Wegen Bürgergeld fallen jetzt Ein-Euro-Jobs weg

JAB JugendArbeit Bildung e.V.
Nähen, sticken, reparieren – Teilnehmerin Antje Rausch freut sich jeden Tag darauf, dass sie nicht zu Hause sitzen muss. Foto: Mutschke

Beim Dresdner Verein „Jugend ∙ Arbeit ∙ Bildung e.V.“ (JAB) fällt nach der Einführung des Bürgergeld-
Gesetzes ein Großteil der Maßnahmen für Langzeitarbeitslose weg.
Das bringt nun auch den Verein selbst in finanzielle Schieflage.

Im September 2022 war die Welt im Verein Jugend Arbeit Bildung e.V. (JAB) noch intakt. In 23 Maßnahmen fanden rund 190 Teilnehmer eine sinnvolle Beschäftigung. Sie bauten Insektenhotels und Nisthilfen, reparierten Bänke aus dem Großen Garten, befreiten Bachböschungen von Neophyten (eingewandete Pflanzen), arbeiteten alte Fahrräder auf, setzten historische Badekabinen im Naturbad Mockritz und im Waldbad Langebrück instand, bauten Obst und Gemüse im „Tafelgarten“ für die Dresdner Tafel an, besserten Schlafsäcke für Obdachlose aus, entwarfen Spielhäuser und Theaterkostüme für Kita-Kinder und bastelten Geschenktüten und Grußkarten.

Dann kam Ende des Jahres ein folgenschwerer Anruf, der die JAB-Geschäftsführerinnen Solveig Buder und Christine Graf ziemlich schockte: Von den 16 beim Jobcenter beantragten AGH-Maßnahmen für 2023 wurden nur sechs bewilligt. Für die anderen bestehe kein Bedarf mehr. Und für 120 Teilnehmer war damit der Ein-Euro-Job futsch.


Streichung bringt auch den Verein in Gefahr

Das im Januar eingeführte Bürgergeld-Gesetz bringt damit auch die Existenz des JAB in Gefahr. Denn Miete für die Räume und Gehalt für die festangestellten Praxisanleiter müssen Monat für Monat bezahlt werden.
Doch Ein-Euro-Jobs, die offiziell „Arbeitsgelegenheiten mit Mehraufwandsentschädigung“ heißen, sind in diesem Umfang nicht mehr gewollt. Die Jobcenter konzentrieren sich ab Juli 2023 darauf, Arbeitslose in eine Aus- und Weiterbildung zu bringen, mit der sie auf dem ersten Arbeitsmarkt Fuß fassen sollen.


„Nur: Wie soll das gelingen?“ fragen sich Solveig Buder und Christine Graf.
„Drei Viertel unserer -Kursteilnehmer sind seit vielen Jahren ohne Job. Krankheiten, Phobien, fehlende Ausbildung, Probleme mit Drogen und Alkohol, zu viele Kinder bis hin zum ‚Eingerichtetsein‘ in Hartz IV sind die Ursachen dafür, dass sie auf dem ersten Arbeitsmarkt keine Chancen haben.“ „Multiple Vermittlungshemmnisse“ nennt man das im Behördensprech.
„Nach unserer langjährigen Erfahrung werden viele unserer Teilnehmer auch mit Aus- und Weiterbildungsprogrammen keinen Job auf dem ersten Arbeitsmarkt finden“, ist sich Dr. Buder sicher. Im Schnitt der letzten Jahre hätten das nur rund vier Prozent geschafft.


Keine Insektenhotels mehr, dafür Kreatives Gestalten

Interessant ist ein Blick auf die Liste der gestrichenen Maßnahmen. Kein Bedarf besteht in den Augen des Jobcenters mehr an Maßnahmen zum Bau von Insektenhotels und Nistkästen, am Landschaftsschutz (Neophyten-Projekt), an den Projekten „Historische Badkabinen“, Stadtgärten, Pflegemaßnahmen auf Friedhöfen und „Historische Kfz-Werkstatt“. Ein Teil der Nutznießer waren übrigens die Städtischen Friedhöfe, das Dresdner Umweltamt oder die Dresdner Bäder GmbH.
Interessant ist zugleich ein Blick auf jene sechs Maßnahmen, denen das Jobcenter in diesem Jahr seinen Segen und damit Geld gibt: „Hilfe zur Selbsthilfe (Frauenmaßnahme mit zwölf Teilnehmerinnen), „Kreatives Gestalten“ (für zwölf deutsche und zugewanderte Frauen), „Historische Bauelemente“ (12 Teilnehmer), Tafelgarten (12), Hilfe bei der Dresdner Tafel auf der Zwickauer Straße (12) und „Kreative Holzarbeiten“ (6). „Einige Maßnahmen laufen noch, aber ab Mai betreuen wir nur noch 66 Teilnehmer“, sagt Solveig Buder.


Geld erhält der Verein außerdem noch über das Sozialamt für vier Projekte, in denen Zugewanderte beschäftigt werden, die derzeit auf ihre Aufenthaltsgenehmigung warten. In diesen vier Projekte darf genäht und gebastelt oder mit Holz und/oder Metall gewerkelt werden. Immerhin: Hier könnten weiterhin Insektenhotels und Nisthilfen entstehen…


Ostermesse soll weitere Aufträge bringen

Auf der großen Ostermesse in der Messe Dresden vom 30. März bis zum 2. April will der JAB zeigen, was für tolle Produkte in den Werkstätten auf der Mügelner Str. 40 entstehen. Und noch entstehen können, wenn Firmen oder Privatpersonen das Potenzial des Vereins erkennen und nutzen. „Wer zum Beispiel ein Firmenpräsent bei uns in Auftrag gibt, unterstützt das Konzept, Langzeitarbeitslosen eine sinnvolle Beschäftigung zu vermitteln und ihrem Alltag eine Struktur zu geben“, erklärt Geschäftsführerin Dr. Solveig Buder. „Und die Fertigung von Nistkästen und Insektenhotels – übrigens auch als Bausatz zum Selbstgestalten – ist gleichzeitig ein persönlicher Beitrag im Kampf gegen das Insektensterben.“


Ausbauen würde der Verein gern die Arbeit im einzig erhalten gebliebenen Grünprojekt . „Wir haben Erweiterungspläne im Hinterkopf, denn der Bedarf an Obst und Gemüse für die Dresdner Tafel übersteigt das Angebot. Gern würden wir weitere Flächen bearbeiten.“ Hauptsache es geht weiter im JAB.

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