Gelegenheitschirurgie gefährdet Leben

Anhaltend hohe Klinikinfektionen während Pandemieeport vorgestellt. Foto: Pixabay
Die Barmer hat ihren Krankenhaus-Report vorgestellt. // Foto: Pixabay

Jedes Jahr sterben in Deutschland rund 100.000 Menschen nach einer Operation im Krankenhaus. Viele dieser Todesfälle wären durch eine Operation in einer Klinik mit mehr Erfahrung vermeidbar. Diesen Schluss legt der aktuelle Krankenhausreport der BARMER nahe, der heute in Berlin vorgestellt wurde. Allein bei Eingriffen wie bei Pankreas- und Darmkrebs könnten in zehn Jahren knapp 3.800 Todesfälle verhindert werden, wenn diese Operationen in Krankenhäusern mit doppelt so hoher Fallzahl durchgeführt würden. Trotzdem erfolgen immer noch viele Eingriffe in Häusern, die vergleichsweise wenig Erfahrung haben. „Wir brauchen bei Operationen einen Masterplan für mehr Wettbewerb um Qualität! Eingriffe sind in der Regel sicherer, wenn Chirurgen und das interdisziplinäre Team mit der Patientenversorgung vor und nach der Operation viel Erfahrung haben. Das allein rettet aber noch nicht automatisch Menschenleben. Die Voraussetzung für einen guten Outcome ist eine hohe Prozess- und Strukturqualität“, sagte Prof. Dr. Christoph Straub, Vorstandsvorsitzender der BARMER. Zum einen müssten vor allem komplizierte Operationen in Kliniken mit hoher Fallzahl durchgeführt werden. Zum anderen brauche es interdisziplinäre, berufsgruppenübergreifende Teams sowie eingespielte Abläufe vor und nach den jeweiligen Operationen. Nur so könne die Qualität messbar steigen. Darüber hinaus seien leicht verständliche Qualitätsinformationen für Patienten und Ärzte bei der Auswahl der geeigneten Klinik erforderlich.

Kliniken mit viel Erfahrung fast immer binnen einer Stunde erreichbar

Der Krankenhausreport hat fünf Indikationen exemplarisch untersucht. Dazu gehören die bariatrische Chirurgie, Operationen an der Wirbelsäule sowie Eingriffe bei Bauchaortenaneurysmen, Darmkrebs und Pankreaskrebs. Um die Ergebnisse der Datenanalyse vergleichbar zu machen, wurden stets dieselben Analyseparameter zugrunde gelegt. Dazu gehören die 30-Tage-Sterblichkeit, Wiedereinweisungsraten und Komplikationen. Darüber hinaus wurde der Anfahrtsweg zu den Kliniken ausgewertet. Den Reportergebnissen zufolge erreicht die große Mehrheit der Bevölkerung ein Krankenhaus mit einer hohen Fallzahl innerhalb von 60 Minuten. „Um bessere Qualität bei planbaren Operationen zu erzielen, lohnt sich ein etwas längerer Anfahrtsweg. Vor allem bei komplizierten Eingriffen sollten hohe Fallzahlen und Spezialistenteams bei der Auswahl gewichtiger sein als die unmittelbare Wohnortnähe“, so Straub.

Erfahrung reduziert Komplikationen und Zahl der Wiedereinweisungen

Den Reportergebnissen zufolge wird sehr deutlich, dass sich vor allem bei den Krebs-Operationen, aber auch der Adipositaschirurgie Erfahrung auszahlt. „Bei örtlichen Tumorentfernungen im Fall von Darmkrebs verringert eine Verdopplung der Fallzahl die Sterblichkeit von 4,4 Prozent um 0,8 Prozentpunkte auf 3,6 Prozent. Außerdem wird die Rate an spezifischen Komplikationen von 16,6 Prozent um 2 Prozentpunkte verringert. Damit die Patienten keinem unnötigen Risiko ausgesetzt sind, sind vorgegebene Mindestmengen für bestimmte Eingriffe ein sinnvolles Instrument“, betonte Prof. Dr. Boris Augurzky, Autor des Krankenhausreports und Leiter des Kompetenzbereichs „Gesundheit“ am RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen. Allerdings sei eine deutlich breitere Datenbasis erforderlich, um noch weiter zum Thema Qualität forschen zu können. „Es braucht zusätzliche Datenquellen mit medizinischen Parametern. Hier sind klinische Register enorm hilfreich. Diese müssen nun zügig und konsequent ausgebaut werden“, sagte Augurzky. Eine Zertifizierung von Krankenhäusern könne für die Patientinnen und Patienten eine gute Orientierung bieten.

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