
Das ist ein Meilenstein für barrierefreie Kultur in der Sächsischen Schweiz: Die Festung Königstein legt als erstes Museum in der Bergregion einen Audioguide in Leichter Sprache und einen Videoguide in Deutscher Gebärdensprache (DGS) auf.
Beide Angebote wurden von der neuen Inklusionsbeauftragten der Festung Königstein, Julia Gesell, für Menschen mit Behinderung entwickelt. Die neuen Angebote starten mit der Woche der Inklusion vom 1. bis 10. Mai.
Leuchtturm für barrierefreie Kultur
Ein geräumiger Fahrstuhl bis aufs Plateau, barrierefreie Panoramawege, ein Tastmodell für Blinde und rollstuhlgerechte Ausstellungen sind auf der Festung Königstein längst selbstverständlich. Der Audioguide steht in elf Sprachen zur Verfügung, fünf davon als kostenfreier Download für das Handy. Kinder werden mit einem dreisprachigen Hörführer mit altersgerechten Inhalten durch die facettenreiche Geschichte der imposanten Wehranlage geführt. Julia Gesell gab jetzt den Impuls, das Angebot um barrierefreie Rundgangsführer zu erweitern. Entwickelt wurden sie in Zusammenarbeit mit dem Stadtverband der Gehörlosen Dresden, dem Büro für Leichte Sprache der Lebenshilfe Sachsen und Partneragenturen für barrierefreie Medienproduktion.
Verständlicher Audioguide in vier Sprachen
„Leichte Sprache unterliegt festen Regeln. Sie enthält ausschließlich kurze Sätze mit einfachen Wörtern“, erklärt Julia Gesell. „Fremdwörter und abstrakte Begriffe vermeidet sie. Hohe Zahlen und Jahreszahlen ersetzt sie durch Formulierungen wie ‚sehr viel‘ oder ‚vor langer Zeit‘“. Schwierige Begriffe und komplexe Sachverhalte würden zudem zusätzlich erklärt. Internationale Gäste profitieren ebenfalls: Den Audioguide in Leichter Sprache wird es auf der Festung auf Deutsch, Englisch, Tschechisch und Polnisch geben – ein Novum in einem deutschen Museum.
Warum braucht es Leichte Sprache?
Mehrere Millionen Menschen sind in Deutschland auf Leichte Sprache angewiesen. Dazu gehören Menschen mit geistiger Behinderung oder kognitiven Einschränkungen, mit einer Lese- und Rechtschreibschwäche, Lernschwierigkeiten oder geringer Sprachkompetenz wegen geringer Deutschkenntnisse. Neben Menschen im Rollstuhl, mit kognitiven Beeinträchtigungen oder einer Sehbehinderung widmet sich die Bergfestung beim Thema Barrierefreiheit aber auch noch einer weiteren Zielgruppe: den Gehörlosen und Schwerhörigen. Sie sind auf die Deutsche Gebärdensprache, also auf Informationen über Hand- und Mundbewegungen, Mimik und Körperhaltung, angewiesen. Etwa 200.000 Menschen nutzen die DGS in Deutschland. Für sie entwickelte die Festung einen Videoguide, bei dem ein Gebärdendolmetscher an zwölf Stationen Festungsgeschichte erklärt.
Wie funktioniert es?
Die Inhalte des Gebärdenführers und die Audiospuren in Leichter Sprache sind über eine progressive Web-App unter festung-koenigstein.orpheo.app kostenlos auf dem eigenen Smartphone bereits vor dem Festungsbesuch abrufbar. Ein App-Download ist dafür nicht notwendig. Die Hörführungen in Leichter Sprache gibt es zudem auf Ausleihgeräten vor Ort. Mittels Nummerierungen im Festungsgelände können die Inhalte jeweils auf eigene Faust und in eigenem Tempo abgespielt werden.
Entdeckertouren mit allen Sinnen
Am 3. und 4. Mai nimmt Julia Gesell Interessierte mit auf einen Festungsrundgang unter dem Motto „Eine Festung zum Anfassen – Entdeckungstour mit allen Sinnen“. Fühlen, Riechen und Hören stehen im Mittelpunkt dieser Führung in einfacher Sprache. Diese Sprachform ist der Leichten Sprache ähnlich, unterscheidet sich aber durch die Verwendung etwas längerer, dennoch einfacher Sätze, einer natürlicheren Ausdrucksweise und die Nutzung von Fachbegriffen, die jedoch erklärt werden. Die einfache Sprache richtet sich an Lernende einer Sprache oder Personen, die komplexe Inhalte schneller erfassen möchten.
Festung Königstein, Führung in einfacher Sprache, 3./4. Mai, jeweils 13 und 15 Uhr, Anmeldungen unter www.festung-koenigstein.de/tickets, Teilnahme im Festungseintritt inbegriffen
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