Das Homeoffice gilt als Arbeitsmodell der Zukunft. Allerdings kommt es nicht ganz ohne Probleme. Es lohnt sich daher ein Blick auf die Chancen und Risiken des Trends.
Etwa jeder zweite Berufstätige in Deutschland arbeitet bereits zeitweise oder dauerhaft im Homeoffice – Tendenz steigend. Ein Arbeitsmodell, das viele Vorteile mit sich bringt und daher von vielen Arbeitnehmern gewünscht wird. Sogar ein grundlegendes Recht auf Homeoffice wird bereits diskutiert. Sicher scheint, dass das Homeoffice in Zukunft einen immer wichtigeren Stellenwert einnehmen wird. Dennoch ist nicht jeder begeistert von der Arbeit im eigenen Zuhause. Wie so oft im Leben, gibt es also zwei Seiten der Medaille.
Vorteile der Arbeit im Homeoffice
Dass sich das Homeoffice immer mehr verbreitet, hat natürlich seine Gründe. Nicht nur, dass es durch die fortschreitende Digitalisierung in vielen Berufen überhaupt erst möglich und zunehmend einfacher wird. Es sind auch die zahlreichen Vorteile, die das Arbeitsmodell so beliebt machen:
- Kosteneinsparungen: Wer in den eigenen vier Wänden arbeitet, muss nicht tagtäglich zum Arbeitsplatz fahren. Das bedeutet Einsparungen bei den Transportkosten, sei es für das Auto, den Bus oder andere Verkehrsmittel. Vor allem bei Pendlern macht das durchaus einen finanziellen Unterschied. Doch auch weitere Kosten können eingespart werden, sei es für das Kantinenessen oder für die Arbeitskleidung. Ein Vorteil, der auch für den Arbeitgeber greift, denn er muss weniger Büroräume zur Verfügung stellen. Zwar geht auch die Infrastruktur im Homeoffice meistens auf Kosten des Unternehmens, unterm Strich handelt es sich aber in den meisten Fällen um die günstigere Arbeitsweise.
- Zeiteinsparungen: Die wegfallenden Pendlerwege bedeuten aber nicht nur Einsparungen im finanziellen Sinne. Auch viel Zeit wird durch das Homeoffice eingespart, sodass die Arbeitnehmer bei gleichbleibender Arbeitszeit schlussendlich mehr Freizeit übrig haben. Ein Argument, das für viele Berufstätige schwer wiegt. Zudem sind sie dadurch bei der Wahl ihres Wohnortes freier, denn die Wege zum Arbeitsplatz können deutlich weiter sein als bei täglichem Pendeln. Das ermöglicht mehr Lebensqualität durch Wohnraum, der besser zum eigenen Geschmack oder Budget passt. Das Homeoffice könnte somit auch eine Lösung im Wohnraummangel vieler Großstädte darstellen, da viele Arbeitnehmer gerne außerhalb wohnen würden, aber aufgrund des Arbeitsweges bislang nicht können.
- Produktivität: Die Produktivität ist im Homeoffice ein zweischneidiges Schwert. Wer es schafft, sämtliche Ablenkungen im privaten Umfeld zu vermeiden, der arbeitet in den eigenen vier Wänden meist deutlich produktiver als im Büro. Schließlich gibt es hier keine klingelnden Telefone der Kollegen, keinen Klatsch und Tratsch, etc.
- Flexibilität: Die Arbeit im Homeoffice erlaubt mehr Flexibilität, zumindest innerhalb des Rahmens, den der Arbeitgeber gesteckt hat. Das betrifft die Arbeitszeiten, die Arbeitsinhalte, aber auch Dinge wie die Vereinbarkeit von Beruf und Familie oder die Work-Life-Balance. Plötzlich wird es möglich, zwischendurch die Wäsche zu waschen, zum Einkaufen zu fahren, wenn wenig los ist, oder die Kinder in die Schule zu bringen. Der Arbeitnehmer kann also beispielsweise früher mit der Arbeit beginnen, dafür aber eine längere Frückstückspause einlegen – oder so ähnlich. Je mehr Freiheiten der Arbeitgeber seinen Angestellten diesbezüglich lässt, desto besser können sie von der Heimarbeit profitieren.
- Selbständigkeit: Dieses Plus an Flexibilität bedeutet auch ein Plus an Selbständigkeit beziehungsweise Selbstbestimmung. Die gesamte Arbeitsweise kann also freier bestimmt werden, was nicht nur für die Strukturen, sondern auch für die Arbeitsinhalte gilt.
- Stressreduktion: Alles in allem, sorgt das Homeoffice somit bei vielen Menschen für eine Stressreduktion mit all ihren positiven Effekten. Das ruhigere Umfeld, die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie, das höhere Maß an Selbständigkeit, all die genannten Vorteile machen das Arbeiten angenehmer und effizienter. Somit nimmt es im Leben der Arbeitnehmer weniger Raum ein, sprich sie schaffen mehr Arbeit in weniger Zeit und auch die Pendlerwege entfallen. In der Konsequenz profitieren somit auch die Arbeitgeber, nämlich nicht nur von geringeren Kosten für Büroräumlichkeiten, sondern zudem durch motiviertere, produktivere, gesündere und loyalere Mitarbeiter. Eine geringere Fluktuation oder geringere Krankenstände sind somit ein positiver Nebeneffekt der Arbeit im Homeoffice, aber auch eine bessere Qualität der Arbeit, um nur einige von vielen Beispielen zu nennen.
