
Es geht um Verkleidung und Flanieren, um sehen und gesehen werden, um feiern und Spaß haben. Und dennoch ist der Elbvenezianische Karneval vom 28. Februar bis 2. März keine Faschingsveranstaltung und schon gar nicht vergleichbar mit Karnevalsumzügen am Rhein.
Die Karnevalstradition an der Elbe reicht bis in die Renaissance zurück. Schon 1533 notierte Herzog Moritz, Churfürst zu Sachsen, dass er die „erste Fastnachtsfreude in Dresden gehalten“ habe. Unter Johann Georg I. (1585-1656) gab es ab 1609 fast jährlich Fastnachtsfeiern am Dresdner Hof. Sieben Jahre zuvor hatte der Kurfürst eine sogenannte Kavaliersreise nach Italien absolviert, die ihn nach Venedig, Rom und Neapel führte. Diese Reisen, auch Grand Tour genannt, waren seit der Renaissance obligatorische Bildungsreisen der Söhne des europäischen Adels und stellten ursprünglich den Abschluss der Erziehung dar. Die jungen Herren sollten Sprachen lernen und fremde Kulturen kennenlernen, in die Diplomatie eingeführt und an Fürstenhäusern bekannt gemacht werden. Nicht zuletzt ging es beim Feiern auch um Eheanbahnungen und um erste erotische Erfahrungen. Die Grand Tour von Kurprinz Friedrich August, später August der Starke, währte ab 1689 übrigens zwei Jahre lang und führte ihn zur Karnevalszeit auch nach Venedig. Keine Frage, dass der junge Mann davon sehr begeistert war. Später waren seine Maskenbälle und Karnevalsfeste geradezu legendär.
Wie der Elbvenezianische Karneval entstand
Im Februar 2022 trafen sich Mitglieder der verschiedenen Dresdner Barockvereine und begeisterte Privatpersonen zum Flanieren am Dresdner Neumarkt. Drei Jahre zuvor hatten die Feierlichkeiten anlässlich des 300. Jubiläums der Hochzeit des späteren August III. und der Kaiserstochter Maria Josepha von Habsburg einen kleinen Hype ausgelöst. Doch Corona machte einer neuen barocken Flaniertradition zunächst einen Strich durch die Rechnung.
Seit 27. Februar 2022 jedenfalls gibt es den Elbvenezianischen Karneval, organisiert hautsächlich von einem Dresdner: Bernd Hoffmann, bekennender Barock-Fan. Ein Jahr später gab es das zweite Event, dieses Mal Mitte Februar bei wechselhaftem Wetter und noch ein Jahr drauf, also 2024, feierten über 100 Maskierte aus Dresden und Deutschland bei herrlichstem Frühlingswetter ein fulminantes Fest mit Rahmenprogramm. Es gab eine Kuratorenführung durch die Gemäldegalerie Alte Meister, ein Venezianisches Familienbuffet im Hotel Hilton, Festliches Dinner mit Tanz im Schloss und natürlich das große Flanieren durch Dresden.
Kurz vor Rosenmontag wird wieder flaniert
Nun steht die vierte Auflage des Festes bevor. Im Mittelpunkt steht das Flanieren der vielen Teilnehmer in venezianischen Masken und Roben am 1. März ab 11.15 Uhr durch die Dresdner Altstadt, gefolgt vom Flanieren durchs Residenzschloss ab 14.45 Uhr (dafür bedarf es Eintrittskarten). Wer will, kann danach ab 17 Uhr noch einem Vortrag über “Tanzende Masken” bei Hofe. Fastnachtsrituale im Ballet de cour der Wettiner“ im Kügelgenhaus auf der Hauptstraße lauschen. Große Roben in leuchtenden Farben gibt es dann zum Abschluss am Sonntag, den 2. März, bei der launigen „Travestie Revue Sondershow zum Carneval“ im Carte Blanche. Auch diese Veranstaltungen steht allen karnevalbegeisterten Dresdnern offen und wer in barocker Robe im Zuschauerraum sitzt, wird natürlich besonders gefeiert. August der Starke wäre sicher stolz, könnte er dieses „venezianische Revival“ heute sehen..
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