Ehebruch am Feiertag

Die "Zehn Gebote" am Schauspielhaus. (Foto: Sebastian Hoppe)
Die "Zehn Gebote" am Schauspielhaus. (Foto: Sebastian Hoppe)

Du sollst… Du sollst nicht – nein, das ist kein Blümchenblattzählvers, sondern es sind die jeweils ersten Worte der Zehn Gebote aus der Bibel. Dabei kommt das Verbot ganze acht, das Gebot nur zwei Mal vor. Doch was macht das Leben jenseits des Regelwerkes aus dem Alten Testament aus? Die Bejahung des Daseins trotz mitunter widriger Umstände?
Das dachte sich vermutlich der polnische Regisseur Krzysztof Kieślowski, als er in den 1980er Jahren mit zehn Kurzfilmen unter dem Titel „DEKALOG“ das Historische ins Heute holte und die Regeln vor den Spiegel einer mitunter brachialen Alltagswirklichkeit setzte. Regisseur Nuran David Calis nahm sich diesen Stoff nun für die Bühne vor. In der Inszenierung des Staatsschauspiels Dresden „Die 10 Gebote“ werden die filmischen polnischen Vorlagen bühnenreif gemacht und mit persönlichen sächsischen Schicksalen gemischt – so kräftig in- und durcheinander gemischt, dass es keine Abhandlung von eins bis zehn bleibt. Der Ehebruch trifft auf den Feiertag, an anderer Stelle wird eine Ehe durch einen Selbstmord gebrochen. Vater und Mutter ehren? Das schafft – aus triftigem Grund – nicht jeder. Einzig der Mord und die Hinrichtung bleiben irgendwie merkwürdig für sich stehen. Abgesehen davon wird klar: Alles hängt mit allem zusammen. Auch das: Vermutlich ist keiner ohne Schuld. Nicht die Großmutter, die das Kind ihrer Tochter großzieht als wäre es ihr eigenes. Nicht der Computerfreak, der das Leben um sich her vergisst. Und wahrscheinlich auch niemand aus dem Publikum. So wird während des wirklich zeitfliegenden dreieinhalbstündigen Stückes deutlich: Egal, wie groß oder klein, wie folgenreich oder kaum bemerkt die jeweiligen „Verfehlungen“ sind – immer verändern sie den Protagonisten und meist auch die Menschen um ihn herum.
Das Bühnenbild wird dominiert von dem kubistischen Wohnblock, der auch Bildschirm ist und sich drehen kann. Ein Würfel Gottes? Die Szenerie am Rand besteht aus zwei Tischen samt Stühlen. Die geteilte Abendmahls-Tafel? Es agieren sowohl Ensemble-Profis als auch Bürgerbühnen-Laien. Eindrücklich ist Schauspieler Oliver Simon, ebenso brilliert Anna-Katharina Muck in verschiedenen Rollen und schenkt den Zuschauern sogar mal ein aufatmendes Schmunzeln inmitten des meist recht bedrückenden Theaterblicks in die Eingeweide des Lebens. Als großes Plus neben den aufrüttelnden Lebensgeschichten bleibt die Live-Musik in Erinnerung. Fazit: Hingehen. Wirken lassen. Und mit etwas mehr eigener Bewusstheit sowie Demut vor dem Leben der anderen weitermachen. (Thessa Wolf)
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Wieder am 31. März, 19.30 Uhr im Schauspielhaus, Tickets ab 11 Euro sind hier erhältlich. 

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