Gas und Strom. Das sind wohl die Wörter, die vielen Menschen aktuell nicht nur Sorge, sondern echte Bauchschmerzen bereiten. Die Abschläge sind hoch und steigen weiter, etliche Verbraucher erhielten bereits die Kündigung ihrer günstigen Verträge, andere suchen verzweifelt nach bezahlbaren Lösungen. Aber was lässt sich aktuell selbst tun? Wie lassen sich die hohen Abschläge stemmen?
Anbieter um realistischere Berechnung bitten
Vorab: Diese Option funktioniert im Normalfall nur bei Neuverträgen, die auf einem Schätzwert basieren. Bei dem Neuabschluss eines Strom- oder Gasvertrags wird nicht der tatsächliche Verbrauch zugrunde gelegt, sondern ein geschätzter Verbrauch. Dieser berechnet sich nach dem ungefähren Durchschnitt. Die meisten sind mit diesen Werten schon in Berührung gekommen. Bei Stromanbietern findet er sich in den Angaben zu der Personenzahl in einem Haushalt. So liegt der Schätzwert bei Singles bei 1.500 Kilowattstunden, bei Zwei- und Mehrpersonenhaushalten dementsprechend höher. Auch Gaskunden werden in solche Kategorien eingeteilt. Nun gibt es Möglichkeiten:
- Tatsächlichen Verbrauch vorweisen – wurde an der Wohnsituation nichts geändert, sondern wird rein der Anbieter gewechselt, können Verbraucher anhand ihrer bisherigen Verbrauchsabrechnungen den tatsächlichen Verbrauch nachweisen. Teilweise sind Anbieter bereit, den Abschlag aufgrund dieser Zahlen neu zu berechnen.
- Neue Wohnsituation – in diesem Fall ist es schwieriger, mit dem alten Verbrauch zu argumentieren. Wer jedoch nachweisen kann, dass der eigene Verbrauch stets unter dem Durchschnittsverbrauch lag, mag Chancen haben.
Allerdings sollten Verbraucher beachten, dass sich die Abschläge nun nur hinsichtlich des neuen Verbrauchswertes berechnen. Die Höhe der Kosten für die Kilowattstunde Strom oder Gas wird nicht angerührt.
Ohne einen Anbieterwechsel wird es schwer, die Berechnung abzuändern. Allerdings ist es mittlerweile bekannt, dass etliche Anbieter sehr interessante Berechnungen durchführen. Wer eine neue Abschlagsrechnung erhält, sollte sie daher ganz genau prüfen. Die Verbraucherschutzzentralen in den Städten bieten längst kostenlose Beratungen an und prüfen für Verbraucher die Berechnungen der Anbieter. Mit etwas Glück bedient sich der Anbieter eines Tricks und die neue Abschlagszahlung ist rechtlich fehlerhaft.
Abschläge finanzieren: Ein gangbarer Weg?
Dieser Vorschlag klingt sicherlich wie aus einem schlechten Film. Allerdings liegt der Gedanke, einen Kredit für die Strom- und Gaskosten aufzunehmen, gar nicht so fern. Er sollte dennoch nur gehegt werden, wenn es gar keine andere Möglichkeit gibt oder aber, wenn ein tatsächlicher Nutzen erzielt werden kann:
- Festpreis – bietet der Strom- oder Gasanbieter mitunter eine absolute Preisgarantie an, wenn der Abschlag für mehrere Monate oder für ein Jahr im Voraus entrichtet wird? In diesem Fall kann ein Kleinkredit lohnenswert sein.
- Notfall – handelt es sich um einen Notfall, da die Forderungen korrekt sind, doch nicht getragen werden können, mag ein Kleinkredit ebenfalls helfen.
Zu bedenken ist, dass der Kredit in diesem Fall keinen materiellen Gegenwert hat. Daher sollte es sich nur um kleinere Summen bis 2.000 Euro handeln, sofern nicht vielleicht ein Geschäft zu bedienen ist, welches höhere Summen erfordert. Bei der Finanzierung von Abschlägen ist zusätzlich zu beachten, dass die Forderungen künftig nicht ausbleiben oder sich deutlich verringern werden. Die Rückzahlungsmodalitäten für den Kredit müssen somit schon auf die hohen Abschläge angepasst werden. Es hilft nicht, sich zu verschulden und durch Kredit und künftige Abschläge in eine echte Schuldenfalle zu geraten. Sinnvoller ist es, zu prüfen, ob mitunter Wohngeld gewährt werden kann. Auch die Jobcenter tragen im absoluten Notfall die Kosten für hohe Nachforderungen oder Abschläge. In beiden Fällen ist es jedoch notwendig, einen Antrag zu stellen.
