Jobs in der Kinderbetreuung machen oft krank    

Jobs in der Kinderbetreuung machen oft krank    
Erzieherinnen und Erzieher arbeiten oft an der Belastungsgrenze - das zeigte sich besonders während der Corona-Pandemie. // Foto: Unsplash

Beschäftigte aus Sachsen, die in der Kindererziehung und -betreuung arbeiten, sind deutlich öfter krankgeschrieben, als der Durchschnitt aller Beschäftigten im Freistaat. Das zeigt der Berufsatlas im aktuellen Gesundheitsreport der BARMER.

Der Gesundheitsreport bildet das Krankheitsgeschehen in 26 Berufsgruppen im Jahr 2020 ab. Demnach waren sächsische Erzieherinnen in Kitas, Vorschulen und Horten sowie Tagesmütter und Heimerzieher im Durchschnitt 30,8 Tage arbeitsunfähig zuhause.

Über alle Berufe hinweg zählte die BARMER in Sachsen nur rund 20 Arbeitsunfähigkeitstage unter sächsischen Beschäftigten. „Pädagogische Fachkräfte erfüllen mit ihrer Arbeit sehr wichtige gesamtgesellschaftliche Aufgaben. Deshalb muss hier genau hingeschaut werden, aus welchen Gründen diese Berufsgruppen länger krankgeschrieben sind als Beschäftigte anderer Berufe“, sagt Dr. Fabian Magerl, Landesgeschäftsführer der BARMER in Sachsen.

Die Arbeitgeber in den Einrichtungen zur Kindererziehung und -betreuung müssten ihre Anstrengungen beim betrieblichen Gesundheitsmanagement intensivieren, denn Beschäftigte in diesen Berufsgruppen seien gesundheitlich stärker belastet als in anderen Berufen. Uschi Kruse, Landesvorsitzende der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW), ergänzt: „Die Ergebnisse sind insgesamt besorgniserregend. Sie sind vor allem aber auch deshalb alarmierend, da die weit überwiegende Mehrheit der pädagogischen Fachkräfte in sächsischen Kitas und Horten lediglich teilzeitbeschäftigt ist. Aus unserer Sicht ist es dringend erforderlich, die Rahmenbedingungen für die Arbeit von Erzieherinnen und Erziehern zu verbessern.“

Deutlich höherer Krankenstand als in anderen Berufen

Laut Berufsatlas lag der Krankenstand unter den Beschäftigten in den Berufen der Kinderbetreuung und -erziehung in Sachsen bei 8,4 Prozent. Das bedeutet, dass an einem durchschnittlichen Kalendertag von 1.000 Beschäftigten dieser Berufsgruppe 84 krankgemeldet waren.

Im Durchschnitt aller Berufe betrug der Krankenstand landesweit nur 5,4 Prozent. „Wer in der Kindererziehung und -betreuung arbeitet, leistet einen unverzichtbaren Beitrag für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf in unserer Gesellschaft. Die Gesundheitsförderung dieser Berufsgruppe muss unbedingt stärker in den Fokus gerückt werden“, sagt Dr. Magerl. Knapp 47.000 Menschen in Sachsen seien im Jahr 2020 in Berufen der Kinderbetreuung und -erziehung sozialversicherungspflichtig beschäftigt gewesen.

Psychische Leiden dominieren bei den Krankschreibungen

Der häufigste Grund für Krankschreibungen bei den sächsischen Beschäftigten in der Kinderbetreuung und -erziehung waren psychische Erkrankungen wie Depressionen. Sie verursachten bei jedem von ihnen durchschnittlich 6,3 Arbeitsunfähigkeitstage. Der Landesdurchschnitt über alle Berufe hinweg lag laut BARMER-Erhebung bei rund 3,6 Krankheitstagen „Die Arbeit mit Kindern ist sehr fordernd und bringt eine hohe Verantwortung mit sich. Seit Ausbruch der Corona-Pandemie dürften die Belastungen unter anderem durch die Umsetzung von Hygienekonzepten und Notbetreuungen weiter gestiegen sein“, erläutert Dr. Magerl. Die veränderten Rahmenbedingungen seien sowohl für Erzieherinnen und Erzieher, natürlich auch für die Eltern herausfordernd gewesen. „Die Auswirkungen der letzten Monate können wir mit unseren Daten noch nicht erfassen, da sich psychische Erkrankungen meist schleichend entwickeln“, so der BARMER Landeschef. Zu erwarten sei hier jedoch ein Anstieg. Auch vor diesem Hintergrund seien die aktuell ermittelten Zahlen alarmierend.

Zweithäufigster Grund für Krankschreibungen bei sächsischen Beschäftigten in der Kinderbetreuung und -erziehung seien Erkrankungen des Muskel-Skelett-Systems gewesen, in den meisten Fällen Rückenschmerzen. Sie verursachten bei ihnen im Durchschnitt 6,2 Arbeitsunfähigkeitstage. Im Landesdurchschnitt aller sächsischen Erwerbspersonen seien hingegen derartige Erkrankungen für nur 4,1 Ausfalltage verantwortlich gewesen. Auch Atemwegserkrankungen wie Erkältungsschnupfen oder Husten sorgten mit durchschnittlich 6,1 Arbeitsunfähigkeitstagen für mehr Betroffene in diesen Berufsgruppen als im Landesdurchschnitt aller Erwerbspersonen. Hier seien berufsübergreifend rund 3 Tage von Arbeitsunfähigkeit erfasst. Zu den Atemwegserkrankungen gehören auch Covid-19-Diagnosen, die rechnerisch bei jedem Beschäftigten in der Kinderbetreuung und -erziehung aus Sachsen zu 0,2 Arbeitsunfähigkeitstagen führten.

Betriebliche Gesundheitsförderung als Win-Win-Situation

Der hohe Anteil an Krankschreibungen aufgrund von Depressionen und Rückenschmerzen sei besorgniserregend. Ziel sollte sein, die Belastungen für Beschäftigte in der Kindererziehung und -betreuung am Arbeitsplatz zu reduzieren. Wünschenswert wäre auch, dass sich Rahmenbedingungen für diese Berufsgruppe verbessern. Nach Ansicht der BARMER könnten Arbeitgeber einiges dazu beitragen, um die psychische und physische Gesundheit von Beschäftigten zu stärken. „Wir können an der aktuellen Lage und den speziellen Belastungen derzeit leider nicht viel ändern. Deshalb ist es umso wichtiger, sich um das Wohlbefinden von Beschäftigten zu sorgen und gesundheitsfördernde Angebote am Arbeitsplatz einzuführen“, erklärt Dr. Magerl. Dadurch würde für Arbeitgeber und Arbeitnehmer eine Win-Win-Situation entstehen. Gute Arbeitsbedingungen und Lebensqualität am Arbeitsplatz stärke sowohl die Gesundheit und Motivation der Mitarbeitenden als auch deren Produktivität. Letztlich sei aber auch jede und jeder Einzelne gefragt, selbst etwas für seine physische und psychische Gesundheit zu tun. 

Mit ihren Experten für Betriebliches Gesundheitsmanagement (BGM) unterstütze die BARMER Unternehmen bei der Einführung und Umsetzung eines passgenauen Gesundheitsangebots, bei dem auch digitale Angebote zum Einsatz kämen, die zeitlich unabhängig durchführbar sind.

Die Gesundheitsreporte aus den vergangenen zwei Jahren können Sie hier nachlesen: 2020 / 2021.

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