Deutsche Ärzte bieten immer öfters Untersuchungsergebnisse auf CD, eine Verwaltung via Internet oder SMS-Erinnerungen vor Terminen an. Die Digitalisierung der Medizin kommt laut einer Umfrage von Bitkom (Bundesverband Informationswirtschaft, Telekommunikation und neue Medien) bei den Patienten gut an. Künftig könnten auch Videosprechstunden eine große Rolle spielen.
Online-Patientenverwaltung erntet Zustimmung
Die neuen Technologien haben das Potential, die Gesundheitsbranche zu revolutionieren. Der Digitalisierungsreport 2019 kommt zu dem Ergebnis, dass 71 Prozent der befragten Ärzte einer Online-Gesundheitsakte gegenüber positiv eingestellt sind. Als Hauptgründe geben sie eine Effizienzsteigerung bei der Patientenverwaltung und einen besseren Informationsstand an, der wiederum die Qualität der Behandlung erhöhen würde. Videosprechstunden außerhalb der Praxisöffnungszeiten bewerten 62 Prozent als sinnvolle Maßnahme, um unnötige Besuche bei den Notaufnahmen einzusparen.
Bitkom, der Digitalverband Deutschlands, veröffentlichte jetzt eine Umfrage, die eine ähnlich positive Haltung gegenüber E-Health-Lösungen bei den Patienten bestätigt. Befragt wurden 1.005 Teilnehmer ab 16 Jahren. Am beliebtesten sind Untersuchungsergebnisse auf Datenträgern: 55 Prozent der Interviewten hat sie schon einmal in dieser Form bekommen, weitere 26 Prozent können sich vorstellen, es künftig zu tun. Die Terminvereinbarung im Internet und digitale Erinnerungen gefielen über 50 Prozent der Teilnehmer, 27 Prozent profitieren bereits davon.
Die Telemedizin hat in Deutschland hingegen noch nicht Fuß gefasst. Wenn es nach dem Willen der Patienten geht, steht Videosprechstunden und einer Videochat-Unterstützung der Ärzte bei Eingriffen jedoch nichts im Wege. Die Technik könnte Medizinern die Arbeit enorm erleichtern. So könnte in der Zukunft eine Anamnese auch dann stattfinden, wenn der Arzt nicht im Raum sitzt. Um einen ausländischen Facharzt zu konsultieren müssten kranke Menschen nicht mehr in ferne Länder reisen, sondern sich einfach vor den heimischen PC setzen. Intelligente Sensoren ermöglichen außerdem, den Blutdruck oder den Blutzuckerwert zu messen und dem behandelnden Arzt die Ergebnisse in Echtzeit zu übermitteln.
Während in Deutschland die Telemedizin noch Neuland ist, haben sich ausländische Patienten längst an Online-Sprechstunden gewöhnt. Das britische Portal Zava (ehemals DrEd) ermöglicht seit 2011 Arzttermine via Internet rund um die Uhr für 35 Krankheitsbilder. Der behandelnde Mediziner kann sogar Rezepte ausstellen, die Medikamente sind über Versandapotheken erhältlich. Das telemedizinische Zentrum Medgate aus der Schweiz bietet einen ähnlichen Dienst an, allerdings bei allen Symptomen. Hier nehmen rund 200 Schweizer Apotheken am Projekt teil.
Bessere Diagnostik dank Apps und Künstlicher Intelligenz
Digitale Technologien vereinfachen nicht nur die Arbeitsabläufe, sondern ermöglichen auch frühere und präzisere Diagnosen. So konnte Prof. Dr. Holger Hänßle von der Universitätsklinik Heidelberg 2018 beweisen, dass ein Computeralgorithmus schwarzen Hautkrebs besser als erfahrene Hautärzte erkannte. Das künstlich neuronale Netzwerk war zuvor mit über 100.000 Bildern trainiert worden, um das maligne Melanom von harmlosen Muttermalen unterscheiden zu können. Nur 13 von 58 Dermatologen schnitten besser als der Rechner ab.
Darüber hinaus zeigte eine Studie der Universität Stanford, dass ein Computer Lungenentzündungen auf Röntgenaufnahmen zuverlässiger als Radiologen erfassen konnte. Prof. Dr. Stefan Schönberg, Präsident der Deutschen Röntgengesellschaft, spricht sich für eine Datenbank aus, in der Laborwerte und Patientenaufnahmen mit KI-Algorithmen ausgewertet werden. In die gleiche Richtung geht auch das Bundesministerium für Bildung und Forschung: zwei Big Data Zentren in Berlin und in Dresden/Leipzig sollen Ärzten und Forschern standortübergreifende Daten zur Verfügung stellen. Dank digitaler Technik steht möglicherweise auch bei der Diagnose von Parkinson ein Durchbruch bevor.
Das Universitätsklinikum Dresden führte 2017 die „iPrognosis“ App ein. Anhand von Bewegungs- und Sprachmustern stellt die als internationales Forschungsprojekt entwickelte Software Auffälligkeiten frühzeitig fest. Die neurodegenerative Erkrankung, die allein in Deutschland 300.000 Menschen betrifft, wird oft in einem späten Stadium erkannt, bei dem die Schäden an den Nervenzellen bereits irreversibel sind. Eine frühe Diagnose mithilfe der App könnte die Lebensqualität der Patienten verbessern und den Krankheitsfortschritt verlangsamen.
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