gleichem Lohn 2,5 Stunden länger arbeiteten und im Gegensatz zu ihren Kollegen anderswo keine Vorruhestandsregelung hätten. Volkmar Heinrich, Regionalchef für Dresden/Chemnitz, nennt die Investition ein „zukunftsweisendes Signal“.Stacey Kennedy ist sich „sehr wohl bewusst, dass wir unser eigenes Geschäft kannibaliDien“.ie Investition gehe nicht zulasten des alten Standorts und seiner Beschäftigten“, verspricht sie und: „Es geht um Mehrbeschäftigung.“17 Millionen Raucher in Deutschland sollten wissen, dass es eine weniger schädliche Alternative zum Rauchen gibt, verteidigt sie die Offensive fürs Verdampfen. SieDas Unternehmen spricht von einer „Revolution für unsere Industrie und für die Gesellschaft“. Anders als bei einer Zigarette wird bei Iqos der Tabak nicht verbrannt. Der via Mini-USB-Kabel aufladbare Kunststoffstift erhitzt den Tabak auf unter 350 Grad Celsius. „Kein Feuer, keine Verbrennung, keine Asche.“ Das neue Werk sei auf 30 Milliarden Sticks pro Jahr ausgelegt – zunächst für den deutschen Markt, später auch für den Export. „Ich freue mich sehr, dass Philip Morris seine starke Präsenz in Sachsen nach vielen Jahren enger Verbindung mit Dresden weiter ausbaut“, sagt Sachsens Premier Stanislaw Tillich (CDU). Euphorisiert von den jüngst verkündeten Hightech-Investitionen von VW, Novaled, Bosch & Co spricht er von Dresden als „Smart City“ und von einer „Entscheidung für Smart Tobacco“. Aus der Lästerecke heißt es, der Iqos sehe aus wie ein Schwangerschaftstest. Tatsächlich ist beim PMI-Investment mit hoher Wahrscheinlichkeit Zuwachs angezeigt. Wie die SZ beim Festakt erfuhr, hat die Produktion in Bologna ebenfalls mit 500 Beschäftigten begonnen. Mittlerweile arbeiteten dort 1 500 Leute.„Der in Dresden zur Verfügung stehende Raum gibt gut das Doppelte der Anfangskapazität her“, verrät Firmensprecherin Claudia Oeking. Das wären 1 000 Jobs.
(Michael Rothe)

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