
Wie der Freundeskreis der Puppentheatersammlung Dresden e.V. Geld für die Restaurierungen wertvoller Handpuppen und Marionetten aufbringen will
Lars Rebehn kennt sie alle – die großen und kleinen, die grazilen und gruseligen, die hübschen und hässlichen, die alten und die ganz alten männlichen wie weiblichen Charakterköpfe, über die die Dresdner Puppentheatersammlung verfügt. Es sind hunderte und sie sind ein großer Schatz. Ebenso wie die vielen großen und kleineren, alten und sehr alten Marionetten Handpuppen und andere Theaterfiguren, die von der Geschichte des Puppenspiels und der Puppenspieler-Dynastien künden – insgesamt über 12.000 Stück sind in der Sammlung im Kraftwerk Mitte zu finden.
Klar, dass Lars Rebehn, der Oberkonservator der Puppentheatersammlung, diesen großen Schatz erhalten will. Klar aber auch, dass er dafür viel Geld benötig. „Deshalb starten wir jetzt mit dem Projekt der Kopf-Patenschaften“, sagt er. Die Idee kam vom Förderverein „Freunde der Puppentheatersammlung Dresden e.V.“. „Schon ab 100 Euro kann man Pate eines Puppenkopfes werden und für die Dauer von drei Jahren bleiben. Das ’Kopfgeld’ kommt voll und ganz der Puppentheatersammlung zugute und soll für Restaurierungsprojkete und neue Ankäufe genutzt werden“, erklärt Lutz Viehweg, Vorstandsvorsitzender des Fördervereins.
Dass die Idee der gezielten Förderung sehr erfolgreich sein kann, zeigt sich an einer sehr alten Kasper-Marionette, dem sogenannten Lorgie-Kasper. Er zählt mit mindestens 235 Jahren zu den ältesten Marionetten im Bestand der Sammlung und gehörte einst dem Puppenspieler Franz Lorgie. Der lebte von 1765 bis 1853, hatte bereits im späten 18. Jahrhundert sein Theater in Dresden und Umgebung aufgeschlagen und war durch die Marionetten zu Wohlstand gelangt. Nach Lorgies Tod gelangte seine Marionettenbühne in den Besitz der alteingesessenen Puppenspieler-Dynastie Apel (später Apel-Böttger), wo die Figuren bis zum Spielverbot 1952 in Einsatz waren.
Zum Glück landete der Apel’sche Besitz in der Dresdner Puppentheatersammlung. Sie wiederum geht auf den Leipziger Lehrer Otto Link (1888-1959) zurück. Er war Redakteur der ersten deutschen Puppenspielzeitschrift und 1929 in Prag Mitbegründer der Weltorganisation der Puppenspieler. 1952 entstand die Puppentheatersammlung in Dresden und Link wurde ihr erster Leiter.
Doch zurück zum Lorgie-Kasper. Er ist eine Kostbarkeit, hat vermutlich von 1790 bis zu seinem Berufsverbot 1952 auf der Bühne gestanden und vor Königen, Künstlern, Bürgersleuten und Arbeitern ausgeplaudert, was er dachte. Denn das war der Part des Kaspers im Puppentheater: Wahrheiten und natürlich so manche Frechheit sagen, die sich sonst niemand getraut hätte. Einmal, es muss im April 1816 gewesen sein, hat der Lorgie-Kasper sogar seinen Kopf eingebüßt – als er nämlich miaute und ein im Publikum sitzender Pudel daraufhin auf die Bühne stürzte und den Kaspar „erlegte“. Zum Glück hatte Meister Lorgie einen zweiten Kasper-Kopf, den er auf die Marionette setzen konnte.



Logisch, dass die Holzpuppe in ihrem langen Arbeitsleben so manche Blessuren hinnehmen musste. Dass ihr Holzkörper immer wieder neu zusammengenagelt wurde, dass ihr Kopf im Laufe der Jahre mindestens 20 Farbschichten verpasst bekam und dass ihr Gewand immer mehr verschliss. „Wir konnten den Marionetten-Körper schon Mitte der 1990-er Jahre restaurieren, aber für die umfangreiche Aufarbeitung der Bekleidung des Kaspers fehlten uns die Mittel“, sagt Lars Rebehn.
Hier kommt nun die Spenden-Idee des Freundeskreises wieder ins Spiel, die in jener Zeit entstand, als der Umzug der lange Zeit heimatlosen Sammlung von der Garnisonkirche ins Kraftwerk Mitte anstand. Denn die Mitglieder der „Freunde der Puppentheatersammlung Dresden“ legten zusammen (1.600 Euro), so dass Restauratorin Evelyn Gärtner den Kaspar und sein Gewand wieder zum Strahlen bringen konnte. Auf Grund dieser positiven (Spenden) Erfahrung möchte der Verein die Übernahme von Puppenkopfpatenschaften daher nun allen Interessierten ermöglichen. Eine Liste mit den möglichen „Patenkindern“, der dazugehörige Patenschaftsantrag und viele weitere Informationen finden sich auf der Homepage der Puppentheaterfreunde. „Wir sind gerade im Gespräch mit Dr. Kathi Loch, der Direktorin der Puppentheatersammlung, wie und wo wir eine Ehrentafel anbringen könnten, auf der Paten dann sichtbar werden“, verrät Lutz Viehweg.
Wer mehr über den Lorgie-Kasper erfahren will, dem sei ein Vortrag von Lars Rebehn am 11. Februar ans Herz gelegt. Dabei beleuchtet der Oberkonservator die Geschichte und Bedeutung der Figur intensiver. Der Eintritt ist frei.
Patenschaften/Infos auf www.puppentheaterfreunde.de, Vortrag 11. Februar, 18 Uhr, Puppentheatersammlung im Kraftwerk Mitte
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