Nach zwei Jahren offenbaren sich Vor- und Nachteile flexibler Arbeitsplätze.
Die steigenden Corona-Zahlen brachten 2021 mehr Beschäftigte ins Homeoffice zurück. Im Dezember arbeiteten dort zeitweise 27,9 Prozent der Beschäftigten deutschlandweit, quer über alle Branchen verteilt. Im August waren es noch 23,8 Prozent. Den Höchststand markierte der Monat März. Hier waren es vor zehn Monaten immerhin 31,7 Prozent. Das geht aus einer Umfrage des ifo-Instituts hervor, die jetzt veröffentlicht wurde. Der jüngste Anstieg sei der aktuellen Homeoffice-Pflicht seit November geschuldet. Jean-Victor Alipour, Experte für Homeoffice beim ifo-Institut und Verantwortlicher für die Studie, stellte diesbezüglich fest: „Demnach beachten derzeit noch nicht alle Unternehmen die Ende November 2021 wieder eingeführte Homeoffice-Pflicht wie seinerzeit im Frühjahr 2021. Die Quote ist zwar wieder gestiegen, sie liegt jedoch gut vier Prozentpunkte unter dem Höchstwert.“ Das ifo-Institut schätzt aktuell, dass über alle Branchen hinweg 56 Prozent der Beschäftigten zumindest teilweise im Heimbüro arbeiten könnten.
„Was für die einen Segen ist, scheint für die anderen zum Fluch zu werden“, so Hans-Joachim Kraatz, Präsident des Landesverbandes der Freien Berufe – LFB Sachsen. „Das beginnt schon bei der Gestaltung der Arbeitsplätze. Allein Zuschüsse, wie die Homeoffice-Pauschale in Höhe von 600 Euro pro Jahr, die anstelle der Pendlerpauschale auch 2021 den Werbekosten zugerechnet werden kann, sind nicht nur für Menschen, die keinen echten Arbeitsplatz in den eigenen vier Wänden haben, ein schwacher Trost.“ Hat ein Arbeitnehmer derzeit kein echtes Büro im Wohnbereich, muss aber dennoch zuhause bleiben (Homeoffice-Pflicht), greift immerhin das Wahlrecht und eine Anrechnung der Miete von bis zu 1250 Euro.
Bei den neuen Formen der „Entbetrieblichung“ muss letztlich entschieden werden, auf welcher Ebene die dabei entstandenen Probleme zu lösen sind. Befürworter sprechen angesichts von Omikron und steigenden Inzidenzwerten von einer Chance auf dem Weg in eine digitalisierte Zukunft. Zudem habe Homeoffice entzerrende, positive Umwelteffekte gerade in Ballungsgebieten. Gegner halten die psychischen Belastungen für deutlich kritischer. Es sei ein weiter Outsourcing-Prozess, bei dem einem Arbeitnehmer noch mehr Verantwortung aufgebürdet würde, zumal in vielen ländlichen Gegenden die Anbindung an ein leistungsfähiges Netz bis heute nicht gegeben ist. Hier scheint nach Ansicht von Hans-Joachim Kraatz „die Frage angebracht, inwieweit Homeoffice auch über die Pandemie hinaus zur neuen Normalität wird. 50,3 Prozent der in den Freien Berufen arbeitenden Personen haben der ifo-Studie zufolge diese Normalität schon für sich angenommen.“ Spitzenreiter in der Nutzung zumindest von teilweisem Homeoffice im Dienstleistungssektor waren Angestellte in der Informationstechnologie-Branche mit einem Anteil von 76 Prozent. Im verarbeitenden Gewerbe lag die Pharmaindustrie mit 36 Prozent vorn.
„Es gilt also“, so der LFB-Präsident, dessen Verband immerhin die Interessen von rund 46.000 Freiberuflern mit knapp 200.000 Arbeitnehmern im Freistaat Sachsen vertritt, „im Einzelfall alle Faktoren in die Waagschale zu werfen und sich über das Für und Wider klar zu werden. Dies spätestens für die Zeit nach Corona.“
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