Am 17. Mai wurde in Dresden-Johannstadt eine neugebaute Straße nach Lili Elbe benannt. An selben Tag wurde das neue Straßenschild geklaut.
Kaum war die ehemalige Stephanienstraße zwischen Gerok- und Pfeifferhannsstraße feierlich eingeweiht, gab es ersten Zoff. Denn das Schild „Lili-Elbe-Straße“ war schon am Abend des Einweihungstages wieder verschwunden. Ausgerechnet am Internationalen Tag gegen Homo-, Trans- und Interfeindlichkeit…
Wer war Lili Elbe?
Lili Elbe kam im Dezember 1882 in Dänemark als Einar Wegener zur Welt. Er studierte Kunst, wurde Maler und heiratete 1904 Gerda Gottlieb, ebenfalls Malerin. Beide gingen 1912 nach Paris, wo Gerda ihre lesbische Orientierung und Einar seine weibliche Identität freier ausleben konnten – unter anderem, indem er seiner Frau als Lili Modell stand und in dieser Rolle zunehmend in der Öffentlichkeit auftrat. Denn Einar Wegener wurde offenbar mit männlichen als auch mit weiblichen Organen geboren und war damit intergeschlechtlich.
1930 fasste Lili Elbe (dieser Nachname wurde später tatsächlich mit Bezug zu Dresden angefügt) den Entschluss, sich zugunsten ihres gefühlten Geschlechts einer geschlechtsanpassenden Operation zu unterziehen. Niemand vor ihr hatte je diesen großen Schritt mit all seinen Konsequenzen gewagt.
Ihr Herr und Meister in dieser Mission, der begnadete Operateur und Chef der Dresdner Frauenklinik Kurt Warnekros, schickte sie zur ersten OP nach Berlin. Drei weitere Eingriffe nahm der Dresdner Professor höchst selbst in Dresden vor. Doch den vierten, von dem es heute keine Unterlagen mehr gibt, überlebte Lili Elbe nicht, sie starb am 12. September an den Folgen der OP.
Durch mehrere literarische Werke und vor allem durch die Oscar-prämierte Verfilmung „The Danish Girl“ mit Eddie Redmayne als Einar/Lili wurde dem ersten Menschen, der einen Wechsel des Geschlechterselbstverständnisses so konsequent verfolgte, ein Denkmal gesetzt.
Statt einem plötzlich drei Straßenschilder
Die neue Lili-Elbe-Straße (Baukosten 2,4 Millionen Euro) hat beidseitig breite Fußwege, wurde mit Bäumen und bienenfreundlichen Sträuchern bepflanzt und mit Sitzgelegenheiten, Sport- und Fitnessgeräte, einem Schachspieltisch, einer Pergola und einem sprudelnden Brunnen ergänzt. Dass „Dresdens erste queere Straße“ nach dem Schilderklau nicht namenlos bleibt, dafür sorgten bereits am 18. Mai die Jusos Dresden. Gleich mehrere selbst gemalte Schilder zeugen am Schildermast von der Sichtbarkeit der Pionierin Lili Elbe. C. Pönisch
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