Büro in der Wolke

Bildquelle: Dimitris Vetsikas/pixabay

Das Homeoffice hat die Arbeitswelt grundlegend verändert – nicht alle sind damit glücklich.

Arbeiten von zu Hause war vor 2020 eher unüblich, aber die Corona-Pandemie hat es quasi über Nacht notwendig gemacht. Arbeitsabläufe mussten in kürzester Zeit umgestellt werden und Angestellte richteten sich in der eigenen Wohnung ein Büro ein. Seit über einem Jahr sitzen Millionen Menschen nun im Homeoffice. Daran wird sich in Kürze kaum etwas ändern, ein Ende der Corona-Maßnahmen ist nicht in Sicht. Ob Single, Familie im Homeschooling oder Paare in kleinen Wohnungen — jeder hat andere Voraussetzungen und Bedürfnisse. Entsprechend erleben die Menschen die Situation völlig unterschiedlich.

Das Unternehmen Steelcase, das Architektur-, Möbel- und Technologieprodukte für Arbeitsräume anbietet, hat über 32.000 Angestellte zu ihrer Stimmungslage befragt. Demnach lehnt die Mehrheit eine dauerhafte Arbeit im Homeoffice ab. Etwa die Hälfte der Befragten ist damit gänzlich unzufrieden. Für 38 Prozent bedeutet die derzeitige Situation eine zunehmende Isolation. Knapp ein Viertel gibt an, dass Entscheidungen langsamer getroffen werden. Andererseits hat sich bei 37 Prozent die Work-Life-Balance verbessert und gut ein Viertel schätzt die gestiegene Flexibilität. Bei rund einem Fünftel der betroffenen Arbeitnehmer sinken hingegen Engagement und Produktivität.

Erschwerte Kommunikation

Eine Untersuchung der Deutschen Bank bestätigt die negative Auswirkung auf die Produktivität der Mitarbeiter und damit die Unternehmen. Als wichtiger Grund dafür wird eine gestörte Kommunikation, die durch technische Schwierigkeiten zusätzlich erschwert wird, ausgemacht. Auch wirken sich häufige IT-Probleme ungünstig aus. Das betrifft nicht nur ältere Arbeitnehmer, die mit der Technik weniger vertraut sind. Zudem empfinden viele die veränderte Arbeitsatmosphäre als schwierig. So können die Bedürfnisse der meist anwesenden Kinder die Eltern von ihren Aufgaben abhalten und Pausen ausgedehnt werden.

Steelcase hat Verhaltensmuster im Homeoffice ausgemacht und daraus fünf Typen abgeleitet. Da ist etwa der isolierte Zoom-Nutzer. Ihm bringt die neue Situation vor allem Einsamkeit. Er lebt allein und ihm fehlen die persönlichen und beruflichen Interaktionen im Büro. Zwar besteht sein Arbeitstag jetzt aus unzähligen Zoom-Calls, trotzdem fühlt er sich abgeschnitten. Der Autonomie-Suchende hingegen ist von der derzeitigen Lage begeistert. Sie bedeutet für ihn Freiheit. Er ist zu Hause genauso produktiv wie im Büro und kann im eigenen Rhythmus arbeiten — ohne ständige Blicke im Nacken zu spüren. Der frustrierte, kreative Netzwerker hat eher gemischte Gefühle. Sowohl Arbeit als auch Privatleben kommen ihm zu kurz. Er vermisst die persönlichen Kontakte, die ihm sonst neue Impulse liefern. Die Person des überarbeiteten Betreuers muss ständig mit widersprüchlichen Anforderungen fertig werden: Meetings und sich auftürmende Arbeit auf der einen – Kinderbetreuung, Homeschooling und Haushalt auf der anderen Seite. Erschöpfung und Schuldgefühle gehören zum Alltag. Anders ergeht es dem erleichterten Selbstschützer. Ihm bereitet Covid-19 große Sorgen — und nur die Arbeit von zu Hause vermittelt Sicherheit. Er möchte sich und seine Umwelt bestmöglich schützen. Manche Arbeitnehmer lassen sich verschiedenen Typen zuordnen.

Hybride Zukunft

Die Arbeit im Homeoffice verändert auch die Situation auf dem Arbeitsmarkt. Unternehmen sind nicht mehr darauf angewiesen, Mitarbeiter aus dem lokalen Umfeld einzustellen, sondern können sich auf dem globalen Markt umschauen. Dadurch stehen wesentlich mehr Bewerber zur Auswahl und die Firmen finden wahrscheinlich besser qualifizierte Mitarbeiter. Jobportale im Internet bieten eine größtmögliche Reichweite. Unterstützend dazu gibt es beispielsweise auch Recruiting-Software. Damit lassen sich etwa Datenbanken mit Bewerbern, sogenannte Talent Pools anlegen. Die Erfahrungen im Homeoffice werden auch künftig die Ansprüche an die Arbeitswelt grundlegend beeinflussen.

Trotzdem wünschen sich Steelcase zufolge über 98 Prozent zumindest eine teilweise Rückkehr ins Büro. Viele bevorzugen dabei ein hybrides Modell aus Präsenz im Büro und Homeoffice. Dieser Wunsch deckt sich mit den Vorstellungen der meisten Unternehmen. Nur fünf Prozent der Konzerne weltweit und sogar nur zwei Prozent in Deutschland wollen ganz ins mobile Arbeiten übergehen. 72 Prozent sehen hingegen im hybriden Modell die Arbeit der Zukunft — in Deutschland immerhin 53 Prozent. Laut einer Erhebung des Instituts der deutschen Wirtschaft vom Anfang des Jahres 2021 haben zwei Drittel der 1.200 befragten Firmen bisher noch keine Pläne geschmiedet, nach der Coronakrise stärker als zuvor auf Homeoffice zu setzen.

Cornelia Fiedler

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