Umweg Elektroauto? Brennstoffzellenautos könnten in Zukunft herkömmliche Stromer ablösen

Fahrzeuge wie der Hyundai Nexo könnten zukünftig ernsthafte Konkurrenz zu Batteriebetriebenen Stromautos darstellen. // Foto: Hyundai

Vollständig emissionsfrei, lediglich einige Tröpfchen Wasser purzeln aus dem „Auspuff“ auf die Straße – was eigentlich wie eine Utopie für Autofahrer und Fahrzeugbauer klingt, ist auf der einen Seite greifbar nah, auf der anderen aber sehr weit entfernt. Denn Wasserstoff-, oder auch Brennstoffzellenautos genannt, gibt es schon längst. Sowohl in Theorie als auch in Praxis ist das Prinzip entwickelt und funktioniert. Probleme wie Wirkungsgrad oder technische Umsetzung sind zumindest in Ansätzen gut gelöst. Doch obwohl einige Hersteller bereits solche Fahrzeuge serienmäßig auf die Straße bringen, kann von einer „Marktreife“ noch nicht gesprochen werden. Das liegt nicht nur an mangelnder Förderung durch die Politik, sondern auch an der fehlenden Infrastruktur.

Lohnt sich die Alternative?

Und auch wenn es bereits einige Prototypen vor allem aus dem asiatischen Raum gibt, wird das Wasserstoffauto neben seinem großen Bruder, dem Elektroauto, von den meisten Kfz-Herstellern stiefmütterlich behandelt. Das hat seinen Grund: denn Herstellung, Transport und Lagerung von Wasserstoff sind aufwändig, teuer und benötigen aktuell noch viel Energie – ganz abgesehen von der Gefahr durch den explosiven Treibstoff selbst. In Zukunft könnte Wasserstoff speziell unter dem Einsatz erneuerbarer Energien aber wesentlich günstiger und umweltfreundlicher hergestellt werden. Denn so könnte beispielsweise überschüssige Energie – beispielsweise gewonnen nachts in Windparks – zur Aufspaltung von Wasser genutzt werden.

Doch auch wenn sich mit zunehmender technischer Entwicklung in der Automobilbranche immer weniger Akteure den Brennstoffzellenautos verschließen, ist deren Zukunft ungewiss. Es bleibt umstritten, ob diese Fahrzeuge aktuell auf dem Markt mithalten könnten und ob sich eine Förderung oder Ausbau der Infrastruktur überhaupt lohnt. „Diese Technologie ist einfach noch nicht reif für die Großserienfertigung“, verkündete VW-Konzernchef Herbert Diess auf der Hauptversammlung im Mai 2019.

Wie funktioniert die Technologie rund um den Wasserstoff?

Das Prinzip ist simpel. Wasser besteht aus Wasserstoff und Sauerstoff. Wasserstoff kommt in seiner reinen Form aber nicht in der Natur vor, muss also erst aus Wasser gewonnen werden. Durch die Zugabe von Strom oder in chemischen Prozessen werden die Stoffe voneinander getrennt. So wird unter anderem heutzutage unter Einsatz von viel Energie (meist aus Gas) Wasserstoff gewonnen. Im Auto selbst wird die Energie für den Elektromotor aus der umgekehrten Reaktion erzeugt. Der Wasserstoff wird wieder mit Sauerstoff zusammengeführt und es entsteht Energie, die das Fahrzeug antreibt. Übrig bleibt nur reines Wasser oder Wasserdampf, andere Emissionen gibt es nicht.

Wie sicher ist der Antrieb mit hochexplosivem Treibstoff?

Auch wenn sich die Technologie beim Wasserstoffauto und eine entsprechende Ladevorrichtung etabliert haben, bleibt Wasserstoff selbst ein theoretisch hochentzündlicher Stoff. Sobald er mit Sauerstoff in einer ganz bestimmten Konzentration in Berührung kommt, entsteht sogenanntes Knallgas. Während dieser Reaktion kann das Gemisch leicht entflammt und zur Explosion gebracht werden. Dazu reicht in der Regel bereits ein Funke oder eine kleine Flamme. Doch ist der Wasserstoff isoliert, liegt die Gefahr praktisch bei null.

Da für Wasserstofffahrzeuge spezielle Tanks und Druckleitungen verwendet werden, besteht zumindest in der Theorie keine Gefahr. Wenn diese Vorrichtungen aber beispielsweise bei einem Unfall beschädigt werden, kann Wasserstoff austreten. Zwar verflüchtigt sich das Gas relativ schnell und eine entsprechend gefährliche Konstellation von Wasserstoff und dem in der Luft enthaltenen Sauerstoff ist sehr unwahrscheinlich, doch ein Funke oder eine Flamme könnten unter Umständen eine heftige Explosion auslösen.

Die vermeintlich größte Schwäche ist aber auch gleichzeitig die größte Stärke gegenüber einem Elektroauto mit Batterie. Einmal an der Wasserstoffzapfsäule angehangen, dauert der „Ladeprozess“ lediglich drei bis fünf Minuten – und das bei einer Reichweite von um die 500 Kilometern. So können Fahrzeughersteller auf teure und für die Umwelt schädliche Batterien verzichten.

Welche Hersteller bieten bereits Wasserstoffautos an?

Vor allem asiatische Marken bieten bereits einige Brennstoffzellenautos in ihrer aktuellen Flotte an. Doch auch Mercedes hat bereits ein Wasserstoffauto im Portfolio, auch wenn aktuell nur zur Miete für bestimmte Nutzer. Der Mercedes Benz GLC F-Cell hat 211PS und eine Reichweite von etwa 480 Kilometern und kostet 800 Euro im Monat. Einen Verkaufs- oder Produktionspreis hat das Unternehmen bislang nicht bekannt gegeben.

Mit dem Honda Clarity (650 Kilometer Reichweite, nur in Japan und USA erhältlich), dem Hyundai NEXO (750 Kilometer Reichweite, 69 000 Euro), dem Renault Kangoo ZE H2 (230 Kilometer Reichweite, ab 52 500 Euro) und dem Toyota MIRAI (500 Kilometer Reichweite, Preis: ca. 80 000 Euro) sind schon einige vielversprechende Modelle auf dem Markt.

Doch der extrem teure Anschaffungspreis sowie die unzureichende Ladeinfrastruktur (weniger als 100 Tankstellen deutschlandweit) sind keine Argumente für eine Investition. Das gleiche galt allerdings vor rund 20 Jahren auch für batteriebetriebene Elektroautos. Mit entsprechendem Mut der Hersteller, einer gezielten Förderung durch die Politik, konsequenter Weiterentwicklung der Technik und nachhaltig gewonnenem Wasserstoff kann das Brennstoffzellenauto das Fahrzeug der Zukunft sein. Denn was gibt es für Mensch und Natur Besseres, als ein Auto ohne riesige Batterie, dessen einzige Emission aus reinem Wasser besteht… sbu

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