Dresdner Schokoladenmädchen für die Schokoladen-Hauptstadt

Schokoladenmädchen
Josephine Jachmann (19) ist das neue Schokoladenmädchen. Foto: PR

Josephine Jachmann ist das 5. Dresdner Schokoladenmädchen. Dass passt gut, denn in Dresden wurde einst Geschichte geschrieben, was die Herstellung von Schokolade betrifft. Was leider die wenigsten Dresdner wissen dürften

Sie ist 19 Jahre jung, angehende Konditorin im 2. Lehrjahr bei der Kaffee Wippler GmbH, ihre Lieblingsschokolade muss Karamell-Crisp enthalten und sie hat ein tolles Motto: „Wenn du meinst, es geht nicht mehr, dann muss Schokolade her“. Kurz gesagt: Josephine Jachmann ist die ideale Besetzung als Markenbotschafterin und übrigens bereits das 5. Schokoladenmädchen, das in Dresden unter Obhut von Marken-Erfinder Ronny Kürschner seinen Dienst in Sachen Kakaobohnen-Endprodukt verrichtet. Ihre Aufgabe: Sie soll eine würdige Repräsentantin des hiesigen Konditoren-Handwerks sein, sie soll vielen Menschen ihre schokoladige Leidenschaft nahe bringen und sie soll davon künden, dass Dresden mit stolz auch den Titel „Schokoladenhauptstadt“ tragen darf.

Schokoladenmädchen
Josephine Jachmann (19) ist das neue Schokoladenmädchen. Foto: PR

Wer hat‘s erfunden? Jedenfalls waren es nicht die Schweizer

Noch ein Hauptstadt-Titel? Ja – und das mehr als berechtigt. Denn auch wenn die Schweizer ihren Eidgenossen Daniel Peter dafür feiern, 1875 als Erster die Milchschokolade hergestellt zu haben, muss laut und deutlich klargestellt werden: Nein, es waren Gottfried Heinrich Christoph Jordan und August Friedrich Christian Timaeus aus Dresden, die kulinarische Geschichte schrieben.
Schon 30 Jahre früher, genauer am 23. Mai 1839, posaunten es die beiden Unternehmer im „Dresdner Stadtanzeiger“ in die Welt: „Chocolade mit Eselsmilch präpariert, ohne Gewürz, sowohl zum Kochen in 5/5 Tafeln pr. Pfd, als auch zum Rohessen in 24 Täfelchen pr. Pfd., haben wir anfertigen lassen und verkaufen solche à 1 Thaler pr. Pfd.“.


Zwar bestand ihr Produkt damals aus 60 Prozent Kakao, 30 Prozent Zucker und zehn Prozent Eselsmilch, war deutlich grobkörniger, dunkler und herber als heutige Milchschokolade – dennoch waren Jordan und Timaeus die Ersten, die jene Masse in kleine Täfelchen pressten und auf den Markt brachten.

1910 stand Dresden an der Spitze der deutschen Schokoladenproduktion

Danach ging es eigentlich Schlag auf Schlag. 1838 gründet August Ferdinand Lobeck in Dresden seine Schokoladenfabrik Lobeck & Co., ein Jahr später meldet er seine Erfindung, den löslich entölten Kakao, zum Patent an. 1849 folgen Carl Christian Petzold und Ernst Louis Aulhorn mit ihrer Fabrik Petzold & Aulhorn (Marke Pea). Otto Rüger gesellt sich 1858 in die Riege der Schokofabrikanten, übernimmt die Lobecksche Schokoladenmühle im Lockwitzgrund und 1885 die Hintermühle in Lockwitz.
1870 tritt ein gewisser Heinrich Vogel in die Zuckerfabrik seines Onkels ein und firmiert fortan unter Schokoladenfabrik Hartwig & Vogel. Allein dieses Unternehmen beschäftigt um die Jahrhundertwende rund 1.200 Mitarbeiter und gelangt mit der Marke Tell (die mit dem Tell-Apfel ab 1928) und dem ersten deutschen rein-entölten Kakao zu großer Bekanntheit.
Einmal im Gründungsrausch, kommen die Schokofabriken Johann Gottlieb Kynacht (1886), Riedel & Engelmann (1888), Gerling & Rockstroh (1891) dazu. Sie alle tragen dazu bei, dass Dresden um 1910 an der Spitze der deutschen Schokoladenproduktion steht.

Bis zu 7.000 Arbeitskräfte standen vor dem Ersten Weltkrieg in der 28 hiesigen Schoko- und Zuckerwarenindustrie in Lohn und Brot. Das entsprach immerhin einem Fünftel aller Beschäftigten dieser Branche im gesamten Deutschen Reich.

Russisch Brot, Dominosteine, Blechformen, Reinheitsgebot und ein Verband: Alles Made in Dresden

Doch damit nicht genug. Auch Russisch Brot ist bekanntermaßen eine Dresdner Erfindung von Ferdinand Wilhelm Hanke (1844), ebenso die Dominosteine von Herbert Wendler (1936). Der „Dresdner Verband der Schokoladenfabrikanten“ gründet sich 1877 mit dem Ziel eines Reinheitsgebotes für Schokolade an, welches zwei Jahre später in Kraft tritt und die Verwendung von tierischen Fetten oder Kakaoschalen verbietet. Otto Reiche schließlich baut ab 1870 in Dresden-Plauen die größte Fabrik in Europa für Gebäck- und Schokoladenformen auf und erfindet für die Firma Stollwerk einen Schokoladenautomaten. Die Theegarten PacTec in Niedersedlitz ist heute noch Weltmarktführer als Hersteller von Verpackungsmaschinen für die Süßwarenindustrie und die Hamburg-Dresdner-Maschinenfabriken aus Niedersedlitz sind weltweit bekannter Hersteller von Maschinen zur Verarbeitung von rohen Kakaobohnen.

Übrigens: Selbst die Lila Kuh als Werbegag ist eine sächsische Erfindung aus Dehlitzsch. Da die Schokofabrik Böhme ihre Idee nicht unter Markenschutz stellte, konnte sich Konkurrent Suchard die lilafarbene Kuh schnappen und ab 1972 sogar ins (West-)Fernsehen bringen.


Fazit: Wenn es einen Hauptstadt-Titel gibt, den Dresden zu Recht tragen kann, dann jenen zum Thema Schokolade. Das weiß auch Josephine Jachmann und als neue Botschafterin wird sie ihr Wissen nun auf internationalen Messen, Events und Firmenveranstaltungen weitergeben. Erstmals übrigens am 1. Juni als Genussbotschafterin beim Stadtfest in Wrozlaw/Polen. Und bald auch bei buchbaren Schokoladen- und Pralinenkursen.

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