Am 1. Mai 1948 startete die 1. Internationale Friedensfahrt zwischen Warschau und Prag. Ab 1952 führte die Tour auch durch die DDR. 1963 fuhr Klaus Ampler in Dresden einen Etappensieg ein und gewann die Tour.
Die Not war groß und die schlechten Straßen noch die kleinste Sorge. Der Krieg war erst drei Jahre her, als am 1. Mai 1948 ein Radrennen startete, das die Hoffnung im Namen trug: Friedensfahrt.
Einer der Initiatoren erinnerte sich in seinem Tagebuch: „7.000 Kalorien pro Tag brauchen die Fahrer! Ich habe nachgerechnet: Das sind acht Kilo Kartoffeln – das Einzige, was wir vielleicht auftreiben können.“ Aber er fragte sich: „Wer kann acht Kilo Kartoffeln verdrücken?“ Doch rechtzeitig vor dem Start waren Zucker, Butter, Schweineschmalz, Äpfel, Eier und 50 Kilo Schokolade für die 118 Starter besorgt.
Als die Friedensfahrer erstmals durch Dresden rollten
Bei der 3. Auflage 1952 führte der „Course de la Paix“ erstmals durch die DDR. Görlitz war erster Zielort, Dresden wurde auf der 9. Etappe von Karl-Marx-Stadt nach Bad Schandau nur durchfahren.
Dafür bereiteten die Dresdner den Friedensfahrern am 7. Mai 1955 einen begeisternden Empfang. Mehr als 60.000 Zuschauer erwarteten die Sportler im Heinz-Steyer-Stadion. „Die fünfte Etappe von Karlovy Vary führte über 175 km und zahlreiche Berge, die durch böigen Wind und Regenschauer außerordentlich viel Kraft forderten“, berichtete die Sächsische Zeitung – und schilderte den spannenden Verlauf minutiös: „Die Spitzengruppe erreicht 16.34 Uhr Dippoldiswalde. In ihr befindet sich Gustav Adolf Schur … 16.49 Uhr fährt die Spitze durch Possendorf. Schur und Reinecke sind mit drin. 17.05 Uhr erreichen die ersten die Stadtgrenze Dresdens. 18 Fahrer biegen in den Dr.-Külz-Ring ein.“ Täve stürzte jedoch kurz vorm Ziel, den Sieg holte sich der Belgier Joseph Verhelst.
Hurra, hurra, hurra. Sie kommen, sie sind da
1960 war die Friedensfahrt erneut in Dresden zu Gast. Die Fans erlebten einen Etappensieg für die DDR und wieder war die SZ live dabei: „16.10 Uhr: Ein Flugzeug kreist über dem Stadion, an Fallschirmen befestigte drei Fahnen der beteiligten Länder senken sich langsam zur Erde. Böllerschüsse lassen die Luft erzittern. 16.20 Uhr: Der die Fahrer begleitende Hubschrauber wird in der Ferne sichtbar, kommt näher und näher. Mit ihm die Fahrer, die nun mit letzter Kraft durch Dresdens Straßen eilen. Endlich: 16.25 Uhr, ein Schrei aus fünfzigtausend Kehlen: Hurra; hurra, hurra … Sie sind da, an der Spitze des Pulks jagt Manfred Weißleder über die Aschenbahn, reißt die Arme hoch, der Zielstreifen ist passiert.“
Höhepunkt vor 50 Jahren: Zielankunft Dresden
Ein besonderer Höhepunkt war die Zielankunft am 22. Mai 1963. Diesmal war jeder Fahrer für sich allein unterwegs beim Einzelzeitfahren von Bautzen nach Dresden. 57 Kilometer im Kampf gegen die Uhr. „Was für ein Tag im Dresdner Heinz-Steyer-Stadion! Ein richtiger Friedensfahrttag mit blauem Himmel, herrlichem Sonnenschein und einer Zuschauerkulisse, zu der man nur sagen kann: prächtig!“, schrieb die SZ und berichtete vom Vorprogramm, bei dem der Schlachtruf geübt wurde: „Elbflorenz – hei, hei, hei!“
Doch die ersten beiden Fahrer, die auf die Aschenbahn einbogen, gehörten nicht zum Peloton. Es waren die Kabarettisten Heinz Quermann und Eberhard Cohrs
Auf der Anzeigetafel stand an jenem 22. Mai vor 50 Jahren lange Gennady Lebedev aus der Sowjetunion mit der Bestzeit, zwischenzeitlich Täve Schur. Aber dann kam Klaus Ampler und setzte mit 1:18:39 Stunden den Maßstab. Mit seinem bereits dritten Etappensieg auf der 16. Internationalen Friedensfahrt, die er am Ende gewann. Seinem Sohn Uwe gelang später das einmalige Kunststück, das prominenteste und schwerste Radrennen für Amateure von 1987 bis 1989 dreimal in Folge zu gewinnen. Bei den Ankünften in Dresden lag er allerdings nie vorn, stattdessen gab es 1989 einen Doppelsieg für die DDR durch Uwe Raab und Olaf Ludwig.
Ampler junior war ein Spezialist für steile Anstiege. Einen solchen gab es 1971. Erst ein Zeitfahren über 33 Kilometer von Bischofswerda nach Dresden, anschließend ein Berg-Zeitfahren vor 40.000 Zuschauern an der Grundstraße: auf drei Kilometern ein Höhenunterschied von 103 Metern. In 5:19 Minuten war der UdSSR-Fahrer Anatoli Starkow am schnellsten oben.
Bis 2006 rollten die Fahrer im Zeichen der Friedenstaube, sind auch noch einige Male in Dresden zu Gast. Mit der 58. Auflage ist jedoch Schluss. Was bleibt, ist der Mythos Friedensfahrt. Sven Geisler
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