Am 1. Januar 1978 wurde in der DDR der Grüne Pfeil in die StVO eingeführt. Das kleine Zusatzschild wird also in diesem Jahr 45 Jahre alt, hat die Wende überlebt und sich auch im Westen breitgemacht.
Der Grüne Pfeil ist wie Sandmann, Fit, Spee, Nudossi und Bautzner Senf: Eine Erfindung der DDR, die nicht nur die Wende überlebte, sondern auch den Westen eroberte. Ein Relikt des Ostens, das heute noch seine Daseinsberechtigung hat – auch wenn es nur überlebte, weil es bis 31.12.1990 nicht gelang, alle grünen Pfeile rechtzeitig abzuschrauben. Denn an jenem Tag trat die StVO der DDR außer Kraft und damit war eigentlich das Ende dieses kleinen Blechschildes besiegelt.
Protest rettete den Grünen Pfeil, der nun Grünpfeil heißt
Vor der Einführung der laut Definition „nicht leuchtenden Ergänzung an Lichtzeichenanlagen“ war in der DDR das Rechtsabbiegen bei Rot generell erlaubt. Und auch ab 1. Januar 1978 gab es an „Pfeilampeln“ keine Anhaltepflicht an der sogenannten Haltelinie, so wie das heutzutage geregelt ist.
Auf jeden Fall wusste die Sächsische Zeitung am 22.12.1977 zu berichten, das mit Inkrafttreten der neuen StVO am 1.1.1978 insgesamt 43 Dresdner Ampeln mit den neuen Pfeilen ausgestattet sein werden. Ende 1990 gab es in der Elbmetropole 154 Grünpfeile, heute sind es exakt 221.
Mit der Wende kam dann die Zeit der Ausnahmegenehmigungen, weil in der Eile der schnellen Wiedervereinigung eben nicht alles gesamtdeutsch geregelt werden konnte. Eine solche Genehmigung sollte dem DDR-Abbiegepfeil 1991 ein letztes Jahr einräumen. Doch der Widerstand der Ostdeutschen gegen das absehbare Ende war zu groß, so dass erst eine weitere Ausnahmegenehmigung und später die vollständige Anerkennung folgten. Seit 1. März 1994 ist das „Zusatzzeichen 720“ offizieller Bestandteil der bundesdeutschen StVO.
Um im Westen seine korrekte Handhabung zu verdeutlichen, gab es übrigens noch bis vor wenigen Jahren an so manchen pfeilbestückten West-Ampeln große Erklärtafeln…
Zu viel Verkehr, zu wenig Einhaltung der Regeln: Zahl der Grünpfeile sinkt
Im 45. Jahr des Grünpfeil-Bestehens ist dessen Existenz wieder bedroht. Zum einen, weil der Verkehr deutlich zugenommen hat. Zum anderen, weil laut Studien fast 80 Prozent der Autofahrer eben nicht an der Haltelinie anhalten, sondern gleich bis zur sogenannten Sichtlinie durchbrettern. Was natürlich regelmäßig zu Konflikten mit der stetig wachsenden Zahl der Radfahrer führt, denn die werden dabei gern übersehen. Auch der Strafpunkt in Flensburg und das Bußgeld von 70 Euro sind keine geeigneten Strafen, um ordnungsgemäßes Fahren (bzw. anhalten) zu erzwingen.
Und so gibt es nicht wenige deutsche – auch ostdeutsche – Städte, die den Grünpfeil an so mancher Kreuzung längst wieder abgeschraubt haben. Auf Nachfrage teilte die Dresdner Stadtverwaltung mit, dass seit 2017 insgesamt 35 Grünpfeile dauerhaft entfernt worden seien. Betroffen waren gleich drei Kreuzungsbereiche am Wasaplatz, aber auch die Tharandter/Kesselsdorfer Straße, wo im Zuge des Umbaus zur Zentralhaltestelle zwei Grünpfeile entfernt wurden. Auch an der Bürgerwiese/Petersburger Straße, am Körnerplatz/Schillerstraße und an der Dohnaer Straße/Tornaer Straße verschwand das Zusatzzeichen. Begründung: Im Zeitraum von drei Jahren gab es zwei oder mehr Unfälle, wo der Grünpfeil ein „unfallbegünstigender Faktor“ war.
Ginge es nach dem Verein Dresden zu Fuß e.V., müssten noch viel mehr Pfeile verschwinden – nämlich überall dort, wo querende Fußgänger und Radfahrer durch abbiegende Autos behindert werden.
Radfahrer haben jetzt eigene Grünpfeile
Im Jahr 2020 bekam der Grünpfeil, wie er offiziell bundesweit heißt, einen kleinen Bruder: Den Grünpfeil für Radfahrer. In Dresden wurden die ersten beiden Zeichen dieser Art vor einem Jahr, im Februar 2022, an der Kreuzung Großenhainer/Fritz-Reuter-Straße und an der Einfahrt der Liststraße montiert. Aktuell gibt es neun Rad-Grünpfeile..
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