Am Herzzentrum Dresden wurde jetzt erfolgreich ein komplettes Kunstherz implantiert – als erste Klinik in den neuen Bundesländern.
„Sie schulden mir ein Eis.“ Das war der erste Satz, den Max Michael (Name geändert) nach dem Aufwachen mit einem Lächeln an Prof. Dr. Klaus Matschke und Priv.-Doz. Dr. Manuel Wilbring richtet. Das hatten ihm die beiden Herzchirurgen versprochen, wenn er die Implantation des ersten kompletten Kunstherzes am Herzzentrum Dresden Universitätsklinik gut überstanden hat. Und das hat er. „Bis jetzt verläuft alles nach Lehrbuch. Dem Patienten geht es den Umständen entsprechend sehr gut. Einen Tag nach der OP konnte der Brustkorb wie geplant verschlossen werden. Das Ende der künstlichen Beatmung erfolgte einen weiteren Tag später. Jetzt befindet er sich bereits auf Normalstation und absolviert fleißig seine Reha“, sagt Prof. Klaus Matschke, Direktor der Klinik für Herzchirurgie am Herzzentrum Dresden.
Die Implantation des neuartigen Kunstherzens ist eine kleine Sensation. Es ist erst das dritte Mal, dass ein solcher Eingriff in Deutschland durchgeführt wurde, der erste in den neuen Bundesländern. Das Besondere an dem Kunstherz ist, dass es tatsächlich künstlich ist und das eigentliche Herz komplett ersetzt. Es ist für Patientinnen und Patienten gedacht, die an einer solch schweren Herzschwäche leiden, dass sie zeitnah ein Spenderherz bräuchten. „Jeder weiß, dass die Warteliste für Transplantationen länger ist, als die Anzahl an passenden Organen. Gerade in der Herzmedizin. Bisher haben wir versucht, die Wartezeit mit Medikamenten oder einem mechanischen Unterstützungssystem zu überbrücken. Letzteres war bisher als Kunstherz bekannt, wobei der Begriff etwas irreführend ist, weil dabei eine Pumpe dem eigenen Herzen einen Teil der Arbeit abnimmt. Es gibt aber Patientinnen und Patienten, bei denen all das nicht mehr funktioniert. Diesen bietet das neue Kunstherz eine neue Chance“, erklärt Dr. Manuel Wilbring, Oberarzt der Klinik für Herzchirurgie.
Eine Simulation der Natur
Das Kunstherz ist ein Wunderwerk der Technik. Es arbeitet physiologisch wie ein menschliches Herz: es pulsiert, es reguliert sich selbst und ist mit Blut kompatibel. „Es simuliert quasi die Natur mithilfe von biologischen Materialen und Sensoren. Das verspricht Betroffenen einen weitgehend normalen Blutkreislauf, ohne Nebenwirkungen wie Thrombosen“, sagt Prof. Klaus Matschke. Ganz an ein menschliches Herz reicht das künstliche Gegenstück allerdings nicht heran. Es wiegt mit circa 900 Gramm etwa dreimal so viel wie ein echtes Herz. Und es ist über ein Kabel mit einem Akku außerhalb des Körpers verbunden, sodass der Patient seine besondere Situation nie ganz vergessen kann.
Die Operation selbst ist hochkomplex. Knapp fünf Stunden haben die beiden Operateure am OP-Tisch gestanden, unterstützt von einem 15-köpfigen Team bestehend aus Kardioanästhesisten, Kardiotechnikern, OP- und Anästhesie-Pflegern. Hinzukommen alle in der Vor- und Nachbetreuung des Patienten beschäftigten Kolleginnen und Kollegen des Herzinsuffizienzteams sowie der beteiligten Normal-, Intermediate Care- und Intensivstationen. „Über die OP hinaus stellt das hohe Maß an interdisziplinarer Zusammenarbeit und die gute Vorbereitung des Patienten eine enorme Herausforderung dar. Es ist wichtig, dass er richtig mit Medikamenten eingestellt und sein Zustand stabil ist. Das ist uns wirklich sehr gut gelungen. Ein Riesendankeschön dafür an alle Beteiligten im Haus“, so Prof. Matschke.
Max Michael bleibt jetzt erst einmal im Herzzentrum. „Wir betreuen ihn auch während seiner Reha weiter, da die Reha-Kliniken noch keine Erfahrungen mit dem neuen Kunstherz haben. Wenn es weiter so gut läuft, wie bisher, dann kann Herr Michael in der nächsten Woche schon tageweise nach Hause“, sagt Dr. Wilbring. Bis dahin besucht er ihn täglich – und hat dabei eines immer dabei: ein Eis.
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