Kurfürst Friedrich Christian wurde am 5. September 1722 geboren. Sein 300. Geburtstag wird nicht gefeiert. Doch Kirchenführer Christoph Pötzsch erzählt bei zwei Führungen durch die Gruft der Kath. Hofkirche die Geschichte des Enkels August des Starken.
Ein kritischer, wachsamer Geist. Intelligent und musisch begabt. Interessiert an den politischen Zuständen Sachsens und der Welt. Zugleich modern und weitsichtig, wenn man bedenkt, dass er Folter und die Todesstrafe auf Diebstahl abschaffen, eine Brandversicherung einführen und das alte Ständesystem beseitigen wollte. So ein Typ, Spross des Hauses Wettin, gerät tatsächlich in kollektive Vergessenheit?
„Ja, leider ist das so“, sagt Kirchenführer und Historienkenner Christoph Pötzsch. „Als Friedrich Christian 1763 endlich Kurfürst von Sachsen geworden war, dauerte seine Amtszeit ganze 74 Tage. Dann starb er.“
Und trotzdem, sagt Christoph Pötzsch, war jener Enkel von August dem Starken ein Hoffnungsträger, weil er Sachsen modernisieren wollte, weil er der barocken Prunk- und Verschwendungssucht den Garaus machen und dem Bürgertum jenen Platz einräumen wollte, der ihm gebührte. „Die Fürsten sind für ihre Untertanen da und nicht die Untertanen für die Fürsten. Der Reichtum der Untertanen, der öffentliche Kredit und eine gut stehende Armee machen das wahre Glück des Fürsten aus“, notierte Friedrich Christian in sein geheimes politisches Tagesbuch. Das zeugt nicht nur von Klugheit, sondern auch von viel Offenheit gegenüber dem Zeitalter der Aufklärung.
Das kranke Kind, das nie Kurfürst werden sollte
Wäre es nach seinen Eltern gegangen, dann wäre jener Friedrich Christian nie Kurfürst geworden. Zwar war er der Erstgeborene von Friedrich August II. und Maria Josepha von Habsburg und nach dem Hausgesetz von 1499 stand ihm der Titel zu. Aber er war zugleich ein schwächliches, krankes Kind. Eins mit Hüft- und Fußleiden, das kaum laufen konnte, nie auf einem Pferd, dafür fast nur im Rollstuhl saß. Sollte so einer Sachsen regieren dürfen?
Doch Friedrich Christian ließ sich nicht übergehen, er kämpfte, er wollte das Amt unbedingt. Wollte die Geldverschwendung am Hofe seines Vaters stoppen und vor allem Brühl entmachten. Der war in seinen Augen einer der größten Protzer, Verschwender und Intriganten.
Selbst ein Trick konnte nicht verhindern, dass dieser Kurprinz zu seiner Kurwürde kam: Nur wenn er für eigenen Nachwuchs sorgen kann, darf er Kurfürst werden, legten seine Eltern fest. Mit neun Kindern, die er mit Maria Antonia Walpurgis zeugte, schaffte er diese Vorgabe locker.
Zwei Führungen durch fünf Grufträume
Am 10. und 11. September wird Christoph Pötzsch zwei Führungen durch die fünf Grufträume der Wettiner unter der Katholischen Hofkirche anbieten. „Vier Kurfürsten, sieben Könige, dazu Ehepartner, Kinder und Geschwister liegen hier, insgesamt 48 Personen“, sagt er. Klar, dass es viel zu erzählen gibt über diese sächsische Herrscherdynastie: Über eine wettinische Prinzessin, die unter Pseudonym zu Deutschlands erfolgreichster Lustspielautorin wurde, über eine andere Prinzessin, die sich weigerte, Kaiserin zu werden und freiwillig ins Kloster ging oder über einen sächsischen Prinzen, der nicht griechischer König werden wollte. Natürlich geht es auch um jenen Kurfürsten, der nur 74 Tage an der Macht war. Sein Erbe, vor allem seine kühnen Ideen, wurden später von seinem Sohn Friedrich August III. fortgeführt. Dieser Spross kam ganz nach seinem Vater und schaffte es 1806 als König Friedrich August I. auf den Thron.
Führungen am 10./11. September jeweils 14 Uhr, Anmeldung (notwendig) ab 5. September unter [email protected]
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