Gelungene Premiere trotz fehlendem Highlight – Schuld daran war die Logistik, der die neuen Zirkuseigentümern William, Sascha und Leonard Köllner machtlos gegenüber standen. Doch nun sind alle Artisten an Bord und die Show glänzt Nummer für Nummer.
Wer im Zirkus arbeitet, der braucht neben Können vor allem starke Nerven. Schließlich werden alle Nummern live dargeboten und geht etwas schief, dann sehen auch tausende Augen live zu.
Was „Nerven aus Stahl“ bedeutet, das wissen die Gebrüder Köllner seit Freitagabend: Das Highlight der Show, die Flying Royals aus den USA, standen am Premierenabend zwar in der Manege, konnten ihre atemberaubende und weltweit einzigartige Darbietung nicht zeigen. Ihr gesamtes Equipment, eine 27x27x10 Meter große Trapezanlage, irrte seit Anfang Dezember durch die Welt und kam erst am Freitagabend 35 Minuten vor Showbeginn in Dresden an. Eigentlich sollte das fast drei Tonnen schwere Zubehör am 4. Dezember in Orlando abfliegen, statt dessen hob die Ausrüstung in Miami ab – aber erst, nachdem die Kisten auf dem Airport Miami wiedergefunden wurden, denn zwischenzeitlich waren sie verschwunden. Statt in Deutschland landete das Trapez in der Dominikanischen Republik, von dort ging es via New York nach Brüssel, wo der Flieger nach Leipzig etliche Tage zuvor abgeflogen war. Zu guter Letzt kamen die Kisten der fliegenden Könige per Lkw in Dresden an. Für den achtstündigen Aufbau war es da längst zu spät…
Doch auch ohne diese wirklich brillante Nummer, die übrigens das erste Mal in Europa gezeigt und wegen ihres Platzbedarfs nur in der Dresdner Manege gezeigt werden kann, ist der Dresdner Weihnachtscircus wieder ein ganz besonderes Erlebnis. Denn ausnahmslos alle Artisten bieten Weltklasseniveau – angefangen von Messerwerfer Jacoma Sterza (The Jasters), den Vertikaltuch-Artistinnen des Air Trio und Romy Michael mit ihren Antipoden-Darbietungen über den verrückten brasilianischen „Deckenläufer“ Alex Michael und die äthiopischen Handvoltigen bis hin zum Duo Flash of Splash an den Strapaten, die das Publikum (nicht nur) mit einer „Zahnhang“-Nummer begeistern und dafür einen Bronzenen Clown beim Zirkusfestival in Monte Carlo erhielten.
Tiere gehören zum Zirkus. Diesem Leitgedanken stellen sich wie all die Jahre Mario Müller-Milano auch die Gebrüder Köllner und nehmen dabei in Kauf, von Peta-Protestlern angefeindet zu werden. Würden die selbsternannten Tierschützer einen Blick hinter die Kulissen und in eine Vorstellung wagen, dann könnten sie sich überzeugen, dass moderne Tierdressur heute ohne Peitsche, Zaumzeug, gebrüllte Kommandos und Stachelhaken auskommen kann. Wie es geht, Tiere ganz sanft nur mit Handzeichen zu dirigieren, das zeigen die Gionas aus Italien mit ihren Araber-Pferden. Nie sah man eine sanftere. leisere Pferdenummer als diese … Oder Laura Urunova, die Papageien frei fliegen und Pudel tanzen lässt. Oder Elvis und Cvetomira Errani, die ihre Elefantendamen Bab, Yumba und Mala als Teil der Familie sehen und mit ihnen fast magisch verbunden sind. Tierflüsterer halt, die man erst beurteilen kann, wenn man sie gesehen hat.
Der Dresdner Weihnachtscircus, der übrigens zum 26. Mal an der Elbe gastiert, ist mittlerweile der zweitgrößte Weihnachtszirkus in Europa mit der größten Zeltstadt. Dass die Gebrüder Köllner würdige Nachfolger von Mario Müller-Milano sind, das haben sie zur Premiere unter Beweis gestellt.
Der Dresdner Weihnachtscircus gastiert noch bis 7. Januar auf dem Volksfestgelände an der Pieschener Alle. Tickets gibt’s an der Zirkuskasse, auf sz-ticketservice.de und auf www.dwc.de
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