Medikamente und andere Spurenstoffe belasten noch immer die Gewässer. Aufklärung soll helfen, das allein reicht aber nicht.
Zwar ist das Klärwerk in Dresden-Kaditz modern ausgebaut, sodass alle geforderten Grenzwert eingehalten werden können. Doch ein Problem nimmt seit Jahren zu. Mikroschadstoffe können dort und in anderen Kläranlagen nicht ganz aus dem Abwasser entfernt werden. „Das Beste wäre, wenn solche Spurenstoffe gar nicht erst in den Gewässerkreislauf kommen“, sagt Geschäftsführerin Gunda Röstel von der Stadtentwässerung.
Diese Spurenstoffe können schädliche Auswirkungen auf das Oberflächen- und auch das Grundwasser haben, erläutert Röstel. Dabei handelt es sich unter anderem um Rückstände von Chemie- und Arzneiprodukten, die sich in der Umwelt nicht auflösen. Ein bekanntes Beispiel ist das weit verbreitete Schmerzmittel Diclofenac. Solche mobilen Spurenstoffe, die sich nicht zersetzen, können toxisch und damit schädlich für Fische und Menschen sein. So wurden in Studien schon Veränderungen bei Fischen durch Hormonrückstände nachgewiesen.
Eine mögliche Lösung wäre der Bau einer 4. Reinigungsstufe im Klärwerk Kaditz. Diese würde etwa 40 Millionen Euro kosten, wofür die Dresdner zahlen müssten. Die derzeitige Abwassergebühr von 1,81 Euro je Kubikmeter würde um 20 bis 30 Cent teurer, rechnet Röstel vor. Beim durchschnittlichen Verbrauch einer vierköpfigen Dresdner Familie würde das mit jährlichen Zusatzausgaben von über 40 Euro zu Buche schlagen.
Deutschlandweit werden an sensiblen Gewässern wie dem Bodensee, der zur Trinkwassergewinnung genutzt wird, heute schon vierte Reinigungsstufen in Klärwerken gebaut. In Dresden hält sie das zum jetzigen Zeitpunkt aber nicht für sinnvoll. „Wir müssen zuerst an der Quelle beim Verursacher ansetzen“, verweist sie auf die ideale Lösung.
So sollenBürger noch stärker darauf sensibilisiert werden, alte Medikamente nicht in die Toilette zu werfen. Sie gehören stattdessen in den normalen Hausmüll. Noch kein akzeptables Ergebnis sei in Industrie und Landwirtschaft erzielt worden, um die Gewässerbelastung mit Spurenstoffen zu senken.
Bereits gehandelt hat die Stadtentwässerung. Mit den Abwasserunternehmen in Plauen und Chemnitz sowie der TU Dresden und anderen Partnern wurde 2016 das Forschungsprojekt „Mikro-Modell“ gestartet. Entwickelt wird ein Stoffflussmodell für die Flüsse Elbe, Weiße Elster und Chemnitz. Es simuliert die Belastung der Gewässer durch 55 ausgewählte Mikroschadstoffe, die in umfangreichen Sommer- und Wintermessungen ermittelt werden. Anfang nächsten Jahres sollen die Ergebnisse vorliegen.
Gemeinsam mit dem Abfallamt, der Stadtreinigung und Apotheken hat die Stadtentwässerung kürzlich eine erneute Aufklärungsaktion gestartet.„Sicher kommt die Gesundheit der Patienten vor den Umweltauswirkungen“, sagt Röstel. Aber Möglichkeiten gibt es durchaus, wie ein gutes Beispiel aus der Uniklinik Dresden zeigt. Seit einigen Jahren beraten Stationsapotheker in den einzelnen Kliniken. So konnten bis zu 40 Prozent der Arzneimittel eingespart werden.
Vorbereitet wird derzeit ein weiteres Forschungsprojekt von der Medizinischen Fakultät der TU und der Uniklinik. Dabei geht es darum, Grundstoffe für die Pharmaindustrie auf pflanzlicher Basis zu entwickeln. „Wenn uns das in Dresden gelingt, wäre dies ein Durchbruch in der Arzneimittelproduktion mit weltweiter Bedeutung“, sagt Röstel. Allerdings braucht es einen langen Atem und etwa 20 Jahre, bis solche Medikamente auf den Markt gebracht werden können. (SZ)
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