Seit 1833 werden in Dresden besonders verdienstvolle Menschen zum Ehrenbürger der Stadt ernannt. 58 Personen tragen den Titel.
Als Otto Grotewohl am 11. März 1964 seinen 70. Geburtstag feierte, standen die Gratulanten Schlange: Das ZK der SED gratulierte, auch der Staatsrat und der Ministerrat, das Präsidium der Volkskammer und der Nationalrat der Nationalen Front. Die gesamte Seite Eins der Sächsischen Zeitung von jenem Tag im März vor 60 Jahren ist voll mit Lob, Kampfesgrüßen und Würdigungen für Grotewohl, der damals Vorsitzender des Ministerrats der DDR war. Und weil es gut zum runden Geburtstag passte, bekam der Jubilar auch gleich noch den Leninorden an die Brust geheftet und wurde zum Ehrenbürger der Stadt Dresden ernannt.
Lange Ehrenbürger-Liste, auf der aber nur zwei Frauen stehen
Die Verleihung des Titels „Ehrenbürger“ ist keine Erfindung der DDR, sondern geht zurück auf die Französische Revolution und ihren Titel „citoyen d’honneur“. Die ersten deutschen Ehrenbürger (auch „Großes Bürgerrecht“ genannt) gab es 1790 in Saarbrücken und Hannover; 1795 folgten Frankfurt/Main und Bremen.
Die Stadt Dresden ernannte 1833 erstmals einen Ehrenbürger, den Titel erhielt am 7. Oktober Staatsminister Johann Paul von Falkenstein. Aktuell gibt es 58 Persönlichkeiten, die sich laut Definition „in herausragender Weise um das Wohl der Bürger oder das Ansehen des Ortes verdient gemacht haben“. Darunter viele, deren Namen und Verdienste mittlerweile weitgehend unbekannt sind, wie zum Beispiel von Karl Heinrich Westen (Registrator im Kriegsministerium Sachsen und Armenvorsteher). Auch mit Konsistorialrat und Hofprediger Friedrich August Franke (geehrt 1853) oder Hermann von Nostitz-Wallwitz (Staatsminister und Revisor der Allgemeinen Städteordnung für Sachsen, geehrt 1853) dürften heute die wenigsten Dresdner etwas anzufangen wissen.
Andere Ehrenbürger leben in Straßennamen, Plätzen oder Parks weiter wie zum Beispiel Paul Alfred Stübel, Karl August Lingner, Ernst Julius Hähnel, Karl Gustav Ackermann und Gustav Otto Beutler. Kurt Fischer indes, einst Erster Bürgermeister Dresdens und 1946 zum Ehrenbürger ernannt, büßte „seine“ Allee (heute Stauffenbergallee) und den nach ihm benannten Platz (heute Olbrichtplatz) wieder ein.
Dass auf der langen Liste der ehrwürdigen Dresdner nur zwei Frauen stehen, dürfte indes kaum verwundern. Als erste erhielt die weltberühmte Tänzerin Gret Palucca den Titel (Juni 1979), als zweite die Opernsängerin Liesel Schuch-Ganzel (Dezember 1988).
Nicht unerwähnt bleiben darf, dass es laut Beschluss des Rates der Stadt vom 25. Juni 1945 auch drei Aberkennungen gab: Adolf Hitler, Martin Mutschmann und Wilhelm Frick.
Interessanter Fakt: Nur 15 der 61 Titel (inklusive der aberkannten) wurden zu DDR-Zeiten vergeben. Als letzter DDR-Ehrenbürger Dresdens kam am 26. September 1989 Manfred von Ardenne in den Genuss. Mit Hans Nadler (1996), Christof Ziemer (2003) und Eberhard Burger (2006) kamen seit der Wende erst drei verdienstvolle Dresdner dazu.
Ob weitere in Sicht sind? „Über vorliegende Anträge und Personen kann aufgrund der Vertraulichkeit keine Auskunft erteilt werden“, heißt es auf eine entsprechende DAWO-Anfrage aus der Stadtverwaltung.
Vorschlagsrecht und Stadtratsentscheidung
Vorschläge zur Titelvergabe darf übrigens jedermann unterbreiten, natürlich fundiert (und schriftlich) begründet. Die Entscheidung obliegt mit Zweidrittelmehrheit dem Stadtrat. Wichtig: Die Ehrenbürgerschaft kann nur an lebende Personen verliehen werden, nicht postum. Was wiederum begründet, warum der in Dresden so verehrte Dixie Dörner kein Ehrenbürger werden kann.
Das gleiche Prozedere gilt auch für die 2004 ins Leben gerufene Ehrenmedaille. Das ist die zweithöchste Auszeichnung, die von der Stadt verliehen wird und es sollen auch nicht mehr als 25 lebende Personen sein, die sie zeitgleich tragen. Aktuell sind das Gerhard Glaser, Joachim Schleese, Nora Goldenbogen, Ernst Hirsch, Roland Kaiser, Nora Lang und Frank Richter. Die letzte Verleihung fand 2017 statt.
Die Ehrenmünze als dritthöchste Auszeichnung der Stadt ist für Menschen vorgesehen, die sich ehrenamtlich stark engagieren. Diese Münze aus massivem Silber wurde im Mai 2022 und im März 2023 vergeben. Bis 31. August können neue Vorschläge eingereicht werden. C. Pönisch
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