Darf die Dresdener Mühle am Standort wachsen?

Dresdener Mühle

Sachsens größte Getreidemühle will ihre Kapazität um 50 Prozent erhöhen. Das bedeutet Ausbau und Millioneninvestition. Die Frage ist: An welchem Standort?

Eine bessere Verkehrsanbindung sowie fehlende Erweiterungsmöglichkeiten am ursprünglichen Unternehmenssitz, der ehemaligen Wassermühle in Dresden-Plauen, waren die Gründe dafür, dass sich die Söhne von Unternehmensgründer Gottlieb Traugott Bienert Anfang des 20. Jahrhunderts entschlossen, am Alberthafen in Dresden einen neue Getreidemühle zu bauen. Diese Bienert’sche Hafenmühle mit ihrem markanten 63 Meter hohen Turm wurde 1913 eingeweiht.

Heute, rund einhundert Jahre später, gehört der Stadtbild prägende imposante Bau nahe des Alberhafens dem mittelständischen Familienunternehmen „Bindewald & Guttig Mühlengruppe“. Das betreibt bundesweit zehn Mühlen und hat seit der Übernahme der Dresdener Mühle 2014 rund 15 Millionen Euro in den hiesigen Standort investiert.

Dresdener Mühle
Maria Kain absolviert ein duales Studium Lebensmittelmanagement. Die Dresdener Mühle bildet aktuell zwölf Azubis und Studierende aus. Fotos: Pönisch

Wachsen wir hier oder an einem anderen Standort?

Nun soll die Kapazität von Sachsens größter Getreidemühle noch einmal kräftig erhöht werden. Um 50 Prozent soll die Kapazität steigen, bis zu 40 Millionen Euro wollen die Besitzer dafür in die Hand nehmen. „Wir wollen zum einen das Getreidesilo vergrößern, zum anderen brauchen wir mehr Silokapazität für die Mehle und eine größere Verladeanlage“, erklärt Geschäftsführer Dirk Willkomm. Die Anbauten müssten aufgrund des begrenzten Platzes also in die Höhe wachsen.

Die Frage, die sich deshalb heute wie vor 100 Jahren stellt, lautet: Reichen die Erweiterungsmöglichkeiten an der Bremer Straße aus, um die erforderlichen Anbauten genehmigt zu bekommen? Wie steht die Stadt generell zu den Expansionsplänen der Müller am historischen Bauensemble? „Wenn wir hier nicht erweitern können, dann an einem anderen Standort. Wir brauchen deshalb bald Gewissheit und verbindliche Ansagen seitens der Stadt, wie es für uns weitergehen kann“, bringt es Dirk Willkomm auf den Punkt.

Sachsen ist ein Exportland für Getreide

Rund 600 Tonnen Getreide werden Tag für Tag in der großen Mühle am Hafen zu Mehl verarbeitet, 200.000 Tonnen sind es jährlich. Wobei Mehl nicht gleich Mehl ist. Längst gibt es neben den herkömmlichen Sorten unzählige Spezialmehle zum Beispiel für Stollen, Feinbackwaren, Kräcker, Sticks, Croissants, Donuts Knödel, Kekse und Waffeln sowie „Mehl mediterran“. „Bäckereibetriebe, Lebensmittelindustrie und letzten Endes die Verbraucher stellen an unser Sortiment immer höhere Anforderungen“, sagt Dirk Willkomm. So seien zunehmend nachhaltig produzierte und individualisierte Mehle für immer speziellere Produkte gewünscht. Zu den Abnehmern der Dresdner Produkte gehören seit vielen Jahren die Firmen Kathi und Bahlsen. „Vor fünf Jahren haben wir 60 verschiedene Getreidequalitäten zu 40 bis 50 Mehlen und Mehlmischungen vermahlen. Heute sind es 67 Getreidequalitäten und bis zu 60 Mehlmischungen, die separat verarbeitet und gelagert werden müssen. Dafür benötigen wir Kapazitäten.“

Nachhaltigkeit fängt bei Getreide und Mehl an

Nachhaltigkeit meint „vor Ort“, zumindest in der Region gewachsen, verarbeitet und vertrieben. Die Dresdener Mühle ist unter diesem Aspekt sehr gut aufgestellt. „Aktuell wachsen 90 Prozent des Getreides, das hier verarbeitet wird, in Sachsen oder in angrenzenden Bundesländern, maximal 100 Kilometer von Dresden entfernt“, erklärt Konstanze Fritzsch, verantwortlich in der Geschäftsleitung für Getreideeinkauf und Anbauberatung.

Ein weiterer Grund für den geplanten Ausbau der Kapazitäten der Dresdener Mühle liegt in den Exportzielen des Unternehmens. „Sachsen ist ein Exportland von Getreide. Hier wird mehr Getreide angebaut, als für den Bedarf der eigenen Bevölkerung benötigt wird“, weiß Geschäftsführer Willkomm. Rund 25 Prozent der Markenmehle werden inzwischen ins EU-Ausland exportiert. „Indem wir nicht das Getreide exportieren, sondern es hier zu Qualitätsmehlen für den Export verarbeiten, bleibt ein weiterer Teil der Wertschöpfungskette in Sachsen. Das stärkt die Wirtschaftskraft des Freistaates.“ Nicht zuletzt deshalb müssen Fragen der baulichen Erweiterung schnellstens geklärt werden. Nicht dass die Bienert’sche Hafenmühle eines Tages leer steht und die Mahlwerke sich in einem möglichen Neubau in einem Gewerbegebiet westlich von Dresden an der Autobahn drehen

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