Zwischen den Systemen – Sonderschau zeigt A. R. Pencks Weltsicht

A.R. Penck, O.T. (nach einem Gemälde von 1961), 1975 © VG Bild-Kunst, Bonn 2017, Foto: Andreas Diesend
A.R. Penck, O.T. (nach einem Gemälde von 1961), 1975 © VG Bild-Kunst, Bonn 2017, Foto: Andreas Diesend

Dresden. Klein, aber oho: Im Studiolo, einem kleinen Kabinett im Dresdner Residenzschloss, gibt die Reihe „Weltsichten auf Papier“ Raum zum Nachdenken über Weltanschauungen. Mitten drin in der Dauerschau „Weltsicht und Wissen um 1600“ setzt dort eine betrachtenswerte Auswahl einen aktuellen Kontrapunkt: 23 Zeichnungen des Dresdner Künstlers Ralf Winkler alias A. R. Penck, der im Vorjahr verstarb.

Eine Parkbank steht im Raum, Zeitschrift und Buch liegen darauf und laden zum Schmökern ein. So erfährt der Museumsgast, dass der nach allerlei Drangsal durch die Stasi 1980 ausgebürgerte Künstler eines Tages in Düsseldorf verhaftet wurde, als er dort auf einer Parkbank schlief. Daneben steht ein Koffer, Symbol für Pencks Leben aus dem Koffer, den er „kritische Masse“ nannte und aus dem heraus er seine Werke zum Verkauf anbot.

Auf einem der an den Wänden hängenden und von der Decke baumelnden Bilder steht gar noch der Preis: 10,- Mark. „Ich versuchte mich anzupassen“, heißt es in Pencks autobiografischen Notizen 1970, „was misslang“. Ralf Winkler brauchte nicht viel für sich, nicht viel für seine Metaphernbilder. Doch die treffen den Nagel oft genug auf den Kopf. „Fröhlichen Strukturalismus“ nennt der Dresdner Dichter Durs Grünbein die Strichmännchen-Sprache Pencks, der sich intensiv mit seiner Übersiedlung  auseinandergesetzt hat.

In acht Erinnerungsblättern von 1982 drückt er aus, wie er sich „vom Osten ausgespuckt“ fühlte, den er als Wüste erlebt hatte; „vom Westen noch nicht gefressen“, der ihm wie ein Dschungel vorkam, in dem es galt, zu springen, um Beute zu machen, und sich zu verbeugen. 1992 kehrte Ralf Winkler in seine Heimatstadt zurück, die einen der reichsten Penck-Bestände besitzt. 264 Werke hütet das Kupferstich-Kabinett, die meisten davon seit DDR-Zeiten. „Mit Penck war eine verstörende Dialektik in die Malerei eingebrochen“, schreibt Durs Grünbein im aktuellen Dresdner Buchmagazin „Stadtluft“, „etwas absolut Neues, Undeutsches, ein globales Zeichensystem, das die Widersprüche der Herrschaftssysteme zueinander in Beziehung setzte, so farbenfroh wie historisch kritisch.“

bis 19. März (außer Schließzeit 22. — 26.1.) täglich 10 — 18 Uhr, Dienstag  geschlossen, Eintritt Schloss 12/9 Euro, unter 17 Jahre frei, Audioguide frei, www.skd.museum

17. Janaur, 16 bis 17.30 Uhr: „Eine frühe Freundschaft“, Kunstgespräch mit Peter Makolies, Anmeldung unter Tel. 0351 49142000

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