Liebe Bonnie Tyler,
jedes Mal, wenn ich Sie so singen höre, nehme ich gleichzeitig Platz auf einem Barhocker. Denn man könnte glatt glauben, Sie verbringen – wenn Sie nicht gerade singen – Ihr ganzes Leben am Tresen: mit unzähligen Zigaretten und mindestens genauso vielen Schlücken Wodka, Whisky, Korn und Tequila. Aber dann wären Sie jetzt vermutlich nicht mehr in der Lage, ein Konzert zu geben.
Jedenfalls gibt es Dinge, die sich nie ändern – so wie Sie, oder vielmehr Ihre Bühnen-Persönlichkeit. Vor allem, wenn man mit dem Sound Ihrer äußerst markanten Stimme aufgewachsen ist. Das ist zwar schon mehrere Jahrzehnte her. Und trotzdem werde ich jedes Mal hineinkatapultiert in diese vermeintlich gute und graue Fernseh-Vorzeit, in der es zum Glück am Wochenende immer einen „Kessel Buntes“ zu konsumieren gab. Schon damals wurden Sie gefeiert, wegen Ihrer rauchigen Stimme und Ihrem nicht gerade dazu passenden, klischeehaft gesagt: püppchenhaften Aussehen. Wie kann so eine elegante blonde Dame nur so unglaublich singen? Okay, wann man sich Ihre Biografie so anschaut, dann befördern Ihre Stimmbänder so einige Aha-Effekte zu Tage:
Erstens, sie sind die Tochter eines schwer schuftenden Bergarbeiters. Und zweitens sangen Sie ein Jahrzehnt lang mit ihrer Band in den Kneipen und Nachtclubs in Südwales. Vermutlich war das nicht gerade Ihre alkoholfreieste Zeit Ihres Lebens. Aber das sind natürlich nur Spekulationen.
Etwas enttäuscht bin ich immer wieder davon, dass Sie sich mit Botox zweimal im Jahr im Gesicht verjüngen lassen. Diese Art von „Doping“ im Musikgeschäft hat zwar nicht direkt etwas mit der Musik zu tun. Doch irgendwie verfälscht auch das das Endergebnis. Nun ja, da sind Sie wohl beileibe nicht die Einzige. Und wen das wirklich stört, der kann ja beim Konzert einfach die Augen schließen, sich drauflehnen, auf den unsichtbaren Tresen und mit Ihnen, liebe Bonnie Tyler, im Geiste ein Gläschen nehmen. (Tom Vörös)
Bonnie Tyler
15.3., 20 Uhr, Kulturpalast
(ausverkauft)
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