Schnick und Schnack für den „Kleinen Muck“

DEFA Kleiner Muck
Die beiden Rhesusaffen lebten damals im Dresdner Zoo © DEFA-Stiftung/Robert Baberske

Der DEFA-Film „Kleiner Muck“ ist längst ein Klassiker. Was aber kaum jemand mehr weiß: Die Tiere, die im Film zu sehen waren, lebten damals im Dresdner Zoo. Und auch sonst steckt eine Dresdner Besonderheit in dem Streifen.

Während „Drei Haselnüsse für Aschenbrödel“ im Dezember Hochkonjunktur haben, ist „Der kleine Muck“ ein Ganzjahresklassiker, der im letzten Jahresmonat nur etwas untergeht. Allein schon deshalb, weil er in der Vorweihnachtszeit deutlich weniger über TV-Bildschirme flimmert. Dabei gilt der am 23. Dezember 1953 erstmals im Kino Babylon in Berlin gezeigte Film längst als die erfolgreichste Produktion der DEFA-Filmgeschichte. Der kleine Waisenjunge, der mit Zauberpantoffeln und einem magischen Stock auf der Suche nach dem Kaufmann ist, der das Glück zu verkaufen hat, spielte sich schnell in die Herzen der Zuschauer.


Dresdner Zootiere in den Filmstudios Babelsberg

Auch der Dresdner Zoodirektor Wolfgang Ullrich war ein Fan dieses Films. Und das aus gutem Grund: Denn mit Ronja, Pascha und Tarzan, Fips sowie Schnick und Schnack waren die meisten Rollen der vierbeinigen Darsteller mit Tieren aus dem Dresdner Zoo besetzt. Zum Beispiel mit den Löwen Pascha, Tarzan und Ronja. Letztere bekannt als zahme „Fotolöwin“, mit der sich ab 1951/52 hunderte Dresdner Kinder im „Löwenkindergarten“ fotografieren ließen. Im DEFA-Film gab Ronja die wilde Löwin, auf die der kleine Muck bei seinem Lauf durch die Wüste stößt. In der „Sächsischen Zeitung“ vom 2. Januar 1954 schwärmt Wolfgang Ullrich geradezu: „Ganz unter uns gesagt, auch große Teile der Wüstenaufnahmen sind im Dresdner Zoo gedreht: auf dem Schaustellungsplatz! Dort, mitten im Rundkäfig, baute ein Architekt aus Holzlatten, Sackleinwand und Gips eine Felsenlandschaft auf, in der die Löwen spazieren gingen. Man glaubt es kaum, wenn man die „unendliche“ Wüste im Film sieht, daß ein großer Teil davon Gipswand im Zoo ist. Alle Achtung vor dem Regisseur, den Architekten und Kameraleuten, das haben sie wahrhaftig märchenhaft hingezaubert“.


Aber auch der Vogel mit dem Riesenschnabel, der „Pfefferfresser“, war ein echter Dresdner, ebenso wie die beiden Rhesusäffchen Schnick und Schnack. „Wer hätte wohl gedacht, daß aus diesen beiden Lausejungen, die während der Sommermonate auf dem Schaustellungsplatz unseres Zoos dressiert wurden, einmal Filmstars werden, daß sie mit einem Sultan durch goldene Paläste wandern dürfen“, schrieb der Zoodirektor in jenem Zeitungsbeitrag von fast genau 70 Jahren.


Was aus heutiger Tierschutz-Betrachtung heraus mit Sicherheit seine Suspendierung bedeuten würde … Wobei angemerkt sei, dass die Äffchen damals offenbar alles andere als amüsiert waren von ihrer Statistenrolle. Sie „wollten oft gar nicht so, wie der Regisseur gern wollte“, schilderte Ullrich. „Sie zerrten an ihren goldenen Ketten und brachten der Filmerei wenig Sympathie entgegen. So wurde schließlich ihr Herz mit Bananen, Apfelsinen und anderen Leckereien gewonnen. Als sie einige Tage zu den Aufnahmen in der Sultanstadt weilten, da freundeten sie sich in kurzer Zeit mit den Filmschauspielern an. Unser Tierpfleger mußte sehr aufpassen, daß sie nicht verwöhnt wurden und sich an den vielen Leckerbissen nicht den Magen verdarben.


Regisseur Wolfgang Staudte drehte den gesamten Film vom 16. Februar bis 31. Juli 1953 in den Filmstudios Babelsberg. Dort ist der nachgebaute Brunnen im Garten des Sultanpalastes noch heute ein beliebtes Fotomotiv. Staudte ließ sich bei dem Brunnen, den Muck und der Läufer des Sultans im Wettstreit umrunden, vom Türkischen Bad im Schloss Albrechtsberg inspirieren.


Was wurde eigentlich aus dem kleinen Muck und Prinzessin Amarza?

Der kleine Muck wurde damals vom elfjährigen Thomas Schmidt gespielt. Sein Stiefvater Peter Podehl schrieb das Drehbuch zum Film. Später studierte Schmidt Psychologie und Medizin und entwickelte eine Nasendusche zur Nasenspülung mit physiologischer Kochsalzlösung. Er starb im Juli 2008 im Alter von 66 Jahren.
Gerda Lésny, die im Dezember 1923 in Hamburg geboren wurde und sich später Silja Lésny nannte, wurde mit ihrer Rolle als schöne und gütige Prinzessin Amarza weltberühmt. Es sollte ihre einzige große Filmrolle bleiben. Sie blieb zwar zeitlebens der Bühne treu, engagierte sich bei Filmforen und veranstaltete literarische Lesungen, war Gründungsmitglied der Europäischen Kulturwerkstatt e.V. und setzte sich für die Förderung des künstlerischen Nachwuchses ein. Doch um über die Runden zu kommen, arbeitete sie noch als 86-jährige in einem Call Center. Silja Lésny starb 2010.

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