Gartenstadtschule in Dresden-Hellerau braucht mehr Unterstützung

Gartenstadtschule Hellerau
Hier wird in sehr kleinen Gruppen und mit sehr viel Motivation gelernt. Foto: Schule

2023 wurde in Hellerau die Freie Gartenstadtschule eröffnet. Das erste Jahr ist bald geschafft. Doch die Schulgemeinschaft steht vor großen Herausforderungen

Alexander Sutherland Neill, der seinen Vornamen stets mit A.S. abkürzte, hatte es als Lehrerkind um 1887 im schottischen Forfar sehr schwer. Äußerste Strenge und Schläge prägten damals den Schulalltag und als Sohn des Lehrers wurde der zur Einschulung erst Viereinhalbjährige besonders hart behandelt.
Seine Erfahrungen, sein Leiden waren der Grund, warum A.S. Neill nach der Ausbildung als Buchhalter, Einzelhändler und Lehrer 1921 in der ersten deutschen Gartenstadt in Hellerau den Vorläufer der später weltberühmten „Summerhill School“ gründete. Was für eine Sensation! Neill entwickelte hier ein radikales Gegenmodell zu seiner eigenen harten Erziehung. Die Summerhill-Kinder hatten dieselben Rechte wie Erwachsene und konnten selbst bestimmen, ob und was sie lernen wollten. Ohne Zeugnisse, ohne Zwang, ohne Angst. Freie Erziehung, aber nicht frei von Erziehung. Freies Lernen, aber nicht frei vom Lernen.

Neills Idee lebt in der Gartenstadtschule weiter

Rund 100 Jahre später gibt es im Dresdner Norden wieder eine reformpädagogische Grundschule: Die Freie Gartenstadtschule Hellerau, gegründet 2023 von der Theresa Vogel und Frank Jank. Das schmucke Haus am Moritzburger Weg 67c, gleich neben den Hellerauer Werkstätten, sieht einladend und freundlich aus. Noch ist hier auch ein städtischer Kindergarten zu finden, doch der zieht demnächst aus. Reichlich Platz gibt es trotzdem schon jetzt für die wenigen Schüler der 1. und 2. Klasse.

Im lichtdurchfluteten Dachgeschoss finden sich kindgerechte Lern-, Werkstatt- und Toberäume, Bibliothek und Kinderküche. Direkt gegenüber der kleinen Schule beginnt das Waldgebiet, quasi als riesiges zusätzliches Klassenzimmer, das lange bis in den Herbst hinein so oft es geht für „Schule draußen“ genutzt wird. Zum Beispiel zum Pilze sammeln in Verbindung mit Mathe, wenn Menge und Gewicht der Waldfrüchte berechnet werden.

Gartenstadtschule Hellerau
2023 wurde die Gartenstadtschule auf dem Moritzburger Weg 67c in Dresden-Hellerau eröffnet. Foto: Verein

Denn das ist das Konzept der Gartenstadtschule: Die Lernimpulse kommen aus der Lebenswelt. Beim Auseinandernehmen technischer Geräte zum Beispiel. Oder beim Bau einer Rampe für Modellautos, wo Geometrie und Division „vermittelt“ werden. Hausaufgaben, Zensuren, Einträge oder 45-Minuten-Unterricht in Fächern findet man dagegen hier nicht. „Unsere Kinder lernen nach neuesten wissenschaftlichen Erkenntnissen und werden von sachkundigen Pädagogen begleitet“, sagt die pädagogische Leiterin Theresa Vogel. Es sei ein offener, fächer- und altersübergreifender Unterricht, der das Lernlevel jedes Kindes ebenso berücksichtigt wie die Zielvorgaben der sächsischen Lehrpläne für Grundschulen.

„Wir brauchen dringend weitere Unterstützer“

Für das neue Schuljahr, das dann schon bis Klassenstufe 3 geht, liegen bereits einige Anmeldungen vor. Etwa 15 Kinder insgesamt könnten ab Schuljahresbeginn Anfang August neu aufgenommen werden. Bis auf maximal 50 Grundschüler soll die einzügige Schule wachsen. Und der große Traum des Trägervereins venabi e.V. ist der Aufbau einer weiterführenden Schule bis Klassenstufe 10 ab 2026/27.

Doch bis dahin ist es noch ein weiter, steiniger Weg. Denn wie alle Freien Schulen erhält auch die Gartenstadtschule in den ersten drei Gründungsjahren nur sehr wenig Geld vom Freistaat. „Schulen in freier Trägerschaft erhalten generell nur 80 Prozent dessen, was staatliche Schulen bekommen, und davon in den ersten drei Jahren nur die Hälfte“, erklärt Frank Jank, ebenfalls im Verein und Mann für alles „nicht-pädagogische“. Dazu kommt das Schulgeld der Eltern, das im Schnitt bei 140 Euro im Monat liegt – aber auch weniger sein kann, da es einkommensabhängig berechnet wird. Und dann gibt es noch die GLS-Bank, die sogenannte Wartefristdarlehn bereitstellt – dafür aber natürlich Sicherheiten haben will. „Das funktioniert über Kleinbürgschaften zwischen 100 und 3.000 Euro. Wir brauchen also ziemlich viele Bürgen, damit uns finanziell nicht bald die Puste ausgeht“, erklärt Frank Jank. Aber auch kleine Geldspenden oder zinslose Darlehen können helfen, damit das Projekt in Sicherheit wachsen und gedeihen kann. Eine Crowdfunding-Aktion via Startnext ist wird bald gestartet.

„Das erste Schuljahr haben wir abgesichert. Dafür haushalten wir aber sehr mit unseren Mitteln und arbeiten viel ehrenamtlich.“ Immerhin um die 120.000 Euro Kosten fallen pro Schuljahr an. Für das zweite Jahr der neuen Gartenstadtschule muss noch einiges zusammenkommen.

Nächster Infotag am 13. Juni 2024, 14-18 Uhr, Moritzburger Weg 67c

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