Weitere Optionen: Ist ein Anbieterwechsel noch sinnvoll?
Die beste Möglichkeit, hohe Abschläge und Nachforderungen zu verhindern, ist an allen Ecken und Enden Strom und Gas einzusparen. Ob Gaspreisbremse oder nicht, ob Neuberechnung des Strompreises oder nicht: Die Kosten werden dauerhaft hoch bleiben.
Das erschwert natürlich auch einen Anbieterwechsel, denn das Einsparpotenzial, welches früher zu erwarten war, ist heute nicht mehr gegeben. Zugleich zeigt sich der Anbieterwechsel aktuell schwierig:
- Neukunden – Rabatte oder ähnliche Zusätze gibt es kaum noch. Neukunden zahlen zudem oft deutlich mehr als Bestandskunden. Das kann jeder für sich mit seinem aktuellen Anbieter austesten: Welche Preise zahlt man selbst, welche werden für Neukunden erhoben?
- Neukundenstopp – auch bieten viele Energieversorger keine Neukundenverträge mehr an. Ausnahmen gibt es bei den jeweiligen Stadtwerken und bei den Versorgern im direkten Einzugsgebiet. Doch die Möglichkeit, einen Stromanbieter aus Freiburg in Hamburg zu nutzen, ist kaum noch gegeben.
- Preisgarantien – auch sie werden selten in dem Maße gegeben, wie es normal war. Früher galt beim Abschluss des Vertrags, dass der Kunde für ein Jahr mit festen Preisen rechnen konnte, erst mit der Jahresrechnung konnte eine Preisanpassung stattfinden. Auf solche Garantien lassen sich viele Strom- und Gasversorger nicht mehr ein.
Doch gibt es gar keine Möglichkeit mehr, Strom- und Gaskosten zu reduzieren? Doch, über den Grundversorger. Aber was ist das?
Der Grundversorger: Der rettende Anker?
Für alle Regionen steht ein Grundversorger zur Verfügung. Vielfach sind das die Stadtwerke. Sie werden als Grundversorger bezeichnet, weil sie die Infrastruktur für Gas, Strom und Wärme zur Verfügung stellen und die jeweiligen Haus- und Wohnungsanschlüsse installieren. Jedes Haus, jede Wohnung ist automatisch an das Netz des Grundversorgers angeschlossen. Der Grundversorger stellt einmal die Grundversorgung zur Verfügung, aber auch die Ersatzversorgung:
- Grundversorgung – sie hängt nicht nur mit der Infrastruktur zusammen. Grundversorger bieten ebenfalls Tarife an. Das sind fest abgeschlossene Verträge über Strom, Gas, Fernwärme oder auch über Wasser.
- Ersatzversorgung – viele Verbraucher nutzten sie bereits. Die Ersatzversorgung tritt dann auf, wenn die Netzagentur keinen anderweitigen Versorger für eine Wohnung feststellen kann. Bei einem Neueinzug in eine Wohnung tritt dieser Fall häufig ein.
Über Jahre galten die Grundversorger eher als teuer, doch aktuell zeigen sie sich im Vergleich preiswert. Daher kann es durchaus sinnvoll sein, zum Grundversorger zurückzugehen. Zwar sollte versucht werden, einen echten Grundversorgungstarif zu erwirken, doch wer einfach den Stromvertrag auslaufen und sich in die Ersatzversorgung fallen lässt, spart mitunter deutlich.
Achtung: Für die Ersatzversorgung darf der Grundversorger leicht erhöhte Entgelte verlangen. Im Vergleich können diese erhöhten Gebühren aber noch günstiger sein als Tarife bei anderen Versorgern. Ein Vergleich der Kosten in jedem Fall zu empfehlen.
Ein Vorteil der Grundversorger ist, dass diese die Strom- oder Gasversorgung weniger schnell abstellen, wenn es zu Zahlungsverzug kommt. Im Regelfall lassen die Stadtwerke besser mit sich reden und suchen mit dem Kunden gemeinsam nach einer Lösung.
Das Beste aus der Misere machen
Strom und Gas ist teuer. Daran geht kein Weg vorbei, doch gibt es weiterhin einige Lösungen, die wenigstens eine gewisse Ersparnis bringen können. Inwieweit es ratsam ist, einen Kredit für die Abschlagszahlungen aufzunehmen, muss jedoch jeder für sich entscheiden. Es wird sich kaum um eine kurzzeitige oder einmalige Belastung handelt, denn die Preise werden auch künftig deutlich höher sein als zuvor. Ein guter Weg, günstigere Preise zu erzielen, kann sich in den Tarifen des Grundversorgers oder gar der Ersatzversorgung zeigen. Natürlich ist ein Vergleich weiterhin notwendig und ratsam.
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