Altan im Schloss Dresden: „Arbeiten wie im 16. Jahrhundert“

Gisa Weidensdorfer gehört zur siebenköpfigen Künstlergruppe, die den Altan im Schlosshof Dresden gestalten. Foto: Pönisch

Im Schlosshof im Residenzschloss Dresden steht der Altan, ein riesiger Balkon mit farben-
froher Bemalung. Er gilt heute als eine der bedeutendsten Renaissanceplastiken nördlich der Alpen und soll Anfang 2024 wieder in alter Pracht strahlen.

Diesen Altan mit dieser bildgewaltigen Farbenpracht, die jedem Besucher die Sprache verschlägt, sobald er den Schlosshof betritt – genauso wollte es Kurfürst Moritz von Sachsen haben. 1549 hatte er Italien bereist, prächtige Bauten mit prächtiger Malerei gesehen und sich wie so viele andere Herrscher Europas in die italienische Renaissance verliebt. Weil das Residenzschloss zwischen 1547 und 1556 ohnehin umgebaut wurde, war die Gelegenheit also günstig, hier etwas Großes und Modernes schaffen zu lassen. Das Schloss sollte nichts weniger werden als die modernste Residenz nördlich der Alpen.


Was den Altan so einzigartig macht

Es waren die Brüder Gabriel und Benedict da Tola aus Brescia, die die Wand der viergeschossigen, 19 Meter breiten und 16 Meter hohen Loggia (Altan) an der Rückseite des Hausmannsturms mit Szenen aus der biblischen Geschichte verzierten. Bis zu 5,70 Meter hoch sind die einzelnen Fresken, sie heißen „Die Königin von Saba besucht König Salomo in Jerusalem“, „Die Heiligen drei Könige, die den Heiland anbeten“ und „Saulus, der zum Paulus bekehrt wird“. Sie nutzten dafür Erdfarben wie Ocker, Grün und Rottöne, blaues Glaspulver, Holzkohle für Schwarz, Kalk für Weiß. Und sie wendeten die sogenannte Frisch-in-Frisch-Technik an, indem sie auf frisch aufgetragenem Putz malten.


Zerstörung, Forschung und Wiederaufbau

Die Pracht von Schloss und Schlosshof währte nur bis 1701. Ein Brand zerstörte Fresken und auch Sgraffiti (Putzkratzbilder mit schwarzer Kalkfarbe auf weißem Grund), die unter anderem aus dem Alten Testament erzählen. Ein Teil des Innenhofschmucks wurde Ende des 19. Jahrhunderts einfach übermalt und das Wenige, was übrig blieb, vernichteten 1945 die Bomben über Dresden.

Zum Glück war nicht alles verloren. Matthias Zahn, Dresdner Bauforscher und Restaurator, wertete viele Jahre lang alte Modelle des Schlosses aus, studierte historische Stiche und Ölgemälde aus dem 17. Jahrhundert. Im Kupferstichkabinett fand er einige Skizzen der Gebrüder Tola für den Altan und dann gibt es noch ein Foto des Dresdner Fotografen Hermann Krone aus dem Jahr 1865. Mit seinem siebenköpfigen Restauratorenteam besuchte er Villen, Kirchen und Paläste in Italien, um die Fresken des 16. Jahrhunderts zu studieren und herauszufinden, in welchem Stil die Tola-Brüder malten. Man habe lernen müssen, „zu arbeiten wie die Künstler im 16. Jahrhundert“, sagt der Bauforscher schon 2020, als das erste Fresko (Begegnung von Saba und Salomo) fertiggestellt war. Viel Wert legt er deshalb auf die Anmerkung, dass es sich bei der Altan-Malerei heute um das Nachempfinden der Malerei der Tola-Brüder handelt, nicht um die Restauration des Kunstwerks.

Bevor die Kunstmaler im Mai 2020 erstmals Hand an die Gemäuer des 2010 wiederaufgebauten Altans legen konnten, zeichneten sie alle Motive erst im Maßstab 1:10 und später 1:1 auf Karton. Ehe die farbige Malerei beginnt, werden die Umrisse der Darstellungen mit Hilfe der originalgetreuen Kartonvorlagen auf den feuchten Putz gepaust und anschließend mit Naturfarben ausgemalt.
Zurzeit arbeiten die Kunstmaler am dritten und letzten Bild, der Wandlung des Saulus zum Paulus. Bis Anfang 2024 soll es fertig sein. Dann werden allein in den Großen Schlosshof 13 Millionen Euro geflossen sein. In den Wiederaufbau des Schlosses insgesamt steckten Bund und Freistaat bisher 390 Millionen.

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