Ein Dutzend engagierte Anwohner wollen die Oschatzer Straße in Pieschen zu einem lebendigen Kiez machen. Am besten als verkehrsberuhigte Zone …
Die Ruhe, die baubedingt seit 1. Juni auf der Oschatzer Straße herrscht und wohl bis Mitte Juli noch anhalten wird, könnte ein Vorgeschmack sein auf das, was sich Kati Bischoffberger und Angela Finsterbusch als Zukunft für die „Oschi“ vorstellen. Klingt paradox angesichts ihres Traums von einer lebendigen Straße, die sich als Stadtteilzentrum versteht, ist aber verständlich. Denn den beiden Frauen wäre es am liebsten, wenn die „Oschi“ zur verkehrsberuhigten Straße erklärt würde. Dann wäre sie nämlich einerseits ruhig, was den Durchfahrtsverkehr betrifft. Andererseits könnten Kinder auf der Straße spielen, malen, toben, während Eltern bummeln, in den kleinen Lädchen einkaufen oder in den zahlreichen Außenplätzen gastronomischer Einrichtungen sitzen. Zukunftsmusik halt …
Kurzer Blick zurück: Hier gab’s früher Schnäppchen
Ruhig war es vor 140 Jahren, als es hier vor allem Gärtnereien gab. Um 1886 begann der Bauboom, 1897 erhielt die Straße ihren heutigen Namen. Zu DDR-Zeiten galten die vielen Läden auf der Oschatzer, der Leipziger und der Bürgerstraße als Geheimtipp. Hier gab es Dinge, die in den Kaufhallen der Neubaugebiete oder im „Zentrum Warenhaus“ eben nicht zu haben waren. Bettlaken zum Beispiel, die man mit Glück und Beziehung im Wäscheladen auf der Konkordienstraße ergattern konnte. Selbst das Konsum-Warenhaus an der Oschatzer/Ecke Konkordienstraße und das gegenüberliegende HO-Bekleidungsgeschäft für Damen und Herren konnten hin und wieder „Bückware“ bieten. Kurzum: Die „Oschi“ war bei den Dresdnern eine beliebte, wenn auch baulich ziemlich heruntergekommene Einkaufsstraße.
Heute: Saniert, aber nicht wirklich lebendig
Heute ist das anders. Die Straße kann sich sehen lassen, seit sie Ende der 1990-er/Anfang der 2000-er saniert wurde und seit Hausbesitzer ihre Häuser auf Vordermann brachten. Es gibt Bäume, Parkmöglichkeiten, kleine Läden, Gastronomie, kaum Wohnungsleerstand und mit dem Konkordienplatz auch eine zentrale Stelle, die durchaus Aufenthaltsqualität bieten könnte, wenn …
„Genau das ist es: Es fehlt an Aufenthaltsorten“, sagt Kati Bischoffberger. Sie ist Anwohnerin, Künstlerin, Stadträtin und nicht zuletzt eine der engagierten Gießpaten, die sich um Baumscheiben vor ihren Laden- und Haustüren kümmern. „Wir bräuchten hier mehr Grün, auch an den Fassaden, mehrfach nutzbare Freiflächen, mehr Leben in und vor den Läden“, sagt sie. Dem kann Anwohnerin Angela Finsterbusch nur zustimmen: „Ich wohne seit 2006 hier und habe viele Veränderungen mitbekommen. Vor allem die kleinen Läden haben zu kämpfen. Das liegt auch daran, dass die Oschatzer Straße nicht wirklich zum Verweilen einlädt.“
Damit sich das ändert, haben die beiden Frauen gemeinsam mit etwa zehn weiteren Anwohnern und Anliegern eine Initiative gegründet. Sie wollen sich nicht nur für eine Verkehrsberuhigung analog der benachbarten „Pieschener Melodien“ einsetzen, sondern machen sich auch Gedanken, ob und wie das marode Trafohäuschen am Konkordienplatz genutzt werden könnte. Viele würden das alte Gebäude lieber heute als morgen abreißen. Für Kati Bischoffberger und Angela Finsterbusch wäre es ein idealer Ort für Kunst, Kultur und Bürgertreff. „Wir haben gerade eine Anfrage an den Oberbürgermeister gestellt, ob das Häuschen inzwischen in städtischer Hand ist, ob und zu welchen Konditionen es genutzt werden könnte.“ Zum Beispiel durch den Sankt Pieschen e.V. , der das gleichnamige Stadtteilfest organisiert. Auch eine Pop-up-Galerie könnte sich Kati Bischoffberger vorstellen. Und warum nicht auch gleich noch einen MOBI-Punkt mit Leihautos und Mieträdern?
„Ideen haben wir viele. Vor allem aber wollen wir, dass Anwohner und Geschäftsleute mitreden, dass nichts verordnet, sondern von den Menschen hier wirklich gewollt wird.“ Damit mehr Leben auf die „Oschi“ kommt. Trotz Verkehrsberuhigung.
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