Die Schildkröte muss mit. Im Kofferraum von Adam (Florian Teichtmeister) hockt sie neben Katja (Lena Lauzemis) und wird so über die ungarische Grenze geschmuggelt. Eine (un)gewöhnliche Flucht in den Westen im Wendesommer 1989. Nach dem Roman von Ingo Schulze kommt jetzt ein Streifen in die Kinos, der von der überregionalen Presse viel beachtet und gelobt wurde. Warum? „Es ist ein Geniestreich des Autors, das Ende der DDR außerhalb ihrer Grenzen spielen zu lassen“, sagt Regisseur Andreas Goldstein, der damit als 54-Jähriger sein Leinwanddebüt gibt. „Diese lakonisch distanzierte Art trifft mein Gefühl, dass damals viele skeptisch auf den Westen schauten.“ Erzählt wird in Orwo-Chrom-Farben, aber ohne Requisitentreue – es ging um soziale, nicht folkloristische Skizzen – in einer fast schmerzenden Langsamkeit mit vielen Dialogpausen und Auslassungen, die Raum für eigenen Erinnerungen und zum Mitdenken lassen, wie „Adam und Evelyn“ vor 30 Jahren von der Weltgeschichte überrascht wurden. „Wir wollten keine Ossis vom Dienst“, begründet Goldstein seine Wahl des österreichischen Hauptdarstellers, „sondern gespaltene, gebrochene Charaktere.“ Seine Evelyn sei keine Power- sondern eine starke Frau. „In der DDR hatten viele mit 25 schon zwei Kinder und waren geschieden.“
Die hübsche Evelyn ist Kellnerin und träumt vom Kunstgeschichtsstudium. Ihren Urlaub will sie mit Adam am Balaton verbringen. Der ist Schneider und sein eigener Herr. Die Frauen lieben seine Unikate und manchmal auch ihn. Erwischt, fährt sie ohne ihn los. Um die Beziehung zu retten, fährt Adam im alten Wartburg hinterher, obwohl er lieber zu Hause bliebe im Garten mit seiner Schildkröte. (Una Giesecke)
Derzeit in folgenden Kinos: Filmtheater Schauburg
Weitere Infos gibt es auch online unter www.schauburg-dresden.de
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