Wo mögliche Probleme warten
Dennoch hat jede Medaille bekanntlich zwei Seiten und das gilt auch für das Homeoffice als Arbeitsmodell. Denn der Betroffene muss bestimmte Kompetenzen und Charaktereigenschaften mitbringen, damit die Vorteile greifen können. Andernfalls entwickeln sich eventuelle Nachteile bei der Arbeit im eigenen Zuhause. Dazu gehören zum Beispiel:
- Selbstdisziplin: Wer im eigenen Zuhause arbeitet und somit ohne Kollegen oder Chef, die einen „pushen“, neigt zum Nichtstun. So zumindest lautet die Angst vieler Arbeitgeber, weshalb sie noch häufig vor dem Konzept des Homeoffices zurückschrecken. Sie brauchen gewisse Instrumente, um die Mitarbeiter trotz Entfernung zu motivieren und ihre Arbeitsergebnisse zu kontrollieren. Zudem müssen die Arbeitnehmer selbst Strategien entwickeln, um strukturiert zu arbeiten, wenn diese Struktur nicht (mehr) von außen vorgegeben wird. Sie sind nun also selbst verantwortlich, auch für ihre Gesundheit, ansonsten kann beispielsweise der Rücken durch einen falschen Stuhl leiden oder die Psyche durch zu wenige Pausen, um nur zwei von vielen Möglichkeiten. zu nennen.
- Mikromanagement: Die Arbeit der Angestellten zu kontrollieren, bedeutet leider für viele Arbeitgeber, in ein regelrechtes Mikromanagement zu verfallen. Das kann für beide Seiten sehr anstrengend werden und die Vorteile des Homeoffices, vor allem im Sinne der Produktivität, zunichte machen. Wer seinen Arbeitnehmern die Arbeit im eigenen Zuhause erlaubt, muss ihnen also auch einen gewissen Vertrauensvorschuss einräumen. Kontrolle ist zwar richtig und wichtig, jedoch in einem sinnvollen Ausmaß.
- Ablenkungen: Für den Mitarbeiter selbst liegen die Herausforderungen darin, sich in den eigenen vier Wänden eine ablenkungsfreie Arbeitsumgebung zu schaffen. Ein eigenes Arbeitszimmer ist dafür optimal und bringt zugleich steuerliche Vorteile mit sich. Doch so viel Platz ist nicht immer gegeben. Vor allem, wenn dann noch andere Personen in der Wohnung sind, wenn vielleicht das Kind nach Aufmerksamkeit verlangt oder plötzlich die beste Freundin vor der Tür steht – in solchen Moment ist die Fähigkeit gefragt, Ablenkungen zu minimieren oder den eigenen Arbeitstag eben so zu strukturieren, dass der Workload dennoch erledigt wird. Ansonsten endet der Arbeitstag schnell im Chaos oder eben im Nichtstun. Das wiederum kann Stress erzeugen und somit die Gesundheit gefährden.
- Work-Life-Balance: Es gibt aber auch Menschen, bei denen genau das Gegenteil der Fall ist. Sie neigen dazu, zu viel und zu lange zu arbeiten, wenn ihnen der äußere Rahmen fehlt. Die Grenzen zwischen Berufs- und Arbeitsleben verschwimmen zunehmend, was kein Problem ist, solange der Arbeitnehmer selbst die Kontrolle und Struktur behält. Wer jedoch viele (unbezahlte) Überstunden macht oder überhaupt keine geregelten Arbeitszeiten mehr hat, riskiert durch das Homeoffice ebenfalls seine Gesundheit.
- Kommunikation: Auch die Kommunikation birgt so manches Risiko, sei es mit Kollegen, dem Chef, Geschäftskunden & Co. Die Sicherheit der Daten ist dabei ein wichtiges Thema. Ebenso wichtig ist aber, dass die Kommunikation niemals abreißt. Vor allem, wer nicht persönlich miteinander spricht, sollte umso öfter und besser digital miteinander kommunizieren. Für den Arbeitgeber bedeutet das, für die Kommunikation klare Regeln im Unternehmen definieren zu müssen – und für den Arbeitnehmer, diese auch einzuhalten.
- Unsichtbarkeit: Eine zu geringe oder falsche Kommunikation kann nämlich nicht nur zu Missverständnissen führen, sondern auch dazu, dass einzelne Mitarbeiter unter das Radar fallen. Selbst Leistungsträger drohen im Homeoffice übersehen zu werden, wenn sie sich nicht als solche präsentieren. Mehr noch als im Büro, ist das Thema „Selbstmarketing“ daher umso wichtiger für den Karrierefortschritt.
Fazit
Das Homeoffice als Arbeitsmodell bringt also durchaus viele Vorteile mit sich, allerdings nur, wenn es von Arbeitgeber und -nehmer richtig umgesetzt wird. Ansonsten können sich zahlreiche Folgeprobleme entwickeln. Zudem ist die Arbeit im eigenen Zuhause nicht für jeden geeignet.
Es gibt Personen, die wünschen sich den persönlichen Kontakt zu Kollegen und haben zuhause das Gefühl, dass ihnen die Decke auf den Kopf fällt. Die ausschließliche Arbeit im Homeoffice wird daher wohl auch in Zukunft eher eine Ausnahme als die Regel sein. Doch gemischte Konzepte wird es voraussichtlich immer häufiger geben.
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