Der kleine Finn aus Dresden hat einen seltenen Gendefekt. Ein Begleithund kann der Familie neue Kraft und Zuversicht schenken.
Alles begann mit einer unverhofften und aufreibenden Frühgeburt. Finn, zur Welt gekommen am 25. Juli 2014 per Kaiserschnitt, verbrachte die ersten Monate seines Lebens auf der Intensivstation. Atemaussetzer, Infektionen und jede Menge andere Leiden machten diese Wochen für Mama Ivonne und Finns Vater nahezu unerträglich. „Uns wurde zudem oft erzählt, dass unser Sohn ‚auffällig‘ aussehe. Wir waren genervt und verunsichert zugleich“, erzählt Ivonne. Denn auf die unerklärliche Muskelschwäche und die festgestellte Verzögerung bei der kognitiven Entwicklung folgten dutzende Untersuchungen, beispielsweise auf das
Down-Syndrom, ALS und andere genetisch bedingte Krankheiten. Die Diagnosen: alle negativ.
Pendeln zwischen Ärzten und Therapie
Nach knapp drei Monaten konnte Finn endlich nach Hause. Für Ivonne und ihren Partner eine Achterbahnfahrt der Gefühle und eine Reise ins Ungewisse. „Hoffnung und Trauer wechselten sich in rasantem Tempo ab“, so Ivonne. Wie oft ihr in dieser Zeit die Tränen über die Wangen flossen, kann sie nicht mehr beziffern. Denn trotz einer fehlenden Diagnose wurden Finns Probleme und eine Verzögerung in der Entwicklung immer offensichtlicher.
Trotzdem gelang eine erfolgreiche Eingewöhnung in eine Kita, die Finn fortan viel Freude bereitete. Um der Entwicklungsstörung entgegenzuwirken, folgten dutzende Termine bei Physio- und Ergotherapien, Arztpraxen und anderen pädagogischen Einrichtungen. „Operiert wurde Finn in dieser Zeit auch einige Male, beispielsweise an der Niere“, erklärt seine Mutter. Es folgte auch eine Muskelbiopsie, jedoch ohne auffälliges Ergebnis. „Ärzte sagen häufig ‚wir müssen abwarten‘ oder ‚wir sehen uns in sechs Monaten und dann schauen wir weiter‘. Ein Teufelskreis aus Hoffnungen, Gefühlen, losen Prognosen und Unwissenheit, in dem man lebt und sich bewegt “, so Ivonne, die immer wieder von der Hoffnung eingeholt wurde, Finn könne seine Defizite noch aufholen und eine „normale“ Entwicklung einschlagen.
Nach knapp vier Jahren endlich eine Diagnose
Der erste Vierfüßlerstand, das erste mal alleine sitzen, das erste mal ein Buch in der Hand halten, mit Mama „Kuck Kuck“ spielen – das erste mal „Wauwau“ sagen: Stolze Elterngefühle wechselten sich in den folgenden Jahren ab mit brutaler Realität: Pflegestufe, neurologische Rehabilitationskur, Job, Kind, Familie, vier Therapiesitzungen pro Woche. „Wo andere Familienurlaube planen, plane ich, wie ich am besten einen Kontrolltermin legen kann, um dann trotzdem noch zur Frühförderung zu kommen und unseren Sohn dann noch pünktlich in der Kita abzugeben“, erzählt Finns Mama.
Als ihr Sohn drei Jahre alt wird, entscheiden sich Finns Eltern, eine komplette Erbgutanalyse durchführen zu lassen. Knapp ein dreiviertel Jahr später erhalten Ivonne und ihr Partner den ersten aussagekräftigen Befund seit Finns Geburt“. „Coffin-Siris-Syndrom“ nennt sich die Erkrankung. Ein sehr seltener genetischer Defekt, für den es nicht einmal offizielle Betroffenenzahlen, gesicherte Krankheitsbilder oder verlässliche Diagnosen gibt.
„Es war eine Achterbahnfahrt der Gefühle. Mit dem Gefühl der Freude, nun ein Ergebnis zu haben, mischt sich das Gefühl der Ohnmacht und Traurigkeit. Es war klar, dass etwas gefunden wird, haben doch all die anderen Untersuchungen nie etwas ergeben“, erklärt Ivonne. Die Ärzte können nur wenig über Finns zukünftige Entwicklung sagen, zu selten und unerforscht ist das Syndrom. Dennoch müssen sich seine Eltern auf weitere schwere Entwicklungsstörung und eine nicht unerhebliche geistige Einschränkung im fortgeschrittenenAlter einstellen. Aktuell besitzt Finn den Pflegegrad IV. Ob er jemals ein eigenständiges Leben führen kann, ist offen. Die Hoffnung darauf bleibt.
Ein Hund als Helfer gegen das schwere Schicksal
„Finn ist in den ersten fünf Jahren seines Lebens mit einem Hund aufgewachsen und Tiere spielen auch jetzt noch eine große Rolle in seinem Leben. Mittlerweile ist das einzige Wort, das er gelegentlich sagt, ‘WauWau“‘, schildert Ivonne.
Obwohl Finns Erkrankung recht unbekannt und wenig erforscht ist, wurde bei Ihm eine Form von Autismus diagnostiziert. „Wir haben uns deshalb entschieden, für Finn einen Autismusbegleithund ausbilden zu lassen. “, so die Mutter. Ein Verein will die Familie dabei unterstützen. Der Hund soll Finn in schwierigen Situationen zur Seite stehen, ihn im Alltag begleiten und ihmhelfen, den Weg aus seiner eigenen kleinen Welt zu finden. „Er soll ihm in schwierigen Situationen Trost spenden, wenn wir nicht genug sind. Wir erhoffen uns ebenfalls weniger Krisen und eventuell sogar den Einsatz von weniger Medikamenten“, erklärt Ivonne.
Die Ausbildung seines solchen Tieres ist mit Kosten von rund 28.000 Euro verbunden. „Alleine können wir das nicht aufbringen.“ Deshalb hat die Familie auf der Plattform betterplace einen Spendenaufruf gestartet. „Wir würden uns freuen, wenn Sie uns unterstützen würden“, sagt Ivonne, die detailliert, offen und schonungslos auf einem Blog über die Zeit seit ihrer Frühgeburt schreibt.
Zum Blog und zur Spendenaktion geht es über www.facebook.com/
Herzensangelegenheit1
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