Wo man Teil der Sonnenuhr sein kann

Sternwarte Gönnsdorf
Sonnenuhr auf dem Boden, wo die Besucher selbst zum "Schattenstab" werden. Foto: Pönisch

An der Sternwarte Dresden-Gönnsdorf gibt es jetzt auch einen kleinen Astropark

Man stelle sich das nur einmal vor: Keine Armbanduhr dabei, kein Radio in der Nähe, der Akku im Handy auf Null und die bange Frage: Wie spät ist es eigentlich jetzt? Zumindest in Gönnsdorf findet man in solch einer Situation die (in etwa) richtige Antwort – vorausgesetzt es scheint die Sonne. Hier zu Füßen der kleinen Sternwarte gibt es nämlich eine Sonnenuhr. Nicht an der Wand, wie es einst üblich war, sondern im Erdboden eingelassen. Zwar fehlt der Schattenstab, dafür gibt es innerhalb der Sonnenuhr eine Markierung. Stellt man sich darauf, wirft man selbst Schatten und der zeigt an, was die Uhr geschlagen hat…

Die Sonnenuhr ist Teil des neuen Astroparks, der sich rund um die Sternwarte zieht. Gebaut mit Fördermitteln des Landes Sachsen, finden sich hier im Außenbereich auf der grünen Wiese jetzt zahlreiche Infotafeln mit allerlei Wissenswertem über das Weltall. Es gibt zwei gemütliche Sternenliegen zum Betrachten des Sternhimmels bei Nacht, außerdem eine Stele zur Erklärung des Sonnensystems, eine Tafel mit drehbarer Sternenkarte zur Ermittlung des aktuellen Himmelsbildes und es gibt einen „Polsucher“, ein Hilfsmittel zur Suche des Polarsterns im Norden. Das Prunkstück im neuen Astropark ist allerdings ein hölzerner Pavillon, der als grünes Klassenzimmer genutzt werden kann oder als Treff für entspannte Sternen-Gespräche.

Weil sich der Freistaat finanziell mit 260.000 Euro am Astropark und an der Sanierung der Sternwartenkuppel beteiligt hat und weil das alles auch mit Bildung zu tun hat, hatten zur Einweihung in der vergangenen Woche auch Sachsens Finanzministers Christian Piwarz, Dresdens Bildungsbürgermeister Jan Donhauser und der CDU-Fraktionsvorsitzende im Sächsischen Landtag Christian Hartmann den Weg zur Weißiger Landstraße in Gönnsdorf gefunden.
Eingeladen waren aber auch die Nachbarn rund um die Sternwarte, denn „wenn wir die Kuppel öffnen, dann wird es ziemlich leid und die Nachbarn leiden manchmal darunter“, wie es Renate Franz formuliert.


Von der Nutzung zum Leerstand zur Wiederbelebung

Renate Franz ist eine kleine, schlanke, energische und energiegeladene Frau. Dass die Sternwarte Gönnsdorf heute wieder eine Sternwarte und nicht nur eine leere Hülle mit Kuppel ist, dass ist zum Großteil auch ihr Verdienst. Als sie begann, sich für den Himmel über Gönnsdorf zu begeistern, wusste sie eigentlich „nicht viel mehr als dass es Sonne, Mond und Sterne im Universum gibt“. Das war 2004. Heute ist Renate Franz fast schon Expertin in Sachen Himmelskörper, Asteoridengürtel, Milchstraße und Sternenentstehung, aber auch Expertin darin, andere Menschen für das Projekt zu begeistern, Firmen ins Boot zu holen und Geld aufzutreiben. Denn vor 21 Jahr sah es hier auf dem Turmberg, 318 Meter ü.NN, ziemlich traurig aus. Die 1976 eingeweihte Sternwarte diente Experten der TU Dresden bis 1996 zur wissenschaftlichen Astrofotografie. Danach war die Lichtverschmutzung über Dresden wegen zunehmender Nachtbeleuchtung so stark geworden, dass die Sternengucker der TU ihre Forschungen dort einstellten. Zurück blieb eine leere, entkernte Hülle, die zwar aussah wie eine Sternwarte, aber weder Geräte, noch Schalter oder einen Motor zum Bewegen der Kuppel hatte.

Engagement trifft auf Enthusiasten und willige Firmen

Zum Glück fanden sich 2004 nach einem Aufruf im Hochlandkurier 13 Enthusiasten, die davon überzeugt waren, dass aus der Hülle wieder etwas werden könnte. Der Gründung der „IG Sternwarte Gönnsdorf“ folgten zwei Jahre intensivsten Bauens, ehe das kleine Gebäude auf dem Turmberg im Januar 2011 endlich wieder in Betrieb gehen konnte. „Das alles war nur möglich, weil uns unglaublich viele Firmen aus dem Hochland und aus der Umgebung, aber auch der Ortsvorstand unterstützt haben“, sagt Renate Franz.
2018 wurde aus der einstigen „IG“ ein gemeinnütziger Verein, Frau Franz von der IG-Chefin zur Vereinsvorsitzenden. Die heute Mittachtzigerin sprüht noch immer vor Energie, hat noch immer neue Ideen im Kopf und zum Glück noch immer zahlreiche Ehrenamtler an ihrer Seite, die sich nicht nur in Astronomie auskennen, sondern dieses Wissen auch an die nächsten Generationen weitergeben. So gibt es eine Schüler Astro AG, eine AG Astrofotografie sowie viele Veranstaltungen für interessierte Erwachsene und Kinder. Hier können Kindergeburtstage und Familienfeste gefeiert werden, natürlich gern auch mit einem Blick ins Universum und wer es ausprobieren möchte, kann sich als „Schattenstab“ in der Sonnenuhr nützlich machen.