Die Einen lieben Fußball oder schnelle Motorräder. Josue Perelli liebt Sauerteig. Sein eigener hat einen Namen und erhält sehr viel Zuneigung.
Mit Gigi ist das so eine Sache. Er ist ein ganz Sensibler. Er will sich wohlfühlen, egal wo er ist. Und das heißt: Er möchte jeden Morgen um acht Uhr gefüttert werden und wenn er in seiner „Box“ ruht, dann sollte es darin bitte 17 Grad kühl sein. Es sei denn, Gigi muss arbeiten, dann sind 28 Grad opimal. Und einmal in der Woche will Gigi geduscht werden, wobei die Wassertemperatur bei 22 Grad liegen muss (außer es ist sehr heiß im Sommer, da dürfen es auch mal 19 Grad sein) und sein Duschwasser je Liter mit einem Gramm Zucker verfeinert ist.
Gigi ist eben nicht Irgendwer. Gigi ist ein Sauerteig italienischen Ursprungs, angesetzt vor 100 Jahren!
Dass es ihm immer noch gut geht und er auch wirklich frisch aussieht, das verdankt er seinem Besitzer Josue Perelli. Oder sollte man besser „Betreuer“ sagen? Perelli jedenfalls hegt und pflegt dieses Sauerteigstück seit genau 15 Jahren und vier Tagen.
Wie Gigi zu Josue kam
Josue Perelli ist im wunderschönen Milano groß geworden. Als er in der Ausbildung zum Koch war und auch mit Backen zu tun hatte, stellte sich eine Backmehlallergie heraus. Die einzige Alternative zum Weitermachen in diesem Beruf hieß Sauerteig. „Mein Lehrmeister schenkte mir einen Teil seines Sauerteiges, den sein Großvater um 1914 angesetzt hatte“, erinnert sich der junge Koch.
Das ist nun 15 Jahre her und seither sind Josue und Gigi quasi unzertrennlich. Nicht nur, dass der kleine helle Teigklumpen einen eigenen Instagram-Account hat (gigivonzwickau), er ist auch überall dort, wo Josue ist. Selbst im Urlaub! Dafür schaut Perelli beim Buchen der Unterkunft weniger darauf, ob sich ein schöner Ausblick auf Meer oder Berge bietet als vielmehr danach, ob im Zimmer ein Kühlschrank steht. „Nur meinen Gärautomat (die „Box“) muss ich zu Hause lassen, da macht meine Freundin nicht mit“, lacht er. Und als wäre das nicht genug, ist Gigi auch noch als Tattoo auf dem Unterarm seines Ernährers verewigt. Was man aus Liebe eben so macht …
Mal was anderes füttern
Was zugegeben alles etwas skurril klingt, hat viel mit Backkunst und dem Wissen um Getreide, Mehl und dessen Backeigenschaften, mit Gärung und Hefen zu tun. Das kann Dirk Willkomm bestätigen. Der ist nicht nur Geschäftsführer der Dresdener Mühlen GmbH, sondern auch Bäckermeister und Lebensmitteltechniker. „Sauerteig verwenden Bäcker zum besseren Vorquellen des Mehls“, erklärt er. „Ein mit Sauerteig gebackenes Brot, aber auch anderes Gebäck wie Stollen und Panettone, bleibt länger frisch, hat ein intensiveres Aroma und ist sehr bekömmlich.“ Hierzulande wird Sauerteig zwar überwiegend aus Roggen hergestellt, aber auch Weizen, Dinkel und Durum eignen sich dafür. Und weil in der Dresdener Mühle täglich 600 Tonnen Getreide zu 50 bis 60 feinsten Mehlsorten und Mehlmischungen verarbeitet werden, denkt Dirk Willkomm, dass Gigi auch sehr gut mit regionalem Mehl (Tipo 00 Superiore) gefüttert werden könnte. Denn jedes Mal, wenn ein Teil des Sauerteiges zum Backen verwendet wird, muss der Rest des Ansatzes mit Mehl und Wasser aufgefüllt (gefüttert) werden. „Bisher bekam Gigi nur italienisches Mehl“, gibt Josue Perelli zu.
Seinen Namen verdankt der kleine Sauerteigklumpen übrigens jener Zeit, als Josue in Malaga lebte und fast täglich in der örtlichen Disco zur Musik von Gigi D’Agostino tanzte. Das „Zwickau“ im Insta-Account erinnert an die langjährige Arbeit des Kochs im dortigen „Gasthaus 1470“. C. Pönisch
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