Carolabrücke: Abriss gestoppt, Wasserweg dicht, Einsturzgefahr hoch

Carolabrücke
Ab 18. Februar sollte der Güterschiffsverkehr wieder unter der Brücke durchfahren können, doch das elektronische Überwachungssystem schlug nach den zwei eisigen Nächten mehrmals an. Jetzt besteht akute Einsturzgefahr für Brückenzug A. Foto: Pönisch

Die Zeitfenster waren vorgegeben, die Fahrten geplant. Am 18. Februar hätten die ersten Güterschiffe wieder unter der Carolabrücke durchfahren können – flussaufwärts jeweils von 8 bis 12 Uhr und flussabwärts von 13 bis 15 Uhr.

Doch just am 18. Februar kam die nächste Hiobsbotschaft: Die Abrissarbeiten am eingestürzten Zug C der Carolabrücke werden sofort eingestellt. Der Grund: Das an der Brücke installierte Überwachungssystem, das sogenannte Schallemmissionsmonitoring, hat Spannstahlbrüche an der mittleren Stütze D in den Brückenzügen A und B festgestellt. Gefahr in Verzug also.

Temperaturschwankungen wie im September

„Im Prinzip sehen wir die gleiche Situation wie beim Einsturz im September“, sagt Professor Steffen Marx vom Institut für Massivbau an der TU Dresden, der für die Stadt als unabhängiger Brücken-Experte den Einsturz untersucht hat. Auch um den 11. September herum gab es einen deutlichen Temperatursturz wie in den vergangenen Tagen. Am Sonntag habe es im Brückenzug A so geknackt wie vor fünf Monaten beim Einsturz des Brückenzuges C. Das heißt: Der Brückenzug könnte jederzeit einstürzen. „Wir haben hier also eine Gefahr-im-Verzug-Situation“, warnt Marx. „Die Brücke muss sofort abgerissen werden.“
Der Brücken-Experte schlägt dafür eine Variante vor, bei der die Pfeiler notgesichert werden und das Mittelteil mithilfe von Schiffen komplett herausgehoben wird. Über Pontons könnten diese dann ausgeschwommen werden. „Es bringt nichts, die Teile in die Elbe stürzen zu lassen. Wir haben gesehen, wie lange so etwas dauern kann.“ Nun müsse die Stadt schnellstens reagieren und mit den Planungen beginnen. „Dann könnte der Mittelteil noch im Frühsommer weg sein.“

Besonderer Belastungstest in Bad Schandau

Für die Elbbrücke in Bad Schandau, die seit 6. November wegen Einsturzgefahr komplett gesperrt ist, wird derzeit ein besonderer Belastungstest vorbereitet. Denn bis Mitte des Jahres soll es Klarheit zur Weiternutzung der Elbquerung geben. Dafür installiert das Expertenteam um Professor Marx wie an der Carolabrücke allerdings nicht nur Sensoren zur Erkennung von Spannstahlbrüchen sowie weitere umfangreiche Messsensorik. Voraussichtlich in der ersten Aprilhälfte wird die Bad Schandauer Brücker zusätzlich einem besonderen Belastungstest unterzogen. Durch ein unbemanntes und ferngesteuertes Schwerlastmodul soll nämlich die Tragfähigkeit der bestehenden Brücke mit wechselnden Lasten getestet werden. „Wir werden dabei die Last auf der Brücke kontinuierlich steigern“, erklärt Steffen Marx. Insgesamt scheint der Zustand der Brücke etwas besser zu sein als ihre Dresdner Schwester: Aktuelle Untersuchungen des verbauten Henningsdorfer Brückenstahls zeigen bisher Anzeichen einer nur geringen bis moderaten Schädigung. Für den Belastungstest nimmt das zuständige Sächsische Infrastrukturministerium 300.000 Euro in die Hand.
Ist die Brücke stabil genug, könnte sie für einen Teil des öffentlichen Verkehrs – sei es Fuß-, Rad- oder Autoverkehr – im Mai wieder geöffnet werden. „Die Arbeiten und Planungen für die Behelfsbrücke und den Neubau laufen selbstverständlich parallel weiter“, verspricht Ministerin Regina Kraushaar.

Radeberg: Stahlteile im Labor

Ebenfalls gesperrt ist seit Ende September die Bahnbrücke der Rathenaustraße in Radeberg. Auch hier lässt Prof. Dr. Marx gerade drei jeweils 40 Zentimeter lange Spannstücke aus Henningsdorfer Stahl im Labor untersuchen. Die Brücke ist genauso alt wie die Carolabrücke und bekam beim letzten Brücken-TÜV im Sommer 2024 die Note 3,5 (mangelhaft). Deshalb hatten die Experten nach dem Desaster in Dresden auch für die Radeberger Brücke Alarm beschlagen.





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