Das 1755 gebaute Blockhaus am Neustädter Brückenkopf der Augustusbrücke zeigt sich außen barock und innen sehr futuristisch. Am 5. Mai wird hier das Archiv der Avantgarden (ADA) eröffnet.
Das Haus ist magisch. Sein Äußeres ist eine völlige Täuschung dessen, was Besucher im Inneren erwartet. Es war Wachgebäude, Wohnsitz der Gouverneure von Dresden, gehörte zum Wehrkreiskommando der Reichswehr, wurde zerstört, stand 30 Jahre mahnend als Ruine am Elbufer, wurde aufgebaut und zum Haus der Deutsch-Sowjetischen Freundschaft und 2013 vom Elbehochwasser schwer beschädigt. Das Haus atmet mit jedem Stein Dresdner Geschichte. Doch wer es heute betritt, macht einen Zeitsprung Richtung Zukunft. Denn innen zeigt sich das Blockhaus komplett entkernt und im puren Beton-Charme. An der Decke hängt ein mächtiger, frei über der Ausstellungsebene schwebender Kubus und das nächste, was direkt ins Auge sticht, ist die geschwungene Wendeltreppe. Sie führt auf eine Forschungsplattform in der oberen Ebene und spätestens jetzt ist klar: Hinter der barocken Fassade verbirgt sich Einzigartiges.
Das ADA: Ein Haus, das weltweit einzigartig ist
Am 5. Mai beginnt für das Blockhaus nun also ein neues Kapitel. Das denkmalgeschützte Haus ist jetzt ein „Archiv der Avantgarden“, ist Museum und zugleich Forschungseinrichtung. Es beherbergt die 1,7 Millionen Objekte, die der Kunstsammler Egidio Marzona 2016 und 2018 den Staatlichen Kunstsammlungen Dresden schenkte. Es sind Kunstwerke, Objekte und Dokumente aus den unterschiedlichsten Strömungen der Avantgarden des 20. Jahrhunderts, die seit den späten 1960er Jahren vom Galeristen, Sammler und Verleger Marzona zusammengetragen wurden. Dazu gehören nicht nur Gemälde. Zeichnungen, Grafiken, Möbel und Designobjekte, sondern auch Einladungskarten, Poster, Kataloge und Briefe. Für diese sogenannten Ephemera begann sich Marzona zu begeistern, als sich nur sehr wenige andere Sammler für solches „Beiwerk“ interessierte.
Diese weltweit einzigartige Sammlung findet ihr Zuhause nun im futuristischen Kubus. Aus dieser Sammlung heraus entstehen künftig die Sonderausstellungen, die im Erdgeschoss präsentiert werden. Die erste Ausstellung „Archiv der Träume. Ein surrealistischer Impuls“ mit rund 300 Kunstwerken, Dokumenten und Publikationen widmet sich 100 Jahre nach der Veröffentlichung des surrealistischen Manifests von André Breton ganz den Surrealisten sowie deren Ausstrahlung in andere Avantgarde-Bewegungen wie Dada, Cobra, Fluxus und Pop-Art.
Auf der Forschungsplattform ist ein Ort für jährlich wechselnde Präsentationen entstanden. Hier befindet sich ein kuratierter Freihandapparat aus der umfassenden Bibliothek Egidio Marzonas, der sich am Thema der Sonderausstellungen orientiert. Zudem gibt es Arbeitsplätze, die für Recherchearbeiten online reserviert werden können. In die Regalsysteme eingebaute Vitrinen präsentieren Objekte, die das Spektrum des Sammlungsbestands vorstellen. Auf der Plattform befinden sich weitere Sitzgelegenheiten für Lesestunden und Gesprächsrunden.
Parallel zur Eröffnung des ADA startet das Onlineportal mit Zeitzeugengesprächen. Es heißt „Wir sind Avantgarde“. Die seit 2020 aufgezeichneten Filme dokumentieren Gespräche mit Egidio Marzona und anderen Zeitzeugen über Praxis und Motivation des Sammelns sowie über Hintergründe und Vorgeschichte des ADA – angefangen von der Vision für das Haus über Aufbau, Entwicklung, historischem Kontext bis hin zu Provenienz (Herkunftsforschung).
Dann gibt es im ADA noch zwei gläserne Vorlageräume, in denen Interessierte am Original arbeiten und recherchieren können. Die Einsicht in die Bestände des ADA-Archivs ist online über das Recherchemodul sowie über die Online Collection der SKD möglich. Rund die Hälfte aller Objekte ist derzeit schon online archiviert.
Was wird das ADA bringen? Welche Bedeutung hat es für Dresden?
Marion Ackermann, Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen Dresden, hofft vor allem eins: „Das einzigartige Museum wird Menschen aus der ganzen Welt anziehen. An diesem Ort des Ausstellens, des Forschens, des Nachdenkens und des Dialoges können die ungeklärten Fragen der globalen Avantgarden aufgerufen werden.“
Geöffnet ab 5. Mai 2024 immer Dienstag bis Freitag 15 bis 21 Uhr, Samstag und Sonntag 11 bis 19 Uhr, Eintritt 5€/erm. 4€, Infos auf www.archiv-der-avantgarden.skd.museum
Vom 4. Mai ab 16.30 Uhr bis 12. Mai ist das ADA eintrittsfrei
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