
Dieses Foto von der Pferdeklappe hat schon in vielen Whats App-Gruppen für Schmunzeln und so manchen lustigen Kommentar gesorgt und es könnte auch in der Rubrik „Schnappschuss der Woche“ dieser Zeitung stehen. Doch da gehört es nicht hin, denn es gibt einen ernsthaften Grund, warum es die Pferdeklappe gibt. Es geht darum, dass Dagmar Großer verhindern will, dass gesunde Pferde beim Schlachter und letztlich in der Wurst landen.
„Hätte ich das nur mal zeitiger gemacht“
Es war im Frühling letzten Jahres, als die Chefin des weithin bekannten Western-Inn an der B6 in Scharfenberg ihren Entschluss fasste: Jetzt ziehe ich das endlich durch mit der Pferdeklappe. Der Gedanke dazu war schon länger da, doch den letzten Ausschlag gab ein Erlebnis, das Dagmar Großer bis heute nicht loslässt. „Hätte ich die Pferdeklappe nur früher eingerichtet.“ Denn ihr gehen die beiden Pferde nicht aus dem Kopf, die beim Schlachter landeten, weil sich ihre Besitzer trennten und keiner die Tiere nehmen wollte. Der Schlachter freute sich und für das Fleisch gab’s letztlich noch Geld. Immer wenn sie am heute leeren Stall der beiden Tiere vorbeifährt, denkt sie: „Wir hätten sie vermitteln können, sie waren gesund und im besten Alter“.
Wenn ein Pferd zur Fundsache wird und einen Überlassungsvertrag braucht
Seitdem ist rund ein Jahr vergangen. Ihr Verein „Hilfe für Pferde in Not“ hat derzeit 18 Mitglieder, der Mitgliedsbeitrag liegt bei sieben Euro im Monat. Das Geld ist für Tierarztkosten eingeplant, denn sollte ein Pferd als Notfall über die Pferdeklappe auf ihrer Koppel landen, dann muss als erstes der Tierarzt ran. „Das Pferd müsste zuallererst in Quarantäne und auf seinen Gesundheitszustand untersucht werden“, erklärt Dagmar Großer. Und erst wenn alles geprüft ist und wenn alle behördlichen Fragen geklärt sind, dann kann es an neue Besitzer vermittelt werden. Denn ein Pferd, das anonym bei ihr landen würde, wäre nach geltendem Recht eine Fundsache, für die zunächst die Gemeinde zuständig ist und für die ein Überlassungsvertrag geschlossen werden muss. Deshalb hat Dagmar Großer an eins der beiden Pferdeklappen-Schilder am linkselbischen Radweg entlang der B6 auch einen Briefkasten angebracht. „Dort könnten die Besitzer gleich den Pferdepass einzuwerfen.“

Zugleich betont die Pferdeexpertin immer wieder: „Wir sind kein Gnadenhof für alte und kranke Pferde, die man hier abstellt, um sich die Entsorgungskosten zu sparen. Uns geht es wirklich darum, Tiere zu vermitteln, die aus irgendeinem Grund nicht mehr dort bleiben können, wo sie bisher lebten.“
Bestes Beispiel: Roopa und fünf weitere erfolgreiche Vermittlungen
Für den fünfjährigen Wallach Roopa kam die Eröffnung der Pferdeklappe im letzten Jahr zur richtigen Zeit. Kaum schrieben die ersten Medien darüber, klingelte bei Dagmar Großer das Handy. Am anderen Ende eine Frau, die mit sich und auch mit ihrem Pferd nicht mehr klar kam und Hilfe suchte. Und so kam Roopa, der damals einen anderen Namen hatte, als erstes Tier auf die separat eingerichtete Koppel am Elbradweg und wurde per Überlassungsvertrag offiziell an den Verein zur Weitervermittlung übergeben. Außerdem meldeten sich fünf weitere Pferdebesitzer, die ihr Tier aus den unterschiedlichsten Gründen abgeben wollten. „Weil wir zugleich über unsere Website und über Facebook auch Suchanfragen nach Pferden hatten, konnten wir beide Seiten miteinander in Kontakt bringen.“ Ob eine Vermitltung zustande kam? „Das haben wir leider nicht erfahren.“
Gewünscht, gekauft, gecheckt: Ein Pferd kostet Geld, viel Zeit und wird alt
Die Pferdeklappe in Scharfenberg ist die erste in Sachsen und nach Wissen der Western-Inn-Chefin die zweite in Deutschland. Die erste befindet sich im schleswig-holsteinischen Norderbrarup und bei deren Betreiberin hat sich Dagmar Großer ausführlich informiert, ehe sie mit ihrer Auffangstation startete. Denn zum einen geht es um die juristische Seite, zum anderen braucht es eben Geld und Platz für die Notaufnahme. Doch generell treibt die Pferdeliebhaberin eine weitere Sorge um: „Ein Pferd anzuschaffen sollte nicht aus einer Laune heraus geschehen oder weil die Kinder darum betteln. So ein Tier kann über 40 Jahre alt werden. Mit Futter, Arztkosten und Betreuung in einem Pensionsstall kommen locker 500 Euro pro Monat zusammen.“ Kommt es zu Problemen, weil plötzlich keiner mehr Zeit hat für das Tier, es zu teuer wird oder es Auffälligkeiten entwickelt, weil es vielleicht falsch behandelt wurde, dann “werden solche Pferde schnell zu Wanderpokalen, die von einem Halter zum nächsten weitergereicht werden und im schlimmsten Falle eben beim Schlachter landen“, so Dagmar Großer. „Dann lieber bei uns anrufen und die Pferdeklappe als Zwischenstation nutzen.“
Wer Mitglied im Verein „Für Pferde in Not“ werden will, kann sich melden unter info@western-inn.de
Pferde in Not: 0174 3256345 oder 0172 8371846
Spendenkonto für den Verein: DE 18 8505 5000 0500 0311 69
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