Schulmuseum Dresden: Als der Lehrer noch den Rohrstock schwang

Schulmuseum
Blick ins Schulmuseum Dresden, direkt in ein Klassenzimmer in der Kaiserzeit Foto: Schulmuseum e.V.

Wie war das eigentlich damals zur Kaiserzeit in der Schule? Oder während der Reformzeit? Und wie sah ein DDR-Klassenzimmer aus? Antworten gibt es im Schulmuseum auf der Seminarstraße 11.

Schule und Museum? Beides klingt für viele Menschen erst einmal überhaupt nicht nach Spaß. Schon gar nicht nach „Muss ich unbedingt hin“. Was aber, so viel sei schon vorweggenommen, völlig falsch ist, wenn es ums Dresdner Schulmuseum geht. Das wirklich sehenswerte kleine Museum wurde 2006 eröffnet – in einem Schulhaus, das 1785 als Real- und Armenschule gebaut worden war, später als Distrikt-, Bürger-, Volks-, Grund-, Mittel- und Polytechnische Oberschule fungierte und 1992 schließlich wieder Grundschule wurde. Womit der Standort Seminarstraße 11 heute zu einem der ältesten ununterbrochen genutzten Schulstandorte Sachsens gehört.

Kaiserzeit: Drill, Rohrstock und saubere Nägel

Wo also könnte man sich besser mit Schulgeschichte und -geschichten befassen als hier? Am besten funktioniert das auf einem geführten Rundgang, aber auch auf eigene Faust lässt sich viel Zeit beim Gang durch die einzelnen Epochen-Zimmer verbringen.

Los geht‘s im Kaiserzimmer. Wer ein Gefühl bekommen will, was Schule damals bedeutete, der sollte unbedingt eine „Schulstunde“ mit Franz Neugebauer, Titus Ladig oder Leonora Braun buchen. Drill, Härte, Disziplin und Rohrstock dienten dazu, gefügige Untertanen heranzuziehen. Wer brauchte schon intelligenten, selbstbewussten Nachwuchs? Saubere Fingernägel waren wichtiger und mussten täglich vorgezeigt werden.

Sehr empfehlenswert sind auch die Kurse zum Erlernen der alten deutschen Schrift – Hausaufgaben und Fleiß beim Üben inklusive! „Ab Juni wird es die Kurse wieder geben“, verspricht Franz Neugebauer, der nicht nur einen strengen Kaiserzeit-Lehrer (natürlich in entsprechender Kleidung) mimt, sondern auch Vorsitzender des 1997 gegründeten Schulmuseum-Vereins ist.

Reformzeit, Nationalismus und DDR-Pioniere

Schule und Lernen in der Weimarer Zeit und während des Dritten Reiches werden auf andere Art und ebenfalls sehr anschaulich vermittelt. Wer allerdings ein NS-Klassenzimmer voller Nazidevotionalien erwartet, wird enttäuscht sein. Die Lösung, die für dieses schwarze Kapitel deutscher Geschichte erarbeitet wurde, ist dafür umso sehenswerter.

Dass das DDR-Klassenzimmer auf der Beliebtheitsskala gleich hinter dem Kaiserzimmer liegt, kommt wohl daher, dass sich viele Besucher dieser Schulzeit noch aus eigener Erinnerung nähern können. Auch hier bietet der Verein spezielle Unterrichtsstunden an.

Wahre Schätze hinter den Kulissen

Als der Schulmuseum Dresden e.V. vor 25 Jahren gegründet wurde, ging es nicht in erster Linie um das Einrichten von Klassenzimmern, sondern vor allem um Bewahrung und Vermittlung der letzten 150 Jahre Bildungsgeschichte. Zugleich sollte ein Forschungszentrum für die Historie der Schulen geschaffen werden.
Der Verein wird deshalb seit Anbeginn von der TU Dresden wissenschaftlich unterstützt und begleitet.

Ein großer Teil des gesammelten Materials befindet sich deshalb heute hinter den Kulissen. Dazu gehören über 10.000 Bücher im Schulbucharchiv, das in erster Linie zu wissenschaftlichen Zwecken genutzt wird. Aber auch tausende Lehrfilme im Filmarchiv inklusive alter Projektoren, hunderte Wandkarten aus dem Biologie- und Geografieunterricht, ebenso Ranzen, Rechenstäbe Globen, Schulhefte, Lehrpläne, Gesetze, physikalische und chemiekalische Gerätschaften – eben alles, was Schule ausmacht(e).

Rätsel um Dürrschmidts Lehrapparat

Auf einen Schatz sind die alle ehrenamtlich arbeitenden Vereinsmitglieder besonders stolz: den Dürrschmidt‘schen Lehrapparat. „Er ist einmalig, wurde hier in Dresden gebaut, aber leider wissen wir nicht, wie Lehrer Dürrschmidt ihn nutzte“, sagt Anne Prautzsch, stellvertretende Vereinsvorsitzende. „Wer diesen Apparat vielleicht noch aus eigenem Erleben kennt, kann sich gern bei uns melden.“ Das gilt auch für interessierte Dresdner, die sich in die Vereins- und Museumsarbeit einbringen wollen – ob für Führungen durchs Haus oder zur Katalogisierung und Aufarbeitung der Schätze hinter den Kulissen.

Dürrschmidtscher Lehrapparat – Wer kennt dieses Teil noch aus eigenem Erleben?

Sind Schule und Museum also langweilig? Nein, und wer dazu noch den Gallileo-Film auf der Homepage des Museums anschaut, wird spätestens dann Lust auf einen Besuch bekommen.

1 Kommentar

  1. Bin auch zu der Zeit aufgewachsen, wo es in der Schule noch den Rohrstock gab!
    Bin öfters mal übergelegt worden und habe den Hintern anständig vollgekriegt, zuhause dann von Mutter gleich nochmal!

1 Trackback / Pingback

  1. Jahresrückblick: Was uns 2022 so interessierte

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