Sind Ganzjahresreifen ausreichend? Welche Profiltiefe ist vorgeschrieben? Was gilt bei Motorrädern? Wie ist die Situation im Ausland? Das sind die Regeln.
In Deutschland gibt es keine generelle Winterreifenpflicht, aber laut Paragraf 2 Absatz 3a der Straßenverkehrsordnung (StVO) seit dem Jahr 2010 eine situative. Das heißt, dass bei winterlichen Bedingungen wie Glatteis, Schneeglätte, Schneematsch, Eis- oder Reifglätte nur mit Winterreifen gefahren werden darf. Viele Autofahrer vertrauen beim Reifenwechsel auf die Faustformel „Von O bis O“ – also Winterreifen von Oktober bis Ostern. Einige orientieren sich an der Sieben-Grad-Grenze. Beide Regeln haben ihre Berechtigung. Ausschlaggebend ist aber letztendlich immer der langfristige Wettertrend. Denn Ostern kann auch Ende März sein, und Schneeschauer sind Anfang April nichts Ungewöhnliches. Die situative Winterreifenpflicht gilt dann als erfüllt, wenn sich auf allen vier Rädern Winterreifen befinden.
Ganzjahres- oder Allwetterreifen sind rechtlich den Winterreifen gleichgestellt. Vor 2018 produzierte Modelle mit dem M+S-Zeichen (Matsch und Schnee) dürfen allerdings nur noch bis zum 30. September 2024 eingesetzt werden. Danach sind ausschließlich Autoreifen, die auch ein Alpine-Symbol (Bergpiktogramm mit Schneeflocke) haben, zulässig. Die Winterreifenpflicht gilt nicht für einspurige Kraftfahrzeuge (etwa Motorräder), Nutzfahrzeuge der Land- und Forstwirtschaft sowie motorisierte Krankenfahrstühle im Sinne des Paragrafen 2 Nummer 13 der Fahrzeug-Zulassungsverordnung (FZV). Wer bei winterlichen Verhältnissen ein solches Fahrzeug mit Sommerreifen fahren will, muss vorher prüfen, ob das Ziel mit alternativen Verkehrsmitteln erreichbar ist. Zudem darf man maximal 50 km/h fahren.
Nachlassende Griffigkeit bei Kälte
Besonders für Autofahrer, die nur selten in Bergregionen unterwegs sind und von ihren Reifen keine Höchstleistungen erwarten, können sich Ganzjahresreifen lohnen. Damit lässt sich nicht nur das Geld für einen kompletten Reifen- und Felgensatz sparen, sondern auch der Aufwand fürs Wechseln und der Platz fürs Einlagern. Experten zufolge hat die Nachfrage in den vergangenen Jahren stark zugenommen. Mittlerweile sind rund 30 Prozent der Autos mit Ganzjahresreifen ausgestattet. Getrennte Jahreszeitenreifen seien zwar immer noch sicherer, da sie für jede Witterung die optimale Gummimischung bieten, aber gute Ganzjahresreifen eines europäischen Herstellers für die meisten Regionen völlig ausreichend.
Die gesetzlich vorgeschriebene Mindestprofiltiefe beträgt 1,6 Millimeter. Der ADAC empfiehlt aus Sicherheitsgründen jedoch mindestens vier Millimeter und einen Austausch nach spätestens sechs Jahren. Denn dann sei die Gummimischung so hart geworden, dass die Griffigkeit bei tiefen Temperaturen nachlässt. Da der Gesetzgeber Winterreifen im Sommer nicht verbietet, werden sie besonders bei einer Profiltiefe unter vier Millimetern in der warmen Jahreszeit gern noch „abgefahren“. Davon rät der ADAC allerdings ab. In einem Test untersuchte er das Verhalten von Winterreifen mit unterschiedlichen Restprofiltiefen bei Temperaturen von zehn bis 35 Grad Celsius auf trockener und nasser Fahrbahn. Die Reifen hatten zwar bei Nässe keinerlei Probleme, bei trockener Straße verlängerte sich aber der Bremsweg – bei Tempo 100 sogar um bis zu 16 Meter. Je höher Temperatur und Profiltiefe, desto länger war er. Beim Kurvenverhalten fielen die Unterschiede geringer aus. Jedoch bei hoher Temperatur und schwerer Beladung verschlechterte sich die Fahrstabilität immer mehr, was sich schon bei kleinen Lenkbewegungen bemerkbar machte.
Abweichende Regeln im Ausland
Wer gegen die situative Winterreifenpflicht verstößt, muss mit einem Bußgeld in Höhe von 60 Euro rechnen, bei Behinderung anderer sind es 80 Euro, wird ein Unfall verursacht werden 120 Euro fällig. Zusätzlich gibt es einen Punkt in Flensburg. Dem Halter drohen 75 Euro und ebenfalls ein Punkt. Bei einem Unfall kann die Kaskoversicherung zudem wegen grober Fahrlässigkeit die Leistungen kürzen. Ist er unverschuldet, darf die gegnerische Kfz-Haftpflichtversicherung trotzdem ein Mitverschulden anrechnen. Wird allerdings nach einer Panne das Reserverad mit Sommerreifen benutzt, kann die Fahrt vorsichtig fortgesetzt werden. Bei nächster Gelegenheit muss dann ein Winterreifen montiert werden. Autovermietungen stellen meist ein Fahrzeug mit Winterreifen zur Verfügung. Ist dies nicht der Fall, kann der Mieter die Übernahme verweigern.
In Frankreich etwa besteht seit 2021 vom 1. November bis zum 31. März in bestimmten Gebirgsregionen wie Alpen, Zentralmassiv und Vogesen sowie auf Korsika eine Winterreifenpflicht mit mindestens 3,6 Millimetern Profil. Dies kann durch das Aufstellen entsprechender Schilder auch in anderen Gebieten angeordnet werden. Bei Verstößen drohen Geldstrafen bis zu 135 Euro. Die Behörden können zudem die Weiterfahrt untersagen. In Österreich müssen Autofahrer vom 1. November bis zum 15. April bei winterlichen Straßenverhältnissen mit Winter- oder Ganzjahresreifen unterwegs sein. Dort ist eine Mindestprofiltiefe von vier Millimetern vorgeschrieben. Ganzjahresreifen gelten nur mit Schneeflockenzeichen als Winterreifen. Die Bußgeldgrenze liegt bei 5.000 Euro. Auch in der Schweiz gibt es keine generelle Pflicht zu Winterreifen. Autofahrern drohen aber Bußgelder, wenn sie auf verschneiten Straßen mit ungeeigneter Bereifung den Verkehr behindern oder in einen Unfall verwickelt werden. Wer die Mindestanforderung an die Profiltiefe von 1,6 Millimetern nicht erfüllt, zahlt 100 Franken Strafe. In Italien entscheiden die Provinzen selbst, welche Vorschriften gelten. Auf der Brennerautobahn A22 sind vom 15. November bis 15. April Winterreifen Pflicht. Im Aosta-Tal schon ab dem 15. Oktober. Ansonsten muss auf entsprechende Verkehrsschilder geachtet werden. Die Bußgelder können bis zu 345 Euro betragen. (cof)
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