Teil 3 der Serie zu 50 Jahre Dixieland Festival in Dresden: Internationale Jazz-Prominenz gab in Dresden ihre musikalische Visitenkarte ab
Was ist Dixieland?, fragen immer wieder Leute, die das Phänomen noch nicht erlebt haben. Wo findet man das Land auf dem Globus, was bedeutet der Begriff?
Dixieland oder kurz Dixie ist ein gebräuchliches Synonym für die Südstaaten der USA – also jene elf Bundesstaaten, die im Jahr 1861 Mitglieder der Konföderierten Staaten von Amerika wurden. Die Bezeichnung der musikalischen Stilrichtung lautet korrekt Dixieland Jazz. Ursprünglich entstand der Dixieland-Stil als weiße Musikkultur, in der der New Orleans Stil der Afro- Amerikaner etwas kommerzieller, leichter interpretiert wurde.
Diese im Laufe der Jahrzehnte auch in Europa immer beliebter gewordene Musizierart strahlt Optimismus und Lebensfreude aus. Geselligkeit, Weltoffenheit und Kontaktfreudigkeit sind ihre Attribute, die für Musiker wie Publikum gleichermaßen ein besonderes Erlebnis sind.
Dixieland ist Dresdens „fünfte Jahreszeit“
Seit nunmehr fünf Jahrzehnten bestimmt nun diese Gute-Laune-Musik vor allem im Wonnemonat Mai das kulturelle Geschehen unserer Stadt. Was den Rheinländern der Karneval mit Konfetti, Schunkelwalzer, Narrenkappen und Polonäse, ist den Dresdnern ihr Dixielandfestival mit traditionellem Jazz und allem anderen, was in traditionellen Tönen jazzig „tutet“.
Doch das Internationale Dixieland Festival hat zwar im Laufe der Zeit seinen „Geburtsnamen“ behalten, präsentiert inzwischen aber eine bunte Palette der Spielarten des Traditionellen Jazz. Die Palette reicht vom authentischen Ragtime über klassischen Dixieland, Swing, Brass-Musik bis hin zu Boogie Woogie und Gospel.
Mehr als 1000 Bands aus 45 Ländern zu Gast
Dresden hat sich seit dem Festival-Gründungsjahr 1971 vom Geheimtipp unter Musikern und Fans schnell zur „Europäischen Hauptstadt des Dixielands“ gemausert. Es begann mit sechs Gruppen aus sozialistischen Bruderländern, seitdem haben in fünf Dekaden gut sieben Millionen Fans Swing, Boogie & Co. von mehr als 1000 Bands aus 45 Ländern gehört. Inzwischen haben sich hier die Stars der globalen Jazzszene regelrecht die Klinke in die Hand gegeben und beim sachkundigen Publikum für Riesen-Applaus und Standing Ovations gesorgt.
Das „Who is who“ der prominenten Dresdner Festivalgäste würde Seiten füllen. Hier seien nur einige erwähnt, die besonders nachhaltig in Erinnerung bleiben: Unvergessen bleibt der Auftritt des Briten Bob Wallis (1934 – 1991) beim 10. Festival 1980. Der einzige „Reibeisen-Sopran“ der Welt begeisterte mit vokalistischem Können und versiertem Trompetenspiel ebenso wie seine Landsfrau Beryl Bryden (1920 – 1998). Die stimmgewaltige „Queen of Blues“ hatte, um in Dresden mit dabei zu sein, eine Tournee mit dem Vibraphon-Altmeister Lionel Hampton abgesagt und das Dresdner Publikum dankte ihr mit donnerndem Applaus. Ebenfalls 1980 dabei: die Harlem Jazz And Blues Band. Die sieben älteren Herren – der Jüngste war 66 Jahre – brachten den swingendenhaben Dixieland aus den USA mit und fühlten sich alsbald hier „wie zuhause“.
Ein besonderes Mitbringsel aus New Orleans: der „Dresden-Jump“. Das absolute Highlight der Festivalgeschichte war zweifelsohne das Konzert der „drei großen B des traditionellen Jazz“: Acker Bilk (1929 – 2014), Chris Barber (1930 – 2021) und Kenny Ball (1930 – 2013) beim „30.“ im Jahr 2000. Der gemeinsame Auftritt innerhalb eines Konzertes geschah zwar nicht zum ersten Mal, zählt jedoch zu den Seltenheiten und Sternstunden des Jazz. Mehr als 2.500 Jazzfreunde im Kulturpalast (auf ihren Plätzen und in Gängen und auf Treppen) feierten die Superbands der drei britischen Jazz-Superstars mit nicht enden wollendem Applaus.
Immer wieder eingeladen: René und Oliver Franc
Ein musikalisches Denkmal setzte in Dresden auch die Familie Franc. Vater René Franc (1929 – 2002) begeisterte schon 1979 bei seiner Dresden-Premiere. Sohn Oliver sollte ihm bald darauf auf die Bühnen des IDF folgen. Die beiden Klarinettisten – Schüler der Jazz-Legende Sidney Bechet – brachten bei jedem ihrer Auftritte den Saal zum Toben – beim 30. Festival sogar gemeinsam.
Kein Wunder, dass sie immer wieder gern in Dresden zu Gast waren („Weil man uns immer wieder einlädt…“). Beim 50. Festival in diesem Jahr ist Oliver Franc mit seinem Quintett wieder mit dabei. Ebenfalls beim Jubiläumsfestival angesagt haben sich Gunhild Carling & Family aus Schweden. Die musikalische Familie haben die Dresdner schon vor Jahren in ihre Herzen geschlossen. Gunhild Carling spielt seit ihrem 7. Lebensjahr als Autodidakt in der Familienband und ist heute weltweit eine gefragte Künstlerin. Sie spielt Trompete – im Bedarfsfall auch drei gleichzeitig! –, Posaune, Klavier, Banjo, Ukulele, Harfe, Mundharmonika, Flöte, Oboe und Dudelsack, …
Wenn man von den Festival-Lieblingen aus fünf Jahrzehnten spricht, kommt man an den Lamarotte Jazzband nicht vorbei. Die Band aus Tilburg wurde 1974 als erstes Dixieland Street Orchestra in den Niederlanden gegründet, hat sich aber inzwischen zu einem international renommierten Bühnenorchester mit „Streetband“-Lizenz entwickelt. Lamarotte hat eine bemerkenswerte Palette an Musikstilen. Als Hauptgericht serviert sie aber immer noch echten Dixieland und Old Style-Jazz, sind aber anderen Musikrichtungen wie Blues, Cajun, Gospel und andere nicht abgeneigt. Ziel ist, das Publikums zu unterhalten und viel mehr noch, zu verzaubern. Und das wollen die Herren aus unserem Nachbarland natürlich auch in diesem Jahr in Dresden.
Autor: Ekki Garten
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