Witzigmann-Bibliothek im Archiv der Kulinarik

Archiv der Kulinarik
Eckart Witzigmann (82), Koch des Jahrhunderts, hat seine einzigartige Bibliothek an Kochbüchern dem Deutschen Archiv der Kulinarik in Dresden geschenkt. Foto: Markus Bassler

Eckart Witzigmann ist nicht nur 3-Sterne-Koch, sondern auch „Koch des Jahrhunderts“. Seine riesige Bibliothek findet jetzt in Dresden im Deutschen Archiv der Kulinarik ihr neues Zuhause.

Wie sich die Menschheit im Laufe von Jahrtausenden entwickelt hat, ist anhand ihrer Mode, Kunst, Kultur, Architektur und Wissenschaft schon sehr gut erforscht und dokumentiert. Doch wie steht es um die Kulinarik? Wie haben sich Essen und Esskultur entwickelt?

Dieser Frage geht das „Deutsche Archiv der Kulinarik“ wissenschaftlich nach. Fast genau vor einem Jahr, am 10. Oktober 2022, wurde es an der Sächsischen Landesbibliothek – Staats- und Universitätsbibliothek Dresden (SLUB) gegründet. Hier finden sich zigtausende Handschriften, Bücher und Zeitschriften, Menükarten, Gebrauchsgrafiken, Fotografien und audiovisuelle Medien zu einem Thema, das absolut spannend, aber bis heute weitgehend unerforscht ist.


Neues Kapitel: Bibliothek Eckart Witzigmann

Vor wenigen Tagen kam in Dresden ein riesiger Schatz an, quasi als Sahnehäubchen auf den vorhandenen Archivbestand. Eckart Witzigmann, Deutschlands erster 3-Sterne-Koch (1979) und neben Paul Bocuse, Joël Robuchon und Frédy Girardet als „Koch des Jahrhunderts“ geehrt, schenkte dem Archiv der Kulinarik seine außergewöhnliche kulinarische Bibliothek aus über 6.000 Kochbüchern. Darunter 700 europäische aus dem 17. bis 20. Jahrhundert sowie weit über 5.000 seit 1970 erschienene Rezeptbücher. Das war jene Zeit, in der Köche begannen, nicht mehr nur nach Standards zu kochen, sondern Gerichte zu variieren, neu zu interpretieren und eigene Handschriften zu entwickeln. „Deutsche Bibliotheken verfügen bisher kaum über nennenswerte Bestände an modernen Kulinaria. Nun ist es möglich sein, für die europäische Küche des 20. und 21. Jahrhunderts die kulinarische Ästhetik so intensiv zu erforschen, wie es in Deutschland und weit darüber hinaus kaum irgendwo der Fall ist“, beschreibt Prof. Dr. Josef Matzerath von der Professur für Sächsische Landesgeschichte an der TU Dresden das Besondere der Schenkung. „Mit Witzigmanns Sammlung können wir jetzt die umfangreiche Menükarten-Sammlung von Gastrokritiker Wolfram Siebeck wunderbar ergänzen.“

Eckart Witzigmann (82) wiederum freut sich, dass er mit seinen Büchern nicht nur die Forschung in Dresden unterstützt. „Vor allem soll damit jungen Köchinnen und Köche auch der Zugang zur Tradition der exquisiten Küche ermöglicht werden.“


Tausende Schätze im „Archiv der Kulinarik“

Das Archiv, das in der untersten Ebene der SLUB neben dem zentralen Lesesaal zu finden ist, beherbergt bereits die Sammlung von Walter Putz (1924-2015) aus Baden-Baden. Er hatte der SLUB 2005 seine umfangreiche Bibliotheca Gastronomica geschenkt. Unter den mehr als 4.000 Objekten befinden sich Bücher, Handschriften, Grafiken, Drucksachen und Korrespondenzen zum Thema Gastronomie und Esskultur.
Zum Archiv gehört außerdem der Nachlass des angesehenen Kochs Ernst Birsner (1935-2015), dessen Sammlung geschätzte 50.000 Objekte umfasst, darunter etwa 40.000 Menü- und Speisekarten aus mehreren Jahrhunderten, circa 11.000 Bücher sowie gastrosophische Handschriften. Im Archiv der Kulinarik auch liegt der Nachlass des Publizisten und Gastronomiekritikers Wolfram Siebeck (1928-2016), zu dem neben einer umfangreichen Bibliothek auch sein schriftlicher Nachlass aus Manuskripten, Lebensdokumenten und Korrespondenzen sowie knapp 800 Menü-, Speise- und Weinkarten gehört. Bewahrt werden hier in Dresden ebenso die Sammlung Herbert Schönberner (3-Sterne-Koch), die Fotografien und Briefe des österreichischen Journalisten Wolfgang Lechner, die Sammlung von Lothar Eiermann (Chefkoch im Gourmetrestaurant des Nobelhotels Wald- & Schlosshotel Friedrichsruhe) sowie die gesammelten Werke von Walter Poganietz und Elvira und Dieter L. Kaufmann.

Die „Sammlung Witzigmann“ wird in den kommenden Monaten erfasst, archiviert und in den kommenden Jahren auch digitalisiert werden. C. Pönisch

Deutsches Archiv der Kulinarik in der SLUB, Zellescher Weg 18
www.archivderkulinarik.de

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