Canaletto hat den Wunderkasten einst für seine Gemälde genutzt und auch Leonardo da Vinci blickte durch ihn zur Sonne. Heute steht ein Modell zur Benutzung im Panometer.
Wenn Bernardo Bellotto, den wir auch als Canaletto kennen, einst ein Handy oder wenigstens einen Fotoapparat gehabt hätte, dann hätte er seine berühmten Stadtansichten vielleicht bequemer malen können. So aber hockte er bei Wind und Wetter im Freien in einer Art Sänfte unter einem schwarzen Tuch und sah die Wirklichkeit um ihn herum auf dem Kopf stehend. Oder besser gesagt: Sah das, was die Camera obscura abbildete.
Ein Kasten mit Loch und verstellbarem Spiegel
300 Jahre später steht auch Detlef Moschner an einer Camera obscura, was übersetzt übrigens nichts anderes als „dunkle Kammer“ heißt. Allerdings steht der 60-Jährige nicht als Maler wie einst Canaletto hier, sondern als Techniker im Panometer Dresden und Erbauer. Ein Handwerker mit geschickten Händen also. „Eine solche Lochkamera nachzubauen ist wirklich einfach“, wehrt er ab. In seinem Fall sogar sehr einfach, denn statt eine in Sänftengröße musste er nur eine Tischkamera nachbauen. „Schauen Sie: Eine Tischplatte, eine Stange an jeder Seite, ringsherum schwarzer Stoff (heutzutage aus nichtbrennbarem Material) und oben ein Loch mit einer verstellbaren Linse darin – fertig ist die Lochkamera.“
Das Gerät steht mindestens bis Ende Mai, vielleicht auch länger im Panometer und soll vor allem Kinder animieren, so zu malen wie Canaletto vor 300 Jahren. Da das Konstrukt im Bereich der Cafeteria steht und damit kein echtes Gebäude auf das Zeichenblatt werfen kann, hat Detlef Moschner die einst von Canaletto gezeichnete Hofkirche als Vorlage zum Nachzeichnen verwendet.
Wer hat‘s entdeckt? Offenbar Aristoteles
Was heute größte Selbstverständlichkeit ist – nämlich das Handy zu zücken und zu jeder Tages- und Nachtzeit die Realität in Bild und Film festzuhalten – war natürlich zunächst unmöglich und später schlichtweg sehr teuer.
Entwickelt wurde das Prinzip der Lochkamera schon in der Antike. Ein gewisser Aristoteles (384–322 v. Chr.) soll es als Erster erkannt und beschrieben haben: Fällt Licht durch ein kleines Loch in einen ansonsten lichtdichten Hohlkörper, so wird in ihm ein seitenverkehrtes und auf dem Kopf stehendes Bild als Projektion des Außenraumes erzeugt. Natürlich hat Aristoteles es anders formuliert, aber im Grunde trifft es die Sache am besten.
Lange Geschichte der Nutzung
Ein Araber namens Alhazen entwickelte um 980 zur Lochkamera eine modern anmutende Theorie der Lichtbrechung, „malte“ damit aber noch keine Bilder, denn das war zu jener Zeit im Islam verboten.
Ab Ende des 13. Jahrhunderts wurde die Camera obscura von Astronomen zur Beobachtung von Sonnenflecken und Sonnenfinsternissen benutzt, schließlich wollten sich die Forscher nicht ihr Augenlicht kaputtmachen. Leonardo da Vinci (1452–1519) schließlich untersuchte im 15. Jahrhundert den Strahlengang und stellte fest, dass dieses Prinzip in der Natur beim Auge wiederzufinden ist.
Auf die Idee, die Camera obscura für die Malerei zu nutzen, speziell für die detailgetreue Wiedergabe der Wirklichkeit, kamen europäische Künstler im 16. Jahrhundert. Da war die Kunst des Linsenschleifens entdeckt worden und solche Glaslinsen wurden in die bis dahin offenen Löcher der „dunklen Kammer“ eingesetzt. Was zur Folge hatte, dass die auf dem Kopf stehenden Abbilder schärfer und konturenreicher erschienen.
Ein Meister in der Anwendung der Camera obscura war schließlich Canaletto und ein Zeugnis dessen sind seine vielen Veduten (Stadtansichten), die an Genauigkeit und Detailtreue heutigen Fotos fast nicht nachstehen.
Camera obscura im Panometer Dresden (Gastronomiebereich)
Nutzung kostenlos während der
Öffnungszeiten Mo bis Fr 10 – 17 Uhr
Sa, So & Feiertage 10 – 18 Uhr
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