Nicht länger warten: Handwerkskammer-Präsident Jörg Dittrich fordert ein langfristiges Konzept für ein Wirtschaftsleben mit Corona.
Die Anzahl der ostsächsischen Handwerksbetriebe, die mit wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise kämpfen, ist höher als bisher angenommen. Eine Anfang Januar durchgeführte Online-Umfrage der Handwerkskammer Dresden ergab, dass zwei Drittel aller Handwerksbetriebe im Kammerbezirk Dresden bereits direkt von der Krise betroffen sind. Dies bezieht sich nicht nur auf das eigentliche Erkranken von Unternehmern und Mitarbeitern (27 Prozent), sondern auch auf erforderliche Quarantänen und Freistellungen (73 Prozent). Insgesamt 92 Prozent der befragten Betriebe ringen mit den wirtschaftlichen Auswirkungen: Jeweils ein Fünftel der Betriebe beklagt Umsatzrückgänge und Kosten für erforderliche Hygienemaßnahmen. Zudem zählen fehlendes Personal durch Kinderbetreuung, Quarantäne oder Grenzschließungen (17 Prozent), sowie Auftragsstornierungen (14 Prozent) und Materialengpässe (zwölf Prozent) zu den direkten Wirtschaftsfolgen. Sieben Prozent der Betriebe mussten wegen behördlicher Anordnung ganz schließen.
Wirtschaftshilfen und langfristiges Konzept
Jörg Dittrich, Präsident der Handwerkskammer Dresden, fordert daher: „Diese Zahlen zeigen deutlich: Das ostsächsische Handwerk kann nicht warten, bis wir irgendwann die Herdenimmunität erreicht haben. Viele Betriebe haben in Folge der Pandemie ganz reale Existenzsorgen. Der Dreiklang aus Testung, Nachverfolgung und Impfung muss funktionieren, aber zugleich braucht es jetzt ein langfristiges Konzept für ein Wirtschaftsleben mit Corona.“
Über 9.000 Anrufe von Mitgliedsbetrieben gingen seit Pandemie-Beginn über die Corona-Hotline der Handwerkskammer Dresden ein. Zentrale Anliegen derzeit sind die Antragstellung für die staatlichen Finanzhilfen bzw. deren Auszahlung, die den Betrieben bereits vor Wochen versprochen wurde. „Das alles ist das Gegenteil von unbürokratischer, schneller Hilfe“, moniert Dittrich. Daher habe die Handwerkskammer Dresden inzwischen sogar Amtshilfe angeboten, die Anträge und Auszahlung für ihre Mitgliedsbetriebe abzuwickeln, um ein Firmensterben in Ostsachsen abzuwenden.
Covid-19-Impfung
Die Umfrageergebnisse haben gezeigt, dass die Betriebe allein durch den Beginn der Covid-19-Impfung keine unverzüglichen wirtschaftlichen Verbesserungen erwarten. Vielmehr gehen sie von einem mittel- bis langfristigen Prozess aus. Alarmierend ist, dass beinahe jeder dritte Betriebsinhaber mit Blick in die Zukunft Steuererhöhungen befürchtet, um die ungeplanten Mehrausgaben des Staates auszugleichen.
„Zu der Diskussion auf Bundes- und Landesebene, wer letztendlich die Corona-Quittung zahlt, möchten wir uns schon heute klar positionieren: Es kann keine Option sein, dass der Mittelstand durch erhöhte Steuer- und Sozialabgaben die Corona-Schulden auffängt. Vor allem in Anbetracht dessen, dass die Steuer- und Sozialkassen bereits leergeräumt wurden. Dafür braucht es andere Wege“, macht Andreas Brzezinski, Hauptgeschäftsführer der Handwerkskammer Dresden, deutlich. Die Handwerkskammer Dresden fordert zudem eine Stundung der Steuer- und Sozialbeiträge analog dem Vorjahr.
Die Impfbereitschaft unter den befragten Geschäftsinhabern ist aktuell eher gering. Sie liegt im Durchschnitt bei neun Prozent. Die Unternehmen gaben an, trotz des Impfbeginns weitere Umsatzrückgänge zu erwarten. Gründe dafür sehen sie in Haushaltssperren, geringeren Auftragsvolumina der öffentlichen Hand, der Verschiebung von Aufträgen oder der rückläufigen Kaufkraft der Gesellschaft aufgrund der zunehmenden Arbeitslosigkeit. Unternehmer gaben zudem auch an, dass es bei Baugenehmigungsverfahren aktuell zu erheblichen zeitlichen Verzögerungen kommt.
„Um diesem Trend entgegenzuwirken, fordern wir erneut die Aufhebung der Haushaltssperren in sächsischen Kommunen. Dies ist ein wichtiger Schritt, um die Auftragslage der Betriebe künftig wieder zu stabilisieren“, so Präsident Dittrich. Ferner sieht er Politik und Wissenschaft in der Pflicht, der Bevölkerung die Zweifel bezüglich der Covid-19-Impfung zu nehmen: „Dies ist aus unserer Sicht nur durch eine intensive Aufklärungsarbeit zu den verschiedenen Impfangeboten möglich. Ebenfalls würde ein reibungsloser Ablauf des Impfgeschehens im Freistaat sicher das Vertrauen in die landesweite Impfung stärken. Es muss ein gesellschaftlicher Konsens geschaffen werden.“
Eine klare Absage erteilten die befragten Unternehmen einem möglichen Impfnachweis, z. B. für die Nutzung bestimmter Dienstleistungen.
Betriebliche Corona-Schutzmaßnahmen
Die Betriebe sind gewerkeübergreifend bestrebt, das Infektionsrisiko zu minimieren. Mit einem Anteil von 93 Prozent gab die große Mehrheit der Betriebe an, Ansteckungsrisiken durch hygienewirksame Maßnahmen zu reduzieren. Dazu zählen die Einhaltung von Abstands- und Hygieneregeln, das regelmäßige Lüften der Betriebs- und Arbeitsräume sowie beispielsweise das Tragen eines Mund- und Nasenschutzes am Arbeitsplatz und beim Kunden. Ferner setzen die Betriebe weitere Maßnahmen zum Infektionsschutz um, wie z. B. den Ausbau von Homeoffice-Strukturen oder die Arbeit in Schichten.
„Die Ergebnisse unserer Umfrage zeigen in aller Deutlichkeit, dass das Handwerk in Ostsachsen seinen Beitrag zur Eindämmung der Pandemie leistet und umfangreiche Schutzmaßnahmen ergriffen hat“, betont Andreas Brzezinski.
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