
Was Thomas Mann und die Buddenbroocks mit Dresden zu tun haben
Wie ist das, wenn man sich plötzlich ungefragt als Romanfigur in einem Buch wiederfindet, das zu den bekanntesten Werken eines berühmten Schriftstellers zählt und ihm letztlich sogar den Literatur-Nobelpreis bescherte? Elisabeth Hyppolite Mann hat genau das erfahren. Elisabeth wer?
Thomas Mann und „Die Buddenbrooks“
Der große deutsche Schriftsteller wäre Anfang Juni 150 Jahre alt geworden, zugleich jährt sich am 12. August sein 70. Todestag. Geboren wurde Thomas Mann in Lübeck, gestorben ist er in Zürich. Für seine Werke, vor allem aber seinen Roman „Die Buddenbrooks“, erhielt er 1929 den Literatur-Nobelpreis.
Was aber hat all das mit Dresden zu tun? Historiker Christoph Pötzsch kennt die ganze Geschichte, die Ende des 19. Jahrhunderts in Italien begann. „Thomas Mann hatte bis dahin nur kurze Texte geschrieben, er galt aber bereits als hoffnungsvolles Schriftstellertalent. Also ermuntert ihn sein Verleger, sich doch mal an einen Roman zu wagen.“
Thomas Mann geht also ans Werk und entwirft eine große Familiensaga, mit allen Verästelungen und Generationsproblemen. Beim Schreiben schiebt sich für ihn eine Romanfigur immer mehr in den Vordergrund: die junge Tony Buddenbrook, die gefühlt bald zur Hauptfigur des Werkes wird. „Da Thomas Mann seine Romanfiguren immer gern von realen Personen übernahm und abschrieb, fragte er seine Schwester Julia, ob sie nicht jemanden kenne, der zur fiktiven Figur der Tony Buddenbrook passen könnte – etwas schrill, schräg, leicht naiv, eitel und verpeilt. Deren Antwort lautete: Klar, nimm doch unsere in Dresden-Blasewitz lebende Tante Elisabeth Hyppolite zum Vorbild, sie passt da genau.“ Die Beschreibung der Tante und deren Leben schickt Julia ihrem Bruder nach Italien und Thomas Mann übernimmt das. Und so kam die Dresdner Tante als Tony Buddenbrook in die Weltliteratur.
Die Tante ist wütend. Es ist ein Skandal
Leider hatten es der Schriftsteller und seine Schwester versäumt, der Tante irgendetwas zu sagen, geschweige denn um Erlaubnis zu fragen. Als das Buch 1901 erschien und Elisabeth Hyppolite es nichts ahnend las, fiel ihr die Kinnlade herunter. „Sie fand ja im Buch ihr eigenes Leben wieder, bis ins Detail. Die Dramen mit ihren beiden Ehemännern, die wirtschaftliche Pleite ihrer Familie, die Untreue eines ihrer Ehemänner, ihr vergeblicher Versuch, eine Anstellung in England zu erhalten. Als sie dann noch ihren Schwiegersohn Guido Biermann als Hugo Weinschenk im Roman fand, reichte es ihr. Sie war blamiert. Ganz Dresden lachte über sie“, erzählt Christoph Pötzsch.
Doch die Tante wusste sich zu wehren. Sie nahm sich einen Anwalt, zitierte ihren Neffen nach Dresden. Der hatte sich entschuldigt, aber das reichte Elisabeth nicht. Erst nach einem drei Jahre währenden Familienkrieg kam es im Dezember 1904 im Restaurant des Lahmannschen Sanatoriums zum Friedensgipfel. „Er fand hinter verschlossenen Türen statt, wir wissen also nicht, was dort verhandelt wurde.“ Immerhin erlebte die Tante, die 1917 verstarb, noch den Siegeszug des Romans, sie hatte sich später sogar gern „Tony“ nennen lassen Thomas Mann erwies ihr sogar später noch eine besondere Ehre und nannte seine Tochter Elisabeth nach ihr.
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