„Dresden (dpa/sn) – Erstmals hat im Dresdner Terrorprozess gegen die rechtsextreme «Gruppe Freital» ein mutmaßliches Opfer ausgesagt. Unter Tränen schilderte der Freitaler Linke-Stadtrat Michael Richter am Freitag vor dem Oberlandesgericht, wie er wegen seines Engagements für Flüchtlinge bei Facebook bedroht worden sei – «bis hin zu Morddrohungen». «Stellt ihn an die Wand, erschießt ihn, steinigt ihn», habe es da geheißen. Das Auto des 41-Jährigen war Ende Juli 2015 nachts vor seiner Haustür gesprengt worden. Der Generalbundesanwalt macht die «Gruppe Freital» für die Tat verantwortlich.
«Ich gehe jeden Morgen einen anderen Weg (zur Arbeit) und auch nie zur selben Zeit», beschrieb Richter die Wirkung der Tat. Auch an einem Parteibüro, auf das die Gruppe ebenfalls einen Anschlag verübt haben soll, seien ein Hakenkreuz und Parolen wie «Richter, wir kriegen dich» oder «linke schwule Sau» geschmiert worden. Nach Festnahme der ersten Gruppenmitglieder sei es dann «relativ ruhig in Freital» geworden. Dennoch halte er sich nur noch ungern in der Stadt auf.
Den sieben angeklagten Männern und einer Frau im Alter zwischen 19 und 39 Jahren wird neben der Bildung einer terroristischen Vereinigung unter anderem auch versuchter Mord vorgeworfen. Sie sollen insgesamt fünf Sprengstoffanschläge auf Flüchtlinge und politische Gegner in Freital und dem nahen Dresden verübt haben.
Als weiterer Zeuge beschrieb am Freitag ein Sprengstoffexperte des Landeskriminalamtes seine Ermittlungen nach einem Anschlag auf eine Freitaler Flüchtlingsunterkunft im September 2015. Nach seiner Erkenntnis war an einem Küchenfenster ein in Deutschland nicht zugelassener Knallkörper angebracht und gezündet worden. Dabei habe es sich um einen sogenannten «Cobra 12»-Böller gehandelt.
«Das ist schon eine erhebliche Sprengkraft, die direkt vorm Körper – auch ohne die Splitterwirkung – tödliche Folgen haben kann», sagte der 44 Jahre alte LKA-Beamte. Durch die Explosion waren die Scheibe und der Rahmen des Fensters völlig zerstört worden. Splitter seien noch in der vier Meter entfernten Rückwand der Küche eingeschlagen. Verletzt worden sei nur deshalb niemand, weil sich zum Zeitpunkt des Anschlags keiner der acht Bewohner der Flüchtlingswohnung in der Küche aufgehalten habe, so die Anklage.
Zuvor war in der Verhandlung bekanntgeworden, dass die Beschuldigten in der Untersuchungshaft Briefe ausgetauscht haben. Aus den bei Zellendurchsuchungen gefundenen Schreiben gehe hervor, dass die Taten der Beschuldigten durch ein rechtsextremistisches Weltbild bestimmt und von Timo S. und Philipp W. bis heute positiv gesehen würden, sagte eine Nebenkläger-Anwältin. Unklar blieb, wer die Schreiben übermittelt hat.“
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