Wo die „Trümmerfrau“ eine Pflegekur einlegt

Trümmerfrau
Prüfender Blick von Frank Hempel: Die "Trümmerfrau" hat ihre Schönheitskur fast hinter sich. Fotos: Pönisch

Wo einst Käse hergestellt wurde, gibt es heute einen besonderen „Beautysalon“: Seit 15. November unterzieht sich die „Trümmerfrau“ in der Restaurierungsfirma Ostmann & Hempel in Wilsdruff einer Schönheitskur. Anfang Februar kehrt sie frisch und strahlend nach Dresden zurück.

Dunkelgrün. Kein Zweifel. Wie sie so daliegt in der großen Halle, nur vom schwindenden Tageslicht beschienen, schimmert die Statue in tiefem dunklen Grün. Wenn die „Trümmerfrau“ Anfang Februar wieder nach Dresden auf ihren Sockel vorm Rathaus zurückkehrt, dann wird sie wahrscheinlich grau glänzen. Es ist eben alles eine Frage des Lichts und der Betrachtung.


Zur Schönheitskur in den Beautysalon

Dass die Bronzestatue überhaupt wieder schimmert und glänzt, hat sie den Fachleuten der Firma „Ostmann und Hempel Restaurierung und Handwerk“ zu verdanken. Bei ihnen in Wilsdruff befindet sich quasi der Beautysalon, in dem sich die rüstige, aber schon etwas betagte „Trümmerfrau“ seit Mitte Januar einer Schönheitskur unterzog.


Und sie ist längst nicht die einzige Prominente, die hier behandelt wurde. Martin Luther aus Döbeln, Lenin aus Riesa, Thomas Müntzer und Robert Schumann aus Zwickau, die Germania aus Bad Düben, Johann Georg I. aus Freiberg sowie ein Christus aus Plauen und pausbäckige Engel aus Leipzig – sie alle haben schon mal ihren Sockel verlassen, um bei den Experten von Ostmann & Hempel einen Behandlungstermin wahrnehmen zu können. Der beginnt in aller Regel mit einem ausgiebigen Wasserbad, um die bronzefressende Sulfatpatina loszuwerden und endet mit einem Überzug aus Wachs, der Temperaturen von minus 40 bis plus 80 Grad aushält. Auch den Einsatz von Skalpell und Schaber muss so manche Bronzefigur über sich ergehen lassen im Pflegeprozess.


Die Experten aus Wilsdruff haben gut zu tun

Uwe Ostmann und Frank Hempel sind ausgewiesene Experten in Sachen Metallbau. Ostmann, ein diplomierter Metallrestaurator, und Hempel, Handwerksmeister und Europäischer Schweißfachmann, kennen sich schon viele Jahre, haben lange gemeinsam bei Fuchs & Girke gearbeitet und 2008 ihr eigenes Unternehmen gegründet. In jenen Hallen übrigens, in denen früher die Wilsdruffer Käserei Harzer Weiß/Gelb herstellte.

Inzwischen zählen sie 14 Mitarbeiter, bilden regelmäßig Lehrlinge aus und haben volle Auftragsbücher. Denn die Handwerksfirma restauriert nicht nur Gussbronzen, historische Gitter, Tore und Leuchten, alte Sarkophage, Kelche, Kandelaber und Wetterfahnen. „Wir fertigen auch vieles neu“, sagt Frank Hempel und nennt als Beispiele Beschläge und Schlössern, Treppen und Geländer sowie Dachdeckungen und Fassadenverblechungen nach historischem Vorbild.

Ihre Arbeiten finden sich nicht nur in Semperoper, Residenzschloss und Zwinger, sondern überall in Deutschland. „Für das Berliner Stadtschloss durften wir zum Beispiel 180 Meter Gitterzaun nach historischer Vorlage anfertigen“, sagt Hempel stolz. In Bayern steht ein Zinkguss aus Wilsdruff, in Lübbenau weht eine Wetterfahne, in Schloss Ludwigslust glänzen antike Leuchter wieder. Postamente im Branitzer Park, Stahlfenster in Aalen, Brückengeländer in Bad Homburg, Türdrücker an der TU Chemnitz, Erkergitter am Neuen Rathaus Leipzig, Treppengeländer im Luitpoldbad Bad Kissingen – die Aufzählung könnte etliche Zeitungsseiten füllen.


Glatte Haut und ein gesäumter Rock

Zurück zu Dresdens berühmtem Denkmal zu Ehren jener Frauen, die nach 1945 Steine für den Wiederaufbau klopften. Seit 1968 steht die Bronzestatue auf dem Steinsockel vorm Dresdner Rathaus. „Für ihr Alter“, sagt Frank Hempel, „war sie eigentlich noch ganz gut in Schuss.“ Schlimmer stand es um den Klinkersockel, dem Wasser, Frost und Ausblühungen stark zugesetzt hatten und der von Denkmalpfleger Robert Bialek aus Radebeul saniert wird. Die „Trümmerfrau“ genoss dagegen schon ein ausgiebiges Vollbad, bekam Korrosionsnester am Rocksaum „geflickt“ und trägt nun eine schützende Wachsschicht. „Nur an einigen exponierten Stellen wie Nase oder Schulter werden wir diese ‚Opferschicht‘ später aller zwei Jahre erneuern“, erklärt Frank Hempel.
Pünktlich vorm 13. Februar kehrt das Denkmal an seinen Platz zurück.